nur so als Fußnote
> pädagogisches/psychologisches grundwissen
Verzeiht mir bitte, wenn ich an eurem aktuellen Tagesfaden zu sehr zerre, aber ich erlaube mir mal den Hinweis, daß der Begriff "Komplexe" meines Wissens ein etwas veraltetes Beschreibungs-Instrument der Psychologie des frühen 20. Jahrhunderts ist. Neben dem "Minderwertigkeitskomplex", der hier offenbar Thema ist, hat beispielsweise auch der Ödipuskomplex größere Bekanntheit erlangt.
In seiner allgemeinen Bedeutung ist der Begriff aber auch heute noch hilfreich insofern, als wir nie vergessen sollten, daß die Ursachen dafür, daß ein Mensch dauerhaft oder temporär NICHT in der Lage ist, seine Energien frei fließen zu lassen, daß diese Ursachen eben sehr komplex sind.
Brian_Lorenzo hat sicherlich recht in vielem, was er sagt, nur ist der Grundtenor des "it's so easy", den er versprüht, für Menschen mit echt komplexen psychischen Problemen wenig hilfreich, schnell verletzend, und versetzt dem Betroffenen einen weiteren Nackenschlag.
Nicht jeder ist im neoliberalen Pragmatismus angekommen, nicht jeder hat die intellektuellen Voraussetzungen, um seine "Komplexe" analytisch anzugehen, nur wenige hier können sich einen Coach leisten und die Psychiater, die Kassenpatienten betreuen, machen nur allzu oft Dienst nach Vorschrift.
Natürlich ist "Eigenmotivation" irgendwann in jeder Therapie der entscheidende Knackpunkt. Aber es gibt reihenweise Menschen, für die es eine titanische Anstrengung bedeutet, morgens ihren Arsch aus dem Bett zu kriegen, zu duschen und sich die Zähne zu putzen.
Der Versuch einer Nachahmung von benchmarkern ist hier völlig kontraproduktiv: Für jemanden mit einem angeknacksten Selbstwertgefühl ist es wesentlich besser, sich klarzumachen: "Hey andere sind ja noch viel schlimmer dran."
Ich gebe ja zu, daß auch ich gelegentlich die Neigung habe, Foren dazu zu mißbrauchen, mich selbst ganz irre toll darzustellen, aber ursprünglich wurde das usenet zur gegenseitigen Hilfe ins Leben gerufen.