Frei sein, um zu lieben ...?
Ziel dieses Threads ist Gedankenaustausch zwischen Menschen, für die das Gefühl von Freiheit ein wichtiges Element von Liebe in jeder Form ist. Was genau Freiheit für dich an dieser Stelle bedeutet, ist ein Teil des Gedankenaustauschs und für mich sehr interessant. In einer guten Partnerschaft findet man viele Dinge, die wertvoll und für die meisten unverzichtbar sind: Liebe, Geborgenheit, Sexualität … Aber was ist mit dem Gefühl, frei zu sein? Frei für sich selbst, frei für die Liebe, frei für andere … Ist das ein Element von dem, was Liebe ausmacht oder ausmachen sollte?
Ich bitte um höfliche und achtsame Kommunikation, da es mir um das Ausloten von Nuancen geht. Persönliche Erfahrungen, Gedanken und Impulse sind ausdrücklich willkommen. Bitte geht wertschätzend mit dem um, was andere schreiben, damit der Austausch inspirierend bleibt und man sich öffnen kann.
Mein persönlicher Bezug zum Thema ist eine Entwicklungsreise, auf der ich mich schon länger befinde. Wer bin ich, welches Leben will ich führen, und welche Rolle spielen Liebe und Sexualität darin?
Für mich ist es bald zwei Jahrzehnte her, dass ich das erste Mal von Polyamory hörte und mich darin wiederfand. Ich habe mich irgendwann in einen Mann verliebt, der mono war, und wir haben es miteinander versucht. Viele Jahre lang. Für mich war es irgendwann ein unglaubliches Verformen, was diese Liebe von mir verlangte: Ich hatte das Gefühl, bei Begegnungen mit Freunden und Freundinnen nicht mehr frei und ich selbst sein zu können, weil ich immer wieder in Situationen geriet, wo ich nicht ganz sicher war: Gab es da gerade sinnliche Spannung zwischen uns? Hat mein Herz gerade heftiger als sonst geklopft? Ist da in mir eine Freude über die Gegenwart der/des anderen, die über das erlaubte Maß hinausgeht?
Sowohl für meinen Exmann wie auch für mich war das am Ende eine ungesunde Zeit, in der beide das Gefühl hatten: So, wie ich bin, wie ich liebe, wie ich meine Beziehung führen will, bin ich falsch und verletze den anderen. Es ist gut, dass er inzwischen eine monogame Partnerschaft mit einer anderen Frau hat, die ihn genauso exklusiv liebt wie er sie.
Für mich ist es schwerer, mich neu zu orientieren. Ich habe nach wie vor kein klares Bild, an dem ich dieses diffuse Fühlen und Suchen in mir ausrichten kann. Für mich waren körperliche Nähe und Geborgenheit immer sehr wichtig. Ein Teil von mir mag sogar die Vorstellung von BDSM in einem (gemeinsam zu definierenden) Setting, das über Playsessions hinaus in den Alltag greift und ein Machtgefälle beinhaltet, in dem ich mich unten befinde. Trotzdem hatte ich seit bald einem Jahr keinen Sex mehr und auch nichts, was sich wie der realistische Anfang einer Liebesbeziehung anfühlen könnte.
Vor einer Woche hatte ich ein Treffen mit einem alten Freund, das sich ein wenig nach Date anfühlte. Er ist jemand, von dem ich weiß, dass er es liebt, gewohnte Muster zu hinterfragen und sie durch radikale Ehrlichkeit zu ersetzen. Beispiel: "Ich wünsch dir noch ein schönes Wochenende!" - "Ich habe gerade überlegt … mein erster Impuls war, dir auch ein schönes Wochenende zu wünschen, aber dann habe ich gedacht: Wünsche ich dir das wirklich? Oder wünsche ich dir nicht eher ein furchtbares Wochenende voller Pannen und Unglück, was dich am Ende zu einem neuen Roman inspiriert?"
Bei unserem Treffen merkte ich so stark wie nie vorher, wie gut mir das tat. Diese radikale Ehrlichkeit im Sein, im Fühlen, sich selbst und mir gegenüber, die uns beide auf das zurückwarf, was wir in diesem Augenblick waren, dachten und fühlten. Ich habe mich entspannt. Er hat eine feste Freundin, er hat von ihr erzählt, wir hielten uns an den Händen, als er von seinen Empfindungen in Bezug auf einen bestimmten Aspekt ihrer Partnerschaft erzählte, und es war ein sehr inniger und liebevoller Moment. Es lag eine wunderschöne Freiheit darin, dass wir in diesem Moment (und beim ganzen Date) einfach die Menschen sein konnten, die wir sind. Immer wieder rückversichern: Was fühle ich selbst gerade? Was möchte ich selbst gerade?
Darin lag etwas Freies, was ich immer noch nicht ganz greifen kann. Es hat einen Hunger in mir berührt, von dem ich gar nicht mehr wusste. Plötzlich war ich wütend auf all die Männer, die ihre offene Beziehung oder ihre Freiheit als Argument genutzt haben, um mir emotionale Verbindlichkeit und Intensität in unserer Begegnung vorzuenthalten. Im Vergleich zu diesem Treffen konnte ich endlich für mich erkennen: Diese anderen Treffen waren in Relation dazu kein Ausdruck von Freiheit, sondern von Kälte und Mauern, in die jemand mich und die geteilte Sexualität sperren wollte.
Im Moment versuche ich, diese Erfahrung zu verstehen, zu verarbeiten und herauszufinden, was es eigentlich war, was mich da so berührt und verändert hat. Ich kann es bislang nicht einordnen, aber es fühlt sich sehr wichtig für mich an. Deswegen hoffe ich auf Impulse, sowohl zu dem, was ich hier erzählt habe, wie auch zu eigenen Erfahrungen mit dem Thema "Freiheit" als wichtiges Element des eigenen Liebens.