Weil sich hier einige an der Bezeichnung Spielbeziehung so hochziehen und offensichtlich unmittelbar Wertungen damit verknüpfen, möchte ich etwas aus meiner Erfahrung zu bedenken geben.
In meinem Meisterkurs bzw. dem Teil des Ausbilderscheines (IHK nicht BDSM) hieß es, dass man in einem guten Rollenspiel nicht mehr zwischen Spiel und Realität unterscheiden könne.
Auch erinnere ich mich noch gut an meinem Einwurf, dass dies natürlich sehr einfach möglich sei und das Rollenspiel der Teil wäre, in dem man sich so albern vorkommt.
In meiner Ausbildung für die Krisenintervention wurden zur Übung auch Rollenspiele gemacht. Uns wurde vorher auch ausführlich erklärt, wie wir aus diesen wieder aussteigen können und was uns dabei hilft. Und ich hielt es für sehr albern…
In einem dieser Rollenspiele ging es dann um das
Überbringen der Todesnachricht. Und ich erinnere mich noch gut, wie ich dabei den Betroffenen spielte als es losging.
Die nächste Erinnerung ist, dass ich diese Stimme sehr weit entfernt hörte, um mich herum nichts mehr wahrnahm und mit meinen Gedanken alleine war.
Man erklärte mir sehr ruhig und sachlich, dass meine Frau tot sei. (Was ja Ziel der Übung war.)
Die Stimme nahm ich wahr. Die Nachricht, die mir überbracht wurde auch. Und ich erinnere mich an diesen wahnsinnigen Schmerz über diesen Verlust. Meine Gedanken, was wir noch alles für Pläne hatten. Was wir noch alles gemeinsam tun wollten.
Dass wir zwei doch noch gemeinsam…
Und erst da stolperte ich über die Frage, was wir denn eigentlich gemeinsam tun wollten. Es fiel mir nicht mehr ein. Trotzdem brauchte es noch einen Moment zu begreifen, dass ich gar nicht verheiratet bin und niemals war. Dass es zu diesem Zeitpunkt nicht einmal eine Partner*in in meinem Leben gab.
Dass ich in einem Raum mit mehreren Menschen sitze und dies ausschließlich eine Übung ist.
Ich bin reflexartig aufgesprungen, durch den alarmgesicherten Notausgang auf die Fluchttreppe ins Freie und habe gute 10 bis 15 Minuten gebraucht, um mich wirklich wieder zu fangen.
Es ist mindestens 6 Jahre her und bis heute kann ich diesen Schmerz dieses Verlustes in dieser Situation spüren, wenn ich daran zurückdenke.
Schmerz und das Gefühl von Verlust, den ich so nicht einmal empfunden habe, wenn real Menschen verstorben sind, die mir sehr nahe standen.
Wegen einer fiktiven Person in einem Rollenspiel von vielleicht fünf Minuten!
Können wir also bitte aufhören, darüber zu spekulieren und zu urteilen, welche Art von Gefühlen in etwas entstanden ist, dass die Beteiligten mit dem Wortbestandteil
Spiel bezeichnet haben? Und können wir dann bitte auch insbesondere die Wertung des Gefühls von Verlust einer Person bzw. Beziehung, über die wir nichts wissen zu unterlassen?!