Wenn ich nicht weiß, welche Ansprache dem Gegenüber gefällt, insbesonders im Kontext persönliches Machtgefälle, ist ein Siezen in einem sonst informellen Rahmen wie Social Media, und im Kontext des persönlichen Bedürfnisses, für mich klar ein Vorgriff. ICH stelle dabei ein Machtgefälle her, von dem ich gar nicht weiß, ob der Gegenüber das genauso will.
Ich weiß nicht, aber scheinbar nehmen ganz viele an, ein dominanter Mensch - insbesonders ein dominanter Mann - fände (kommunizierte/gezeigte) Devotion von jedem/r x-beliebigen, dahergelaufenen Sub automatisch total toll und würde sich da nie befremdet fühlen. Da ich durchaus schon eine handvoll Doms kennengelernt habe, die bei mir einfach "nix spüren" und mir total neutral begegnen, finde ich diese doch sehr verbreitete Annahme recht oberflächlich.
Sicherlich mag es einige geben, denen sowas initiativ von Subs ehrlich gefällt - haben sich ja auch genug hier positiv dazu geäußert - aber ein Vorgriff bleibt es meines Erachtens selbstverständlich, wenn man das einfach aus dem Blauen heraus tut. Mit Glück findet der dominante Gegenüber das total toll, mit Pech hat er gar keinen Bock darauf, dass da jemand schon vor ihm katzbuckelt, an dem er/sie eventuell überhaupt kein Interesse hat.
Darum halte ich mich persönlich mit sowas zurück und würde es - wenn überhaupt - erst nach näherem Kennenlernen tun, ganz besonders, wenn es um Titel geht (Siezen ist ja noch harmlos). Aber "Herr/in" und Ähnliches hat da für mein Gefühl schon einen sehr persönlichen Bezug, das würde ich nicht wagen, ohne mir vorher nicht sicher zu sein, dass wir so ein verbindliches Verhältnis miteinander haben.
Ich habe über meine Doms zu Anfang recht lange noch als "Spielpartner" gesprochen, bevor ich irgendwann über sie sagen konnte, dass es meine "Herren" sind (auch wenn ich keinen von ihnen je direkt so genannt habe, hat nie einer verlangt). Ich find halt schon, dass das eine Bezeichnung ist, die Besitz beschreibt - und Besitztum ist etwas, das man auch haben wollen muss. Das kann ich nicht einfach allein entscheiden.