Plattformen wie diese hier bieten Möglichkeiten.
Romantisieren wir es nicht: Das hier ist eine Plattform für Sextreffen.
Wenn ich primär Sextreffen suche, dann interessiert mich der Mensch dahinter wenig. Entsprechend suche ich nach Merkmalen, die bei einem spontanen Ficktreffen passen müssen.
Mich würde generell mal eine Erhebung unter den Usern dahingehend interessieren, wofür die meisten den JC eigentlich nutzen. Meine Vermutung wäre: Halt als Sexdate-Plattform.
Nun wurde der Joyclub aber mehr. Es gibt Menschen, die eben nicht nur Sexdates suchen.
Für diese erscheint die Auswahlliste im Profil natürlich wie eine reine, auf Neigungen und "Fickvorlieben" zusammengeschnittene, Warenbeschreibung.
Das ist es auch: Unser Profil macht uns augenscheinlich zu einer Ware.
Wer hier etwas sucht, der guckt mit einer Einkaufsliste durch das Sortiment.
Aber, das große Aber, wir alle haben die Chance daraus mehr zu machen, denn da sind noch so Sachen wie Profiltexte. Der Mensch macht aus einer Plattform das, was sie ist. Wie sie genutzt wird liegt an den Usern. Natürlich gibt die Natur der Plattform eine gewisse Richtung vor, aus der vollständig nicht ausgebrochen werden kann. Aber dennoch kann, wer es möchte, hier auch etwas über reine "Fleisch gewordene Neigungskataloge" hinaus suchen und finden.
Menschen können mehr sein als sie Gesamtheit ihrer sexuellen Vorlieben und Neigungen.
Das sollten sie sogar.
Und dasselbe gilt für Sessions. Auch dort kann man nur die spontane Befriedigung seiner katalogisierten Neigungswünsche, am besten noch Tagesaktuell, suchen, man kann aber auch nach einem Menschen ausschau halten, der mehr bietet. Mit "mehr" meine ich nicht, dass die spontane und direkte Session direkt besser wird, geiler, intensiver, etc. Damit meine ich ein Mehr an Kontakt, eine größere persönliche Tiefe.
Natürlich, wenn ich auf eine Party gehe und heute Abend Needleplay möchte, dann will ich dort niemanden kennenlernen mit dem ich erst (übertrieben gesprochen) 27 Dates abfeiern muss, ehe es mal "zur Sache geht". Dann möchte ich an dem Abend ein Date mit jemandem, der oder die auf Needleplay steht.
Für mich ist da aber noch immer ein großer Unterschied zwischen wirklichen spontanen, oder auch geplanten, Dates zu Playparties und einem darüber hinaus reichenden Kontakt.
Oder anders gesagt: Wenn ich Morgen Abend auf eine Tanzveranstaltung gehe und dort dringend Walzer Tanzen möchte, dann suche ich eine Begleitung für diesen Abend, die das mit liefern kann. Dann suche ich aber Anlassbezogen, bzw. "Spaßbezogen". "Suche jemanden für den Tanzabend". Der Fokus ist die Fähigkeit Walzer zu tanzen. Und das ist völlig okay.
Wenn ich aber sage, dass ich eine Beziehung suche und am Ende mit diesem Menschen eigentlich nur zusammenkommen möchte, wenn es um einen Walzer geht, dann wird dies Konflikte auslösen, da die andere Person sich darauf reduziert vorkommen wird, obschon ihr gesagt wurde, dass man einen Menschen als Ganzes suchte.
Vielleicht ist das alles aber auch so ein Gesellschafts-, bzw. Zeitgeist-Ding. Wenn ich das sage komme ich mir gleich vor wie jemand, der von früher erzählt, dabei war da auch nicht alles besser. Auf keinen Fall. Deshalb möchte ich gar nicht so klingen als würde ich einen Vergleich mit einer anderen Zeit anstrengen wollen.
Dennoch erscheint es mir so, als würde "Cherrypicking" nicht nur normal, sondern sogar als wünschenswert glorifiziert. Man pickt sich aus allen Angeboten das heraus, was man braucht. Den Handyanbieter hier, den Internetanbieter dort, den Pizzalieferservice da, den Klamottenlieferdienst dort, die neuen Schuhe wiederum da vorne um die Ecke, die neue Couch in diesem Möbelhaus, die Geburtstagsbegleitung hier, die Fickpartnerin dort, den Menschen zum "über Probleme reden" da hinten, die Bondagepartnerin da vorne und die D/s-Partnerin wohnt drei Straßen weiter.
Von allem nur das, was man gerade gebrauchen kann und was man dort herauspicken kann. Das reduziert Menschen auf ihre jeweilige Rolle, auf dass man sich eher dem Konsum dessen hingeben kann, was man von diesem Menschen möchte. Und wenn das konsumiert ist, dann braucht man den gesamten Menschen nicht mehr, der für einen selbst eben nur diesen einen Wert hatte.
Und so macht man dann, wenn man diesen einen Playpartner gefunden hat, dessen sonstiges Leben einen nicht interessiert und mit dem man auch nicht spricht, wenn es nicht gerade um BDSM geht, schnell einen Strich darunter, sollte diese Neigung gerade nicht aktuell sein oder sollte sie sich gewandelt haben, weshalb dieser Mensch einen nun nicht mehr erfüllt.
Das ist total okay, wenn es so kommuniziert wird. Wie ich schon schrieb: Freie Liebe, diesdas. Fickt mit wem ihr wollt, spielt mit wem ihr wollt, habt lose Beziehungen, "Bekanntschaft+", was "freier" ist als selbst eine Freundschaft+, alles was ihr wünscht und wollt und braucht. Aber macht es ehrlich. Suggeriert nichts. Nutzt nicht aus. Lügt nicht. Manipuliert nicht. Zerbrecht keine Gefühle und nutzt sie vor allem nicht aus. Seid halt ehrlich.