„@****yn
Anzuzweifeln, dass es sich bei dem Outing gegenüber seinem Partner nicht um ein Statement zur sexuellen Orientierung sondern insgeheim eher um den Wunsch nach weiteren Sexualpartnern handelt, finde ich bestenfalls fragwürdig.
Aber interessanterweise bist Du hier auf die Fragestellung eingegangen, nämlich dass es ein Problem sein könnte, dass der Partner genau das denken könnte.
Wenn ein Mann im Verlauf seiner (auf ein Leben lang angelegten) Beziehung feststellt, dass er Bisexuelle Neigungen hat, dann bliebe ihm laut deiner These der Non-Monogamie lediglich die Trennung von Frau und Familie um seine sexuelle Orientierung ausleben zu können ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, nur mit möglichst vielen Menschen vögeln zu wollen. Er kann ja monogam ansonsten keine männliche Sexualität bekommen.
Und mMn ist das primäre Thema auch nicht, wie Du in deinem letzten Beitrag schreibst, die Beziehungsform (polyamor / offen / non-monogam) sondern sehr wohl die sexuelle Orientierung, der dann die Beziehungsform zugrunde liegt.
Nein.
Hier schimmert doch in einigen Beiträgen durch - der TE schreibt sogar selbst, dass er es "braucht" - dass Bisexualität angeblich nur "ausgelebt" werden kann, wenn man aktiv Sex mit beiden Geschlechtern sucht. Also mit mehr als einer Person. Auch in einer Beziehung.
Und das stimmt eben nicht. Das ist nicht nur ein häufiges Vorurteil, dass jemand, der bisexuell ist, Sex zu beiden Geschlechtern "braucht" und das auch in einer Beziehung, sondern dieses Vorurteil wird auch dadurch gefüttert, dass es - Verzeihung, ist nunmal so - sehr häufig bei Männern vorkommt. Persönlich habe ich sogar noch nie einen bisexuellen Mann kennengelernt, der genau das eben nicht "gebraucht" hat. Jeder bisexuelle Mann, mit dem ich je gesprochen oder von dem ich je gelesen habe, wollte Sex mit beiden Geschlechtern auch in einer Beziehung, sprach von "brauchen" und glaubte, das läge an seiner Bisexualität.
Ich denke nicht, dass es daran liegt, da Bisexualität und Beziehungsform zwei paar Schuhe sind. Man kann als Hetero- oder Homosexueller sowohl monogam sein, als auch polyamor/promiskuitiv/etc. Und dasselbe kann man auch als Bisexueller. Wer als bisexuelle Person den Sex mit mehr als einer Person/mehr als einem Geschlecht "braucht", von dem glaube ich eben nicht, dass das seiner Bisexualität geschuldet ist, da "Sex mit beiden Geschlechtern brauchen" keine zwingende Konsequenz von Bisexualität ist. Das ist etwas ganz Individuelles und dreht sich im Kern darum, sich sexuell nicht auf eine Person beschränken zu wollen.
Und doch, ich denke sehr wohl, dass man dies als Problem diskutieren sollte, da meiner Erfahrung nach genau DAS das Kernproblem vieler Frauen mit männlicher Bisexualität ist. Nicht, dass ein Mann bisexuell ist, sondern dass das vor allem bei Männern eigentlich immer dazu führt, dass sie innerhalb der Beziehung Sex mit weiteren Menschen wollen, ob nun häufig oder nur ab und zu. Da der Wunsch nach weiteren Sexpartnern innerhalb einer Beziehung bei bisexuellen Männern deutlich häufiger vorkommt, als bei bisexuellen Frauen, wird man sich nunmal damit auseinandersetzen müssen, dass das Problem mancher Frau mit der männlichen Bisexualität sehr wahrscheinlich nichtmal die sexuelle Orientierung ist, sondern die Tatsache, dass sie diesen Mann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit anderen Menschen sexuell wird teilen müssen.
Ich lese zwar auch viel von bisexuellen Männern, die in einer monogamen Beziehung mit einer Frau bleiben, aber bisher nicht, dass ihnen das komplett "reicht". Der Wunsch und die Sehnsucht nach weiteren (männlichen) Sexpartnern ist eigentlich immer da und würde gern umgesetzt werden.
Im Grunde sehe ich kein Problem damit per se. Wenn jemand non-monogam oder gar promiskuitiv ist, ist das komplett seine Sache und gar nichts Schlimmes. Ich denke nur, dass es beim Thema "Outing" in dieser Hinsicht keine Rolle spielt, ob jemand homo, hetero oder bi ist, wenn er sich mehr Sexpartner neben dem Partner wünscht. Eventuell, im Einzelfall, werden gleichgeschlechtliche Sexpartner vielleicht weniger als Bedrohung wahrgenommen, da es allgemein bei Bisexuellen gar nicht so häufig vorkommt, dass Beziehungen zum gleichen Geschlecht geführt werden, bei vielen dreht sich die Orientierung beim gleichen Geschlecht eher oder ausschließlich um den sexuellen Aspekt. Und man kann deutlich weniger mit sich selbst vergleichen. Ich bin kein Mann und kann deshalb von Natur aus keine männliche Sexualität bieten, muss mich daher auch nicht mit einem Mann vergleichen und mich fragen "Was hat der, was ich nicht habe?", weil die Antwort ja glasklar ist.
Im Bezug auf den EP denke ich ganz ehrlich: Es wird sich vermutlich gerne eingeredet, dass Frauen nicht mit der Bisexualität eines Mannes umgehen könnten. Ich bin der Überzeugung: In der Regel geht es darum, nicht damit umgehen zu können oder zu wollen, einen Mann sexuell mit anderen Personen zu teilen. Ist ein bisexueller Mann monogam veranlagt, spielt seine Bisexualität für die monogame Beziehung nämlich überhaupt keine Rolle, hat null Einfluss darauf, alles bleibt wie es ist. Veränderung kommt erst, wenn es bedeutet: "Ich will in unserer Beziehung auch Sex mit jemand anderem."
Und wenn wir uns angucken, für wie viele Männer ihre Bisexualität bedeutet, Sex mit beiden Geschlechtern zu "brauchen" und sich so danach zu sehnen, dass Fremdgehen zur Option wird, halte ich es für ziemliche Ignoranz, genau diesen Aspekt so unter den Tisch kehren zu wollen und so zu tun, als ginge es um sexuelle Orientierung alleine.