Keine Augenhöhe im BDSM möglich?

@*******eyn
Ich verstehe, was Du meinst.
Wir hatten so eine ähnliche Diskussion darüber am Anfang unserer Beziehung. Ich meinte, ich möchte keine Augenhöhe, und er meinte, er möchte mit mir diskutieren und auch hören, wenn ich eine konträre Meinung habe. Zum Beispiel.
Wir haben dann festgestellt, dass wir beide das Gleiche meinen, es nur anders ausdrücken. Natürlich möchte ich auch frei reden und diskutieren mit ihm. Also tu ich das. Der Unterschied ist aber vielleicht einfach, dass er - wenn er das möchte - jederzeit sagen kann "Schluss jetzt. Du schweigst jetzt."

In Dein Bild übertragen, bedeutet das, dass ich mit am Tisch sitze, weil er das will. Ich gehe also für ihn vom Boden zum Tisch. Und er kann mich jederzeit wieder vom Tisch auf den Boden schicken.

Sie

@*********Koala genau. Weshalb das für mich dennoch Augenhöhe ist, liegt einfach daran, dass dies von beiden so gewollt ist. Ich gebe die „Macht“ darüber ab, er nimmt sie an.

Eben. Einfach eine andere Interpretation des Begriffs. Eigentlich sind wir wahrscheinlich gar nicht weit voneinander entfernt.

Sie

Schrieb ich "Standesdünkel"? Ich glaube ja.

Ich hatte gerade in einem andere Thread hier einen Gedankenanstoß.

Ja, wir sind auf Augenhöhe, wir haben gleich große Macht, beide 100%, oder jeweils 50%, wie man das auch immer genau betrachten will.

Ich mit meiner Macht, über meine Sklavin jederzeit zu bestimmen, von ihr jederzeit auch im CNC-Kontext all das zu verlangen was wir im Rahmen unseres Metakonsens vereinbart und nicht als Tabu ausgeschlossen haben.

Sie mit der Macht, diesen Metakonsens jederzeit und mit sofortiger Wirkung aufzukündigen.

Die Momentaufnahme ist eine andere Sicht. In dieser Momentaufnahme verzichtet sie auf ihren Machtanteil und macht meinen Machtanteil damit zu 100% indem sie ihren Machtanteil auf 0% reduziert.

Ja, wir sind auf Augenhöhe, auch wenn genau diese Momentaufnahme Augenhöhe ausschliesst.

Vielleicht hiflt ja Schrödingers Katze aus diesem Dilemma.

LG, BoP (m)

Schrödingers Katze ist ein toller Vergleich!

Sie

Das mit der Augenhöhe gerät für mich im BDSM viel zu sehr zum theoretischen Machtkonstrukt. Wer liegt unter oder über der Augenhöhe des anderen, wenn beispielsweise ein Top nicht weiß, was er will, mit sich selbst immer wieder nicht klarkommt oder ein Bottom viel versierter und souveräner in Alltags- und Beziehungsfragen ist? Berühren die sich überhaupt mal auf Augenhöhe?

In welcher Beziehung, ob mit oder ohne BDSM, wäre Augenhöhe überhaupt annähernd möglich? Es gibt immer "Höhenunterschiede" zwischen Partnern, die mit Alter, Lebenserfahrung, Sozialisation, Charakter, Gesundheitszustand, Bildung usw. zusammenhängen. Wie frei hat sich jemand von der Person gemacht, die das Ergebnis von Erziehung, Prägung, sozialer Stellung in der Entwicklungsphase war? Abgenabelt oder noch nicht, kann man überhaupt auf Augenhöhe kommen, wenn man noch nicht frei ist?

Ich erinnere mich an keine Beziehung, in der Augenhöhe zwischen einer Frau und mir bestanden hätte.

Und dann kommt im BDSM noch das Ding mit der Bedürftigkeit dazu. Dieser umwegige Sex, der so stark nach dem Bedienen von submissiven Triggern verlangt und erst dann die Glücksstoffe im Hirn ausschüttet und die im schlechtesten Fall überhaupt keine andere Sexualität mehr zulassen. Muss man da noch über Augenhöhe nachdenken? Da kann der Partner noch so viele ideelle Freiräume für "Augenhöhe" schaffen, sie werden nicht eingenommen. Außer es gibt einen Emanzipationsprozess, doch wer will den schon im BDSM.

Für mich bedeutet Augenhöhe das, was ich mit meinem Ehemann lebe. Es gibt Bereiche, da ist er mir überlegen. In anderen Bereichen bin ich ihm überlegen.

ABER es herrscht kein Machtgefälle.
Keiner ordnet sich dem anderen unter. Weder seine, noch meine Bedürfnisse werden grundsätzlich an erste Stelle gesetzt. Es ist mal so, mal so. Je nachdem, um was es geht, wie sich beide fühlen, und so weiter.

Das bedeutet für mich persönlich Augenhöhe.

Mit meinem Herrn ist das anders. Da gibt es ein gewolltes Machtgefälle. Keine Augenhöhe im oben genannten Sinn.

Für mich sind das zwei ganz unterschiedliche Beziehungsmodelle bezüglich Augenhöhe.

Sie

Wenn man Augenhöhe an messbaren Attributen und Fähigkeiten festmacht, dann ist das sicher so.
Aber das ist für uns kein Kriterium für Augenhöhe.

Wir sehen da eher die gegenseitig gleich entgegengebrachte Wertschätzung als einen Aspekt der Augenhöhe, den auch BDSM nicht aushebeln darf, und dann die vereinbarte Art der partnerschaftlichen Entscheidungsfindung, bei der in unterschiedlichen Lebensbereichen der Schwerpunkt auch nur bei einem liegen kann.

Das macht eigentlich jedes Paar unabhängig vom BDSM vernünftigerweise so miteinander aus, dass Interessen und Fähigkeiten von jedem optimal berücksichtigt werden. Insofern muss gleiche Augenhöhe nicht mal gleiches Tun oder gemeinschaftliche Entscheidungsfindung bedeuten, wohl aber im Allgemeinen immer noch gleiche Verantwortung beider und Handeln, das unmittelbar und umfassend zu gleichen Teilen den Interessen beider dienlich ist.

Und genau nur dieser letzte Punkt ist es, der unserer Meinung nach im BDSM meist anders definiert oder empfunden wird, wenn ein Machtgefälle entsteht und dann davon gesprochen wird, dass die Augenhöhe im gemeinsamen Handeln oder Leben verlassen wird.

LG, Fix & Foxy

Das meinte ich mit bildlichen Denken und wenn Augenhöhe in einzelne Sequenzen unterteilt wird und nicht als großes Ganzes gesehen wird, dann findet oft keine Augenhöhe statt und zwar wie beschrieben sobald das Machtgefälle einsetzt.

Sehe ich aber Augenhöhe wie Ying und Yang, als Basis, dann ist für mich wiederum Augenhöhe vorhanden.

"Natürlich muss man Männer nehmen wie sie sind, man muss sie aber nicht so lassen " - hat mal eine Hollywood-Diva gesagt.

Männer wünsche sich im Grunde immer dasselbe - eine Partnerin soll einfach so sein und bleiben wie in den ersten Wochen der Beziehung. Dabei steht der Sex natürlich ganz weit oben, dahinter folgt das Verständnis für seine sonstigen Belange.

In aller Regel beginnt das Spiel mit der " Augenhöhe" nach ein paar Monaten, spätestens wenn Zwei zusammen ziehen. Dann wird auf einmal an allen Ecken gefeilt, seine Erziehung beginnt bis er nachgibt, man könnte sagen sich ergibt , oder sich eine wundert weshalb die schöne Beziehung zügig endet..

In einer D/S geprägten Beziehung treffen sich zwei Leute, die passend gepolt sind, über Augenhöhe in bestimmten Bereichen nicht sprechen wollen und brauchen. Wenns dann noch im Alltag funktioniert, ist s der Jackpot.

Ich glaube, das gilt für Frauen genau so, dass der Partner im Großen und Ganzen so bleibt, wie sie ihn kennen gelernt hat, nämlich aufmerksam, zugewandt, zuvorkommend und auf sein Äußeres achtend.

Einerseits ja, andererseits gibt es doch Bestrebungen ihn im Sinne der Frau "positiv" zu verändern. "Du würdest mir viel besser gefallen, wenn du ..." ist da nicht ganz unhäufig gebraucht.
Dass das dann nicht mehr der ist, als den sie ihn kennengelernt und in den sie sich verliebt hat, die Erkenntnis kommt dann oft erst hinterher ...

Aber wir sind hier im BDSM-Kontext, und da ist wieder die Rolle entscheidend, wer Top und wer sub ist. Und da unterscheiden sich D/s-Beziehungen in meinen Augen von solchen auf Augenhöhe. Natürlich ist beides möglich, bei den gleichberechtigten Partnerschaften findet BDSM halt dann "nur" im Spiel bzw. Bett statt. Aber sowie einer dem anderen sagt, wie er sich zu geben, stylen, verhalten hat, ist die Augenhöhe schon nicht mehr gegeben. Meiner Meinung nach.

In der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt dutzende, wenn nicht sogar hunderte von Transaktionen - pro Tag. Für jede einzelne dieser Transaktionen kann eine Augenhöhe bestehen oder eben nicht. Jedoch ist Augenhöhe die beste Grundlage für eine erfolgreiche Kommunikation. Ein Top kommt also gar nicht umhin, mit seiner Sub auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Eine Kleidervorschrift hat erstmal nichts mit Augenhöhe zu tun, sondern ist eine Regel, die für die Beziehung zwischen den Partnern vereinbart wurde. Man könnte jetzt noch hunderte von diesen Regeln aufstellen (als Ausdruck eines Machtgefälles) - jedoch verändern diese Regeln nichts an der Augenhöhe zwischen den beteiligten Personen.

Eine fehlende Augenhöhe ist somit kein Ausdruck für ein bestehendes Machtgefälle, sondern mehr ein Zeichen, für Kommunikationsschwierigkeiten in einer Beziehung.

Die Krux ist einfach, dass die BDSMer, den Begriff Augenhöhe als Kofferwort benutzen und jeder nach Gutdünken seine eigen Interpretation reinpackt.

Na ja, das hat aber eher mit Äußerlichkeiten zu tun und nicht unbedingt mit "aufmerksam, zugewandt oder zuvorkommend" sein.
Und "auf sein Äußeres achtend" meint eher, dass er sich nicht gehen lässt und sich zum Nachlässig-Schlunzigen verändert. Soll vorkommen - übrigend bei beiden Geschlechtern

Ich denke, es kommt darauf an, was man unter Augenhöhe versteht. Mir z. B. ist geistige Augenhöhe sehr wichtig, eben, dass man sich gegenseitig geistig gewachsen ist. Ansonsten ist gar keine zufriedenstellende Kommunikation möglich.

Ansonsten ist bei mir nur Machtgefälle möglich. Man kann dann natürlich ein positives wohltuendes Machtgefälle als spezielle Form der Augenhöhe interpretieren.

Ich sehe das bei mir so: Mit Macht kann ich nicht, das ist nicht meine Welt, daher überlasse ich diese Welt gerne jemand anderem. Das tut mir gut und befreit mich. Umgedreht liegen mir Dinge, die meinem Gegenpart nicht liegen. So ergänzt man sich dann.

Auf einer Ebene ist er mir voraus, auf einer anderen ich ihm. Wenn ich ihm auf einer anderen Ebene nicht umso mehr bieten könnte, dann hätte ich das Gefühl, ich würde ihn ausnutzen.