Ich kenne beiden Seiten sehr gut.
Meine Eltern haben sich ihren Wohlstand nach dem Krieg selbst hart erarbeitet. Wenn ich etwas haben wollte, bekam ich es in der Regel auch. Dass dabei ein schlechtes Gewissen (Zeitmangel, fehlende Zuwendung) eine Rolle spielte, habe ich erst viel später begriffen.
Auch dass die Eltern meiner Kindheitsfreunde viel weniger Geld hatten, war nie ein Thema.
Als Jugendlicher, kamen dann aber auch meine Freunde/innen aus Familien mit Vermögen.
Da wurde über Geringverdiener oft abfällig gesprochen.
Mit 23 ging ich zu Freunden an den Starnberger See in eine WG.
Dort wurde ich auf Partys von Mädchen sehr oft gefragt, was meine Eltern beruflich machen. Ich fand das zuerst nur seltsam.
Dort habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Eindruck von Dekadenz erlebt. In mir hat es eine tief sitzende Skepsis gegenüber 'Reichen' Menschen hervorgerufen.
Zwischen 1999 und 20007 habe ich fünf Jahre ich Indien gelebt/gearbeitet. Dort habe ich absolut krasseste Armut und Elend erlebt. Ich selbst bin ein Jahr, mit einem Tagesbudget von $ 5,- durch das Land gereist.
Heute habe ich ein recht ambivalentes Verhältnis zu Geld.
Ich weiß um seinen Wert und um die Möglichkeiten, die es bietet. Und ich weiß, wie es ist, wenn es am Monatsende knapp wird.
Die Aussage, dass Geld nicht glücklich macht, fand ich schon immer unsinnig. Natürlich macht Geld
allein, nicht glücklich. Und sicher kann man auch ohne
viel Geld glücklich sein.
Um zu der Frage des TE zu kommen.
Es ist keine Frage von Reichtum, der zwei Menschen trennt, sondern von Empathie.
Und es ist auch nicht verwerflich, Geld zu haben, wenn es nicht auf Kosten Anderer angehäuft wurde und man sich selbst nicht über seinen eigenen Wohlstand - verdient oder ererbt - definiert.
Man kann mit Geld fast alles kaufen, aber keinen Anstand oder Stil.