Je nachdem bedeutet Fesseln doch, das man sich wirklich lange sehr intensiv miteinander beschäftigt.
Sich dabei Nahe sein, meistens ohne viel zu Reden. Die Kommunikation erfolgt da auf eine andere Art und Weise.
Gut, bis Frau einen bestimmten Umfang an technischem Know-how hatte, waren beim Üben die emotionalen Aspekte nicht immer im Mittelpunkt, irgendwie aber doch dabei.
Da waren die Rückmeldungen von mir als
anders, genauso wichtig wie heute.
Fesseln hat sehr, sehr viel mit Emotionen zu tun.
Bei uns ist es auch so, das ich mit Mitte 90 Kilo, 187 cm doch etwas "mehr" bin. Knapp 30 Kilo und knapp 30 cm.
Wir Beide zusammen schaffen es nicht immer super gut emotional beim Fesseln miteinander umzugehen. Das liegt aber auch an den Handicaps die wir haben.
Wenn ich zu leicht abgelenkt bin, haben wir gemeinsam die Lösung gefunden, das Sie mir dann eine Lycramaske aufsetzt.
Mit der dann veränderten Wahrnehmung verstärkt sich jede Berührung, spüre ich Seilwindungen auf meinem Körper intensiver.
Sie liebt es hin und wieder mich mehr spüren zu lassen. Dann kommt es schon einmal vor, das Sie die Seile sehr eng Bahn für Bahn legt und dann den Rest "durchzieht".
Wenn beide Partner halbwegs gut kommunizieren, dann mag es immer wieder einmal vorkommen, das irgendwo etwas zu eng ist, Seillagen übereinander statt nebeneinander liegen und drücken.
Das kann die Riggerin meistens sehr schnell und einfach ändern, wenn ich es frühzeitig mitteile. Wenn ich das nicht tue, Ihr es erst kommuniziere, wenn es weh tut, irgendwo etwas abdrückt, bleibt Ihr nichts anderes übrig, als schnell zu reagieren und gegebenenfalls die Fesselung dann komplett zu lösen.
Auch das ist letztendlich Teil der emotionalen Kommunikation.
Selbst wenn ich mich komplett Fallen lasse, im Flow bin, spüre ich ja meinem Körper, die Seile, die mich halten, einengen, verformen.
Wenn da etwas stört, das gleich mitzuteilen, mit Worten, Bewegungen, Gesten gehört letztendlich dazu.
Unterlasse ich es, das gleich zu tun, verändere ich die Kommunikation miteinander, verändere ich die Nähe miteinander, übernehme ich die weitere Verantwortung auch für meine körperliche Unversehrtheit.
Shibari ist ein Geben und Nehmen. Aus meiner Sicht, sind irgendwie beide aktiv dabei, auch wenn die Riggerin diejenige ist, die führt.
Vielleicht ein Stück weit wie beim Tanzen, wo Einer oder Eine führt.
Fesseln ist für mich auch immer irgendwie ein Gesamtkunstwerk.
Wenn Sie mich eingeschnürt hat, Ihr Bild, Ihre Vorstellung realisiert hat, mich dabei mitgenommen hat auf die gemeinsame Reise und dann zufrieden ist, spüre ich diese Zufriedenheit und bekomme unendlich viel geschenkt.
Es kommt aber genauso oft vor, das ich die Reise so nicht mitmache, manchmal weil ich an dem Tag die Körperspannung nicht halten kann oder will, manchmal weil die Stimmung zu Beginn des Fesselns nicht wirklich gut war und sich das während des Prozesses nicht aufgelöst hat.
Auch das sind Emotionen pur.
Es macht - auch nach Jahren - immer noch bzw. immer wieder Spaß.