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Eine 24/7-BDSM-Beziehung wäre, wenn man ununterbrochen miteinander Tennis spielt. (Nicht sehr realistisch, ich weiß.)
Das ist ein Missverständnis, das ich oft lese. So etwas könnte und würde nicht funktionieren.
Für mich liegt der Unterschied an einer anderen Stelle: Punktuell oder alltäglich. In einem punktuellen Tennismatch verausgabt man sich, und daneben ist dann kein Raum mehr für den Rest des Lebens. Wenn man nicht auf einer Insel lebt, auf der für alles andere gesorgt ist, kann man so nicht dauerhaft leben. Und vermutlich will man es auch nicht. Punktuelle Sessions können herrlich sein. Ich liebe sie sehr. Aber sie sind, egal, wie subtil die Dominanz daherkommt, körperlich. Punktuell. Auf den Punkt gebracht. Selbst, wenn man mal ein Spiel damit spielt, die Erfüllung über ein, zwei Wochen hinauszuziehen, bleibt es punktuell.
Das Alltägliche ist etwas, was die meisten, die BDSM praktizieren, überhaupt nicht wollen. Eine gute Paarbeziehung funktioniert immer auf Augenhöhe.
Wenn es in den Bereich 24/7 hineingeht, geht es um etwas, was ganz anders ist als das Punktuelle. Nur, weil man das eine mag, mag man nicht automatisch auch das andere - und umgekehrt. Für mich ist das Punktuelle stärker im Körper verankert, und das 24/7-Alltägliche stärker und vor allem in meinem Herz.
"Ich werde dir gehorchen, was auch immer du von mir verlangst" wird dann zu einer zutiefst individuellen Art, Ich Liebe Dich zu sagen. In den meisten Fällen sehr ungesund. Und doch ist es meiner Ansicht nach eine Art des Liebens, die genauso in Ordnung ist wie beispielsweise homosexuelle Liebe. Nur, weil man selbst nicht so fühlt, kann man m. E. trotzdem akzeptieren und respektieren, dass andere Menschen auf diese Weise lieben wollen. Und dass sich das "ich liebe dich" auf diese Weise richtiger anfühlt als auf jede andere Art.
Das Problem ist, dass wir in unserer Gesellschaft nirgendwo darauf hingewiesen werden, dass es diese Art von "ich liebe dich" auch geben kann. Und oft ist so eine Art von Gehorsam auch zutiefst ungesund, sind wir ehrlich. Vor allem, wenn man an einen Narzissten gerät, der den Gehorsam und die Hingabe gern annimmt, um sich größer zu fühlen, und dann so etwas erzählt wie, dass es alles ja freiwillig sei und man es nicht tun müsse.
Es ist immer unglaublich brutal, wenn man sein Herz für einen anderen öffnet und ganz tief aus dem eigenen Zentrum "ich liebe dich" sagt. Andere können die Liebe erwidern, oder auf fürsorgliche Weise ablehnen - oder sie können die Liebe für ihren eigenen Vorteil ausnutzen.
Gerade bei dieser Art von Liebe (Hingabe und Gehorsam) funktioniert das Ausnutzen besonders leicht. Der Hingebende gibt, der andere nimmt. Für den hingebenden Menschen fühlt sich das auf einmal in einer Weise richtig an, wie in keiner anderen Partnerschaft. So ähnlich (stelle ich mir vor) wie der erste Kuss einer lesbischen Frau mit einer anderen Frau. Jetzt stimmt endlich etwas, was vorher nicht gestimmt hat.
Aber niemand warnt einen: Prüfe sorgfältig, wem du diese Hingabe gibst. Ganz egal, wie richtig sie sich für dein Herz anfühlt: Schau dir den Menschen gründlich an. Prüfe, was er dir zurückgibt. Ist es safe und sicher? Sieht er dein Herz als etwas unglaublich Wertvolles an, oder bist du in eine Falle getappt und hältst dein Herz für wertlos, weil bis hier niemand diesem Herz die angemessene Wertschätzung (Hingabe annehmen) gegeben hat?
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Es ist etwas anderes, als jeden Tag nonstop Tennis spielen.
Es ist die Frau, die vor einer gefährlichen OP im Krankenhaus liegt und ihren Halsreif betastet, bis sie ihn abgegeben muss: Ich bin sein Eigentum. Ich werde geliebt und bin in Sicherheit.
Es ist der Mann, der jeden Tag nach Feierabend in der Werkstatt bastelt, um ein Halsband von einzigartiger Schönheit zu erschaffen, so wie die Frau in seinem Leben es sich gewünscht hat.
Es ist die Frau, die jeden Tag von ungläubiger Zärtlichkeit erfüllt ist, weil der Mann in ihrem Leben ihr dieses Halsband bastelt, damit sie es ihm anlegen kann. Weil er den Kaffee vorbereitet und auf die Knie geht, wenn sie nach Hause kommt, damit sie in Ruhe trinken kann, und mit verliebten Lächeln auf den Kuss von ihr wartet, der sagt: Okay, zurück zum Alltäglichen, aber wer weiß, was später passiert.
Es ist der Mann, der vor einer wichtigen Besprechung aus dem Fenster sieht, seine Kräfte sammelt und sich vorstellt, wie die Frau in seinem Leben auf der anderen Seite des Raumes kniet, ihre Brüste anhebt und ihm dieses scheue, mutige Lächeln zuwirft, das sagt: Du bist Gott in Menschengestalt, du kannst alles erreichen.