Streit ist normal. Menschen haben Emotionen, und wenn man genervt ist, kann sich das schon mal verbal entladen. Das hilft einem, subjektiv, weil man es los wird.
Produktiv aber ist das nur, wenn man danach auch miteinander spricht. Ja, danach. Nicht während man sauer ist - da will man nämlich keine Erklärungen hören oder gar Kompromisse finden, sondern da will man sich aufregen, einen vermeintlichen Schuldigen finden, und so blöd das klingt, man will vor allem Zustimmung. "Ja, du hast Recht, das war scheiße". Echt, versucht das mal, wenn jemand sauer auf euch ist - danach ist meistens recht schnell Schluss. Auch, weil damit niemand rechnet, denn normalerweise will man den Aussagen, die das Gegenüber da trifft, gar nicht zustimmen, sondern sich rechtfertigen.
Aber zurück zum "produktiven Streiten". Wenn der erste emotionale Ausbruch verflogen ist, ist der Zeitpunkt, zu sprechen. Dabei müssen das alle Beteiligten wollen - sobald eine Person nur aus Prinzip da sitzt und nicht aktiv teilnehmen will, ist das sinnlos. In einer Partnerschaft aber gehe ich davon aus, dass jeder an einer Lösung interessiert ist - ist das nicht der Fall, liegt eh was im Argen.
Die erste Frage, die man sich stellen muss, ist: Ist eine Lösung überhaupt erwünscht und möglich? Es gibt Dinge, die nerven - sind aber eben einfach so, und alle finden das eigentlich auch ok. Da muss man sich manchmal einfach aufregen, und danach geht's wieder. In dem Fall hilft es dann oft, einfach zuzuhören.
Die zweite Frage, wenn eine Lösung erwünscht ist, ist: wie sollte diese Aussehen? Und zwar die Idealvorstellung der Person, die gerne eine Änderung hätte. Egal wie unrealistisch. Folgefrage dann: WARUM sollte die so aussehen, was ist daran besser, und inwiefern löst das, subjektiv, das besteheden Problem?
DANN ist Zeit für Erklärungen der anderen Seite. Warum sind die Dinge so, wie sie sind. Warum funktioniert die Idealvorstellung nicht.
Und erst dann, wenn man sich gegenseitig mal verstanden hat, und weiß, wo das Problem liegt und wie man es beheben könnte, dann muss man einen Kompromiss suchen. Und zusammen überlegen, wer von wem was braucht, um da hin zu kommen.
Lustigerweise ist das oft gar nicht der schwere Teil...
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Hat man aber so eine Streitkultur nicht, bringt Streit langfristig gar nichts. Löst man ein Problem nicht, sondern kommuniziert es nur (und ja meistens ohne Erklärung, warum das überhaupt ein Problem ist), und das auch noch mit "fragwürdigen Diskussionsverhalten", dann KANN sich gar nichts ändern.
Die Bereitschaft, miteinander zu sprechen, und die Bedürfnisse ALLER Beteiligten ernst zu nehmen, ist in eine Partnerschaft daher unabdingbar. Das schließt auch eine Kompromissbereitschaft ein. Hat darauf jemand keine Lust, kann eine Beziehung gar nicht langfristig funktionieren.
Im Beispiel aus dem EIngangspost wäre also das wichtigste, dass die beiden einen Weg finden, vom "Gegeneinander" und "ich will das und das!!" zu einem Miteinander zu finden. Der erste Schritt ist da denke ich, dass sich erstmal beide gegenseitig zugestehen, Bedürfnisse zu haben, und die gegenseitig ernst nehmen. Und davon auszugehen, dass niemand den Streit will, und niemand bösartig handelt.