Wie anfangen nach 17 Jahre Ehe?

War auch nicht böse oder ernst gemeint. Aber Datingerfahrungen wollte ich hier jetzt eigentlich wirklich nicht teilen.

Psychologie ist sinnvoll, um sich, andere Menschen und Beziehungsstrukturen besser zu verstehen.
Die Gefahr dabei ist nur - vor allem, wenn man sozio-psychologische Erkenntnisse populärwissenschaftlich reduziert und vereinfacht - die Komplexität und Vielschichtigkeit eines menschlichen Individuums zu stark zu reduzieren.

Dieser Gefahr sind wir sowieso ständig ausgesetzt. Allein dieser Thread zeigt ja, wie schnell wir dabei sind, Menschen in Schubladen zu stecken oder falsche Annahmen zu treffen, weil wir nie das Gesamtbild sehen.

Abgesehen davon denke ich, dass gesellschaftlich noch ausgehandelt werden muss, was jetzt unerwünschte "manipulative Techniken" sind und was Verführung ist. Ich denke da an Extrembeispiele aus den USA, wo ein Flirtversuch bereits als unerwünschte sexuelle Belästigung zählen kann, und umgekehrt an Beispiele, wo sexuelle Übergriffe als "Flirten" beschönigt wurden.
Die (verständliche) Empfindlichkeit und gebotene Vorsicht, die das Thema "sexy Kleidung" in Zusammenhang mit der Schuldzuweisung bei sexuellem Missbrauch auslösen kann, fällt ja auch in diesen Bereich.

Ich wäre generell vorsichtig mit Pauschalurteilen, was 50% der Weltbevölkerung angeblich wolle. Ja, es gibt Wahrheiten, die für die meisten Menschen gelten mögen, und gleichzeitig gilt dennoch weiterhin:
"Jeder Jeck is anders."

Mein Beitrag war nicht auf dich speziell bezogen, sondern auf uns alle. Aber selbst für Experten gilt, dass wir nicht davor gefeit sind zu reduzieren. Je mehr man über ein Fachgebiet weiß, desto mehr sollte einem bewusst sein, wie komplex die Materie ist und wie reduziert bestimmtes Wissen tatsächlich ist
(Stichwort Imposter-Syndrom).

Danke für deine persönlichen Einblicke. Meine Situation ist, glaube ich, insofern etwas anders, als dass sich (noch) nicht mein gesamter Lebensplan plötzlich in Luft auflöst; bzw. dass es in manchen Punkten eher befreiend ist, wieder neue Optionen und Lebenswege zu haben. Dass eine ganze Welt zusammenbricht, ist momentan eher das Leid der Kinder, was schlimm genug ist.

Auch das Problem der unerfüllten sexuellen Fantasien haben wir seit Jahren versucht anzugehen, jetzt nimmt das Ganze einfach eine eher unerwartete, schnelle Wendung.
Deshalb habe ich im Vergleich nicht das Gefühl, mich völlig neu erfinden zu müssen. Oder kurz gesagt:
Meine Frau mag momentan ihre Midlife-Crisis haben und den Wunsch, sich ganz neu erfinden zu müssen, ich habe das vor Jahren schon durchgemacht; und ich war auch nie so festgefahren, dass ich mich nie verändert oder weiterentwickelt hätte, sondern immer auch offen für Neues war. Ich glaube, das hilft im Moment.

Ich glaube, ein wichtiger Faktor ist die Weiterentwicklung eines positiven Körperempfindens und positive Erlebnisse mit Sexualität. Der Weg dahin führt aber nicht über eine radikale "Neuerfindung" (ERST MAL 30 Kilo abnehmen, ERST MAL ganz neue Frisur, ERST MAL ganz neue Kleidung, ERST MAL sich "neu erfinden"...). Wieso?
Meine Frau hat radikal und zwanghaft 40 Kilo abgenommen und hat sich dadurch körperlich kein bisschen besser annehmen können. Ihre Wahrnehmung hat sich überhaupt nicht positiv verändert.

Ich bin überzeugt, umgekehrt wird ein Schuh draus: Mit einem positiven Selbsterleben verändert sich auch der Körper. Wenn es mir gut geht, fällt es mir leicht abzunehmen, aktiver zu sein, Sport zu machen usw. Gewichtszunahme geschieht bei mir eher unter Stress.
Und wenn man damit wartet, sich selbst positiv anzunehmen, bis man irgendwelche Ziele geschafft hat, dann verlegt man das immer weiter in die Zukunft und schafft es letztendlich nie, weil dann doch immer wieder was ist, was man an sich nicht mag und erst glaubt verändern zu können, bevor man sich positiv wahrnehmen kann.

Damit meine ich nicht, dass es nicht gut wäre, Übergewicht abzubauen oder dass man sich nicht in schönen Klamotten wohl und sexy fühlen kann. Aber wenn man sein inneres Seelenheil an äußeren Faktoren festmacht und glaubt, erst dann glücklich werden zu können, wenn man etwas Bestimmtes geschafft oder erreicht hat, dann ist das der sicherste Weg zum Misserfolg.

Was mir momentan viel hilft, ist häufiges Saunieren und das damit verbundene Sich-Erleben unter anderen nackten Menschen, von denen manche ansehnlicher, manche weniger ansehnlich sind. Da wird man sehr geerdet und bekommt ein Gefühl, ok zu sein.

Und wenn man das als bisexueller Mann noch in einer gay Sauna machen kann, dann erlebt man sogar, dass der eigene Körper durchaus auch sexy auf andere wirken kann. Das gibt ein gutes Gefühl. Und sorry, liebe Frauen, meiner Erfahrung nach können das schwule Männer einfach besser kommunizieren als ihr.

Möglich - aber ich kenne keine vergleichbaren Umgebungen mit Frauen.

Ja, aber genau da merke ich ja den Unterschied. Entweder Frauen tun sich da schwerer, mir zu vermitteln, dass sie mich attraktiv finden als Männer, oder ich bin einfach total blind dafür. Kann beides sein.


Ist da nicht das Problem, dass in solchen Clubs eher Frauen mit finanziellem Interesse zu finden sind? Ist ja sowieso ein Phänomen: Schaut man sich beispielsweise Kontaktanzeigen an, scheinen Frauen sehr viel häufiger ein finanzielles Interesse zu haben als Männer. Und zwar ganz unabhängig von der eigenen Attraktivität. Gibt natürlich auch männliche Callboys oder (vor allem Jüngere), die ein "Taschengeld" wollen oder ihre Attraktivität zu Geld machen wollen, aber in schwulen Kreisen scheint das gegenseitige Verlangen nach Sexualität sehr viel mehr ausgeglichen zu sein - es zeigt also mindestens so oft jemand Interesse an einem wie umgekehrt. Wenn es um Sexualität mit Frauen geht, sind da meine Erfahrungen ganz andere - ob das jetzt nur an meiner Wahrnehmung liegt oder doch einen Unterschied zwischen Männern und Frauen zeigt, weiß ich nicht. Ich vermute aber Letzteres.