Teil 2
„Mmh, ich liebe diesen Geschmack fast genauso sehr wie deinen." Dirk leckte sich genüsslich die Lippen. Seine Finger malten wirre Muster in der weißlichen Flüssigkeit auf Sarahs Brüsten. Sie lachte leise.
„Deiner ist eher salzig, so wie meiner süßlich ist", bemerkte sie.
Dirk zog sie in die Arme. „Süße, du bist doch sowieso und ganz und gar süß in meinen Augen." Er küsste sie lang und intensiv. „Aber Geschmack hin, Geschmack her - das erinnert mich daran, dass ich heute noch gar nichts gegessen habe."
„Gar nichts? Hm, ich fange auch an, Hunger zu haben." Sarah spürte die Leere im Magen, die vor wenigen Augenblicken noch durch den Rausch des Begehrens übertüncht worden war.
„Dann lass uns doch duschen und schauen, wo wir etwas Leckeres serviert bekommen." Dirk richtete sich auf. „Also, etwas Leckeres habe ich ja schon. Ich meine etwas Essbares." Er zwinkerte Sarah zu. Die lachte fröhlich, rutschte vom Bett und stellte sich hin.
„Du Charmeur, komm. Ich gebe dir ein Handtuch." Mit diesen Worten öffnete sie den Schrank und entnahm ihm ein großes Frotteetuch.
Gemeinsam gingen sie ins Bad. Sarah spürte ein leichtes Zögern bei Dirk. Wollte er alleine duschen? Und sie würde solange in klebrigem Schweiß und Sperma warten?
„Komm schon! Wir waschen uns gegenseitig ab." Sarah war schon in die Badewanne gestiegen und hielt den Duschkopf in der Hand. Wieder hatte sie das Gefühl, dass Dirk sich innerlich einen Schubs verpasste, bevor er zu ihr in die Wanne trat.
Sie wollte ihn zärtlich und langsam waschen als wohligen Ausklang ihrer Leidenschaft. Für Dirk schien das Duschen jedoch mehr ein notwendiges Übel zu sein. Gut - Unterzuckerung macht keinen Spaß!
Rasch seifte er sich ein und wollte auch Sarah abduschen, die allerdings abwehrte: „Nicht den Kopf!"
Ein Blick in den Spiegel hatte ihr nämlich verraten, dass sowohl die Frisur als auch das Make Up das stürmische Techtelmechtel im Schlafzimmer weitgehend schadlos überstanden hatten. Nur den Lippenstift würde sie nachziehen müssen, aber das reichte nach dem Essen. Vielleicht die Nase und das Kinn frisch pudern.
Dirk trocknete Sarahs Körper etwas umständlich ab. War ihm das unangenehm, oder war er nur ungeübt darin? Wehrte er sich womöglich gegen die in ihm erwachende Zuneigung?
„Kannst du mich denn gut riechen?", fragte sie deshalb keck und hielt ihm die vor anderthalb Stunden parfümierte Halsbeuge hin.
Dirk schnupperte und erwiderte: „Das Parfum 'Sarah' finde ich sowieso viel besser als alles Aufsprühbare."
Sarah lächelte zufrieden und küsste Dirk in dessen Halsbeuge. Sie sog die Luft ein und gab zu: „'Dirk' gefällt mir auch."
Die beiden legten gutgelaunt die Partykleidung sowie die Tarnung wieder an. In der Küche genehmigte sich jeder ein Glas Wasser, dann verließen sie die Wohnung.
Ganz gentlemanlike führte Dirk seine Queen zu dem in der Sonne parkenden Cabrio und hielt ihr die Tür auf. ‚Ein Mercedes SLK - nicht schlecht!', dachte Sarah beim Einsteigen.
Als er neben ihr auf dem Fahrersitz saß, wollte Dirk wissen: „Italienisch, spanisch oder griechisch?" Anscheinend hatte er einen geheimen Knopf gedrückt, denn das Verdeck glitt langsam nach hinten.
Sarah lachte. „Hauptsache essbar!"
Es war bereits halb fünf und auch ihr Magen knurrte. Sie selbst hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, wie mochte es da Dirk erst ergehen?
Der fasste einen Entschluss: „Dann gehen wir bei Oma essen", und fuhr los.
„Oma?", fragte Sarah erstaunt. Hatte er nicht erzählt, dass seine Eltern bereits verstorben waren?
Dirk lachte. „Ja, bei 'Nonna' - eines meiner Lieblingsrestaurants, mitten in Köln. Gar nicht weit weg von der Partylocation."
„Okay", erwiderte Sarah und zuckte die Schultern. „da bin ich aber gespannt."
Dirk sah sie kurz mit warmem Blick an und streichelte ihren Oberschenkel. „Das wird dir ganz bestimmt gefallen."
Sarah legte die Hand leicht auf seine. Es tat gut, diese Wärme zu spüren. Diese Verbundenheit.
„Ach, endlich mal wieder Cabrio fahren", schwärmte Sarah und genoss die laue Luft, die sie umbrauste. „Ich hätte aber besser eine Sonnenbrille mitnehmen sollen."
„Soll ich das Verdeck lieber zumachen?", erkundigte sich Dirk.
„O nein! Bloß das nicht!" Sarah lachte. „Man sieht nur cooler aus."
„Ach, wenn es nur darum geht - schau mal im Handschuhfach nach. Da liegen immer ein paar Sonnenbrillen meiner Tochter. Vielleicht passt dir eine davon." Geschäftig griff Dirk zur Beifahrerseite und öffnete besagtes Fach. Einige bunte und weniger bunte Brillen purzelten hervor.
Sarah wählte eine mondän aussehende Schwarze mit Strasssteinen und setzte diese auf. Dann klappte sie den Spiegel in der Sonnenblende auf. „Perfekt." Grinsend wandte sie sich Dirk zu.
Der bestätigte: „Perfekt!"
Sarah streckte die Hände zum blauen Himmel und rief übermütig: „Köln, wir kommen!"
Ihr Fahrer lachte und machte eine leichte Latino-Musik an.
„Irgendwie ist die Zeit mit dir wie Urlaub", bemerkte Dirk, sein Kopf im Takt wippend.
Als sie schließlich das Auto in einem Parkhaus abgestellt hatten, blieb Sarah sitzen, nachdem Dirk ausgestiegen war. Wollte er diesmal nicht die Tür für sie öffnen? Der Hunger hatte anscheinend den Kavalier aufgefressen. Dirk stand wartend vor dem Auto und rieb sich ungeduldig die Hände.
‚Das nennt sich wohl Kavaliersdelikt!', dachte Sarah schmunzelnd und stieg ebenfalls aus.
Hand in Hand eilten die beiden die Stufen vom zweiten Parkdeck hinab. Nach etwa zehn Minuten durch belebte Gassen standen sie vor der Platzanweiserin des Restaurants 'Nonna'.
Sie bekamen einen gemütlichen Platz, der ihnen eine gewisse Intimität gewährte, und gleichzeitig konnten sie den gesamten Gastraum übersehen. An den offenstehenden Glasfronten eilten und schlenderten Menschen vorbei. Alleine, zu zweit, in Gruppen. Von schmuddeliger Jogginghose bis paillettenbesetztem Abendkleid war alles dabei.
Sarah genoss die Buntheit dieser Stadt, in der nichts und alles normal ist. Sie ließ sich von Dirk als Stammgast bei der Speisenauswahl beraten und teilte sich mit ihm eine große Flasche Wasser. Fühlte sich umsorgt und wertgeschätzt. Plaudernd knabberten sie die winzigen Pizzabrötchen mit Kräuterbutter, die die Wartezeit überbrückten.
Schließlich wurde die ansehnliche Pizza mit Lachs und Spinat für Dirk serviert, gemeinsam mit den Tagliatelle in grüner Pesto, von Büffelkäse gekrönt, für Sarah.
Jeder kostete auch das Mahl des anderen. Zwischendurch tauschten sie kleine, liebevolle Küsse aus, die mittlerweile immer mehr nach Knoblauch schmeckten.
„Das macht mir nichts aus!", tönte Dirk.
„Mir auch nicht", erwiderte Sarah grinsend und küsste ihn zur Bestätigung.
Nachdem sie gesättigt waren, verschwand Sarah kurz in der Damentoilette, um ihr Make Up wieder zu komplettieren. Daraufhin zahlten sie und machten sich auf den Weg zu dem Ort, an dem die besagte Party stattfand. Sarah war gespannt, denn sie war noch nie dort gewesen. Dirk ebenfalls nicht. Auf dem Dach eines Parkhauses im Zentrum Kölns sollte inmitten von ausgestreutem Sand und aufgestellten Liegestühlen wie am Strand zu heißen Rhythmen getanzt werden.
Nach einem etwa viertelstündigen, vergnügten Verdauungsspaziergang erreichten sie das schmucklose Gebäude gegen sieben Uhr.
Sarah sah an der Betonfront empor. Ganz oben konnte sie Menschen erkennen, die mit Getränken in der Hand an einer Reling lehnten.
„Auf in den Kampf!" Sie grinste Dirk vielsagend an.
„Kampf?", fragte der verwirrt.
„Um den besten Liegestuhl." Sarah lachte. „Ob wohl schon alle mit Handtüchern reserviert sind?"
Dirk fiel in das Lachen ein. „Dann werden wir sie heimlich vertauschen", gab er flüsternd zur Antwort.
Der Kampf begann jedoch schon am Fahrstuhl. Eine Menge Partywillige drängte sich vor den zwei Aufzügen. Dirk und Sarah schnappten einige Satzfetzen auf. „… der linke funktioniert nicht!" „Warum? Da steht doch, dass der zur Party fährt." „… geht nicht auf." „Beim rechten … die letzten beiden Stockwerke laufen … fährt nicht bis ganz oben."
Als der rechte Aufzug seine Türen öffnete, quetschten sich die schimpfenden Leute unwillig in die gläserne Kabine.
Nachdem das Grüppchen abgefahren war, drückten Dirk und Sarah abwechselnd auf den Rufknopf für die linke Fahrzelle. Diese war nämlich schon längst vor Ort, die Türen bewegten sich jedoch nicht. Hartnäckig probierte Dirk verschiedene Druckstärken und -rhythmen aus, bis die Kabine auf einmal tatsächlich zum Leben erwachte und den beiden Einlass gewährte.
Vergnügt stiegen sie ein, und Dirk verlangte das oberste Stockwerk. Leicht quietschend schloss sich ihr Transportmittel und fuhr erstaunlich rasch nach oben.
Dirk strahlte stolz und wackelte mit den Fingern in der Luft. „Magische Finger!"
„O ja!", gab Sarah lachend zu. Sie schnappte sich seine Hand und hauchte einen Luftkuss auf deren Spitzen.
Bald schon stoppte der Aufzug wieder und entließ die beiden in den Empfangsbereich der Party. Sie checkten ein und kauften Verzehrbons. Dann erst kamen die Personen aus der zweiten Kabine atemlos angestapft. „Unverschämtheit!" „Ich schwitze jetzt schon!" „Bier her, Bier her, oder ich fall um."
Sie verstummten mit einem Schlag, als sie Dirk und Sarah erkannten.
Im nächsten Moment überschwemmten sie die beiden mit Fragen. „Seid ihr geflogen?" „Wie habt ihr das denn geschafft?" „Könnt ihr zaubern?" Ein besonders Witziger sah sich demonstrativ um: „Gibt es hier eine versteckte Kamera?"
Dirk hob einfach die Hand und wackelte mit den Fingern. „Mit Geduld und Spucke habe ich schon so mancher Dame zum Höhenflug verholfen."
Sarah kicherte, woraufhin die Ankömmlinge versöhnlich lachten und einige Kopfkino bekamen.
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