„Ich wünsche mir nichts mehr, als ihn glücklich zu sehen... Aber es selbst aushalten zu können..
Es gibt hier zwei mögliche Herangehensweisen, deinen (absolut validen) Schmerz in dieser Beziehung zu betrachten.
1.) Du bist einfach monoamor. Dein Herz tickt so, dass es dann, wenn an einer Stelle Liebe ist, an anderen Stellen nichts mehr empfinden kann. Da wir instinktiv dazu neigen, unser eigenes Mindset als "normal" zu betrachten, gehen wir immer erst mal davon aus, dass unser Gegenüber genauso tickt und fühlt wie wir. Auf dieser Grundlage erscheint es dann so, als würde dein Partner dich weniger lieben als du ihn, als würde er euer Band jedes Mal verraten, wenn er sich mit der anderen Frau trifft.
Hier hilft es, wie ich bei einer Beziehung im Freundeskreis mit ähnlicher (nicht gleicher) Konstellation beobachten konnte, tatsächlich sehr, wenn man ein wenig über die Hintergründe von Monoamorie und Polyamorie recherchiert. Meine Freundin hat damals viel mit mir darüber gesprochen, wie es sich anfühlt, wenn ich polyamor fühle, und hat allgemein darüber geforscht, und am Ende festgestellt: Sie ist nicht so, er schon, aber sie kann es akzeptieren und ihn als den Mann lieben, der er ist.
Die Erkenntnis, dass ein anderer Mensch anders tickt als man selbst, wertet nämlich keinen der beiden ab, und seine Liebe zu dir ist (höchstwahrscheinlich) genauso ehrlich und aufrichtig wie deine zu ihm. Aber durch die Situation wirst du auch als monoamorer Mensch jetzt in all die Überlegungen zum Thema Eifersucht und Selbstwert, Verlustangst und Unsicherheit gestoßen, die man in Poly-Beziehungen erlebt. Das kann eine Chance zum Wachsen sein, aber es kann auch einfach ekelhaft wehtun.
2.) Du betrachtest den Schmerz in dir als etwas, was aus dir selbst kommt und was mit der äußeren Situation eigentlich gar nichts zu tun hat. Und dann fängst du an, gründlich zu analysieren, was da eigentlich wehtut. Vermutlich findest du ganz unterschiedliche Elemente, die alle zu einem wilden und chaotischen Knäuel verheddert sind, das so wehtut, dass man es am liebsten gar nicht anfassen will. Es wäre doch viel einfacher, wenn die Welt sich einfach so ändert, dass das Knäuel nicht mehr schmerzt!
Aber wenn man von der These ausgeht, dass du für deine eigenen Gefühle selbst verantwortlich bist, dann bedeutet das, dass du auch selbst die Möglichkeit hast, etwas an ihnen zu ändern. Die Lösung ist dann, dass du dein eigenes Fühlen Schritt für Schritt in einzelne Fäden aufdröselt. Jeder dieser Fäden braucht dann eine andere Lösung, und es ist deine Aufgabe, nach dem Aufdröseln auch noch nach diesen Lösungen zu suchen.
Mögliche Fäden in deiner Situation könnten sein:
• Er ist Switcher. Da du ihn als Dom und Fels in der Brandung kennengelernt hast, bringt seine devote andere Seite deinen Fels ins Wackeln.
--> Lösungen? a.) Überlegen, was du wirklich brauchst, damit es sich nach Fels in der Brandung anfühlt. b.) Überlegen, wie du selbst dein eigener Fels in der Brandung sein kannst. c.) Selbsterforschen, an wie vielen Stellen du auch mehr als eine Facette hast, die sich zu deiner Gesamtpersönlichkeit zusammenfügen, damit es leichter wird, anderen die gleiche Buntheit zuzugestehen.
• Er mag neben dir auch eine andere Frau. Das löst Verlustangst aus: Was, wenn er doch ganz plötzlich weg ist?
--> Lösungen: a.) Verlustangst erforschen. Gibt es ältere Erinnerungen, die angetriggert werden und für die es allmählich an der Zeit ist, sie zu verarbeiten, zu heilen und loszulassen? b.) Sicherheitsbedürfnis erforschen: Was brauchst du, um dich in dir selbst, aus dir selbst heraus sicher zu fühlen? Wie kannst du es dir selbst geben? c.) Gibt es auch konkrete Dinge, die du dir von deinem Partner wünschen würdest? Dinge, die er tun kann, wenn du ihn darum bittest, oder Dinge, auf die er gefälligst selbst kommen soll?
• Er mag neben dir auch eine andere Frau, und die gibt ihm Dinge, die du ihm nicht geben kannst. Das löst Minderwertigkeitskomplexe aus.
--> Lösungen: a.) Erforschen, ob es ältere Erinnerungen gibt, die ebenfalls um das Gefühl kreisen, nicht gut genug zu sein. Fast jeder hat so was und verdrängt es im Alltag. b.) Das Bedürfnis, gut genug zu sein, genauer erforschen. An welchen Stellen in deinem Leben kannst du es dir selbst geben? Neues Bild kaufen und an die Wand hängen? Sauna und einkremen? Wann und wo spürst du, dass du so, wie du bist, sehr wohl gut genug bist? c.) Überlegen, was der Partner tun kann, um dich an dieser Stelle zu unterstützen. Sind es Dinge, um die du ihn bitten kannst, oder sind es Dinge, auf die er selbst kommen müsste, damit sie bei dir die richtige Wirkung entfalten? Das zweite ist immer schwieriger, aber findest du dafür vielleicht sogar doch eine Lösung?
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Das sind drei ganz unterschiedliche Stellen, an denen man suchen könnte. Trifft etwas davon zu? Oder vielleicht anders, aber so ähnlich? Könnte etwas von den Lösungsideen funktionieren? Oder inspirieren sie zu anderen Ideen?
Deine eigene Lösung kann nur deine eigene sein.
"Aushalten" ist jedoch fast nie die Lösung. Glücklich sein ist besser.
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Was davon bei dir zutrifft und was ganz anders ist, kannst du selbst erforschen
. Vielleicht entdeckst du auch noch völlig andere Dinge?