Danke für dieses Thema, da Du damit die Fragen stellst, die mir im angesprochenen
Thema gefehlt haben.
Meine Sexualität hat sich über die Jahre sehr stark verändert. Sowohl in Hinsicht auf Beziehungskonzepte als auch in Bezug auf Vorlieben. Je mehr ich es jedoch ergründe, desto eher erkenne ich, dass vieles davon schon in der Kindheit oder spätestens Pubertät vorhanden war, aber lange ausgeblendet wurde, weil es
nicht sein durfte.
Eine große Sache ist, dass
Monogamie für mich noch nie funktioniert hat. Lange dachte ich, dass Monogamie die einzig mögliche (ernsthafte) Beziehungsform sei. Daraus zog ich dann irgendwann meinen Schluss, dass Beziehungen nur ein Wettrennen sei, wer wen zuerst betrügen würde. Denn genau das war es, was ich erlebt habe.
Mit diesem Glaubenssatz, dass Monogamie indiskutabel sei, lief es immer darauf hinaus, dass man nicht offen darüber sprach und einer von beiden die eigenen Bedürfnisse (früher oder später) heimlich befriedigte und man sich manchmal zeitgleich betrog.
Dass Treue nichts mit sexueller Enthaltsamkeit zu tun haben muss, ging mir erst viel später auf.
Ein
Aha-Erlebnis war dabei eine Freundin, die verheiratet war, ohne dass ich es wusste. Sie arbeitete in der Pflege als Zeitarbeiterin für verschiedene Heime, die gerade Bedarf hatten an den jeweiligen Orten. Ihre Wohnung habe ich daher nie gesehen.
Irgendwann habe ich sie mehr aus Langeweile als aus echter Neugierde
gegoogelt. Und dabei fand ich eine Glückwunschsanzeige zu Ihrer Hochzeit (Jahre zuvor). Darauf angesprochen erzählte sie, dass sie verheiratet gewesen wäre, aber es unschön geendet hätte.
Als ich eine Freundin von ihr kennenlernte, diese mitbrachte, weil mit dieser ein FFM geplant war, erwähnte diese in einem Gespräch mal beiläufig
ihren Mann. Daraufhin erklärte sie mir später in einem Zweier-Gespräch, dass sie noch verheiratet sei, es dabei aber weniger um Liebe ginge, sondern mehr darum, dass ihr Mann sonst abgeschoben worden wäre. Seine Familie habe aber sehr viel Geld und würde sie als Gegenleistung entsprechend regelmäßig finanziell
entschädigen.
Irgendwann sprach ich eine andere Freundin von ihr direkt darauf an, was eigentlich Phase sei, als wir irgendwie auf dieses Thema kamen oder es mir einfiel.
Und diese erzählte mir, dass besagte Erste nicht nur verheiratet sei, sondern mit Selbigem auch sehr glücklich wirke. Der Teil der reichen Familie (die ebenfalls in Deutschland lebt) und ihren finanziellen Vorteilen durch das Einkommen des Mannes stimmte. Der Zwang dahinter nicht.
Was mich an der Sache störte, war, dass sie mich belogen hat. Zu Anfang war ich sehr verletzt. Aber dann erkannte ich, dass deshalb der Sex nicht schlechter war und auch die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben, bevor ich davon wusste, trotzdem außergewöhnlich schön war. Und das brachte mich zu dem Schluss, dass die Probleme, die ich damit hatte,
nur in meinem Kopf existieren konnten.
Wir haben offen darüber geredet und hatten danach noch eine sehr gute Zeit, bis ich dann auch ihre Freundin gut fand, was sie auf der anderen Seite nicht akzeptieren konnte, als ich dies offen kommunizierte.
Die Entdeckung danach, dass es so Dinge wie Polyamorie gibt, ich also gar nicht so ein Freak sein könnte und es Menschen gibt, die sich damit offen auseinandersetzen, war für mich eine Erfüllung oder eher Erleichterung. (Dass Poly nicht gleich Poly ist und in dieser
Szene manche Menschen nicht striktere Regeln haben und intoleranter wirken als die meisten
Monos ist dann noch mal eine komplett andere Geschichte.)
Mit
dem BDSM war es sehr ähnlich. Ich wusste, dass es
S/M gibt.
Das sind irgendwelche Frauen in Lack-Klamotten auf viel zu hohen Stiefeln, die mit einer Gerte seltsamen Typen den Hintern versohlen, während diese viel Geld dafür zahlen. war dabei mein Bild im Kopf. Machen nur komische Männer bei bezahlten Frauen. Mehr gab es in meiner Vorstellung nicht. Habe ich mich auch nie mit beschäftigt. Wieso auch?
Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass ich
härteren Sex mag. Mir dabei zu nehmen, worauf ich gerade Lust habe, hat mir gefallen und den Frauen auch. Dabei mal ein Klaps auf den Hintern war auch reizvoll und manche wollte auch noch einen zweiten...
Eine Partnerin kam mal damit an, dass ich sie doch fesseln könnte, um mich dann
zu bedienen. Erst mit Tüchern von ihr, dann mit meinen Krawatten, damit es besser hält, wir probierten uns aus und fanden gefallen.
Ihr gefiel es auch sehr, wenn ich mir genommen habe, wonach mir war, ohne zuvor zu fragen oder ihr sagte, was sie zu tun habe. Das führte zu noch mehr Sex an den unmöglichsten Orten und Situationen, immer wenn es mir in den Sinn kam, schon um zu testen, wie ernst es ihr ist. (War ihr ernst... Und war sehr gut... Gibt bestimmt noch manches Video von Überwachungskameras, auf die ich nicht geachtet hatte...)
Einige Zeit später meldete sich eine Ex bei mir, dass sie große Lust auf Sex mit mir hätte. Sie war damals in der Nähe von Nürnberg, in einem Kaffe und ich in München. Fahrtzeit um die 2 1/2 Stunden... Ich hätte zu ihr kommen müssen, da sie zwar besuchbar, aber nicht mobil war. Und ich weiß noch, wie ich ihr schrieb, dass ich nicht bereit wäre für "nur Sex" 2 1/2 Stunden einfache Fahrt auf mich zu nehmen, weil ich den auch einfacher haben könnte, wenn ich das wollte.
Mir war nicht klar, dass sich Frauen offensichtlich über wirklich alles unterhalten, wenn diese sich gut kennen. Sie hatte sich wohl ausgiebig mit der Frau, mit der es die ersten Erfahrungen gegeben hatte, über diese unterhalten und machte mir sehr deutlich klar, dass sie genau das aber davon deutlich mehr wolle.
Auf die Ansage hin wäre ich vermutlich auch zwei Tage Fahrtzeit irgendwo hingefahren... Damit hatte sie mein Interesse geweckt.
Da sie auch klar formulierte, dass sie nicht nur Schmerzen wolle, sondern auch entsprechende Aufgaben sie reizen, würde (und ich weder Ahnung noch irgendwas an Material hatte), habe ich ihr damals aufgetragen, entsprechende Reit-Fachgeschäfte in ihrer Nähe zu suchen. Ich hatte absolut keinen Plan, was oder womit ich etwas tun sollte. Nur das eine Gerte dazu gehört, war mir irgendwie
klar.
Wir sind dann wirklich zu einem Reit-Fachgeschäft gefahren und auf die Frage, was ich suchen würde, habe ich eben nur gewusst, dass es eine Gerte sein soll. Dass es auch dabei Unterschiede gibt, war mir ebenso nicht bewusst. Fachgeschäft ist aber Fachgeschäft. Also war schnell klar, dass es eine Springgerte sein soll. (Wie die aussehen müsse, war mir ja halbwegsklar von denen, die ich bereits bei Pferden gesehen hatte.)
Die Dame legte mir danach eine ganze Auswahl vor und erklärte mir sehr sachkundig zu jeder Gerte die Vor- und Nachteile. Meine Begleitung stand nur stumm daneben und versank vor Scham fast im Boden. Darüber, dass ich gar nicht erwähnt hatte zu welchem Zwecke ich die Gerte brauchen würde, hatte ich nicht nachgedacht. Und ich bin mir absolut sicher, dass die Dame, die mich dort beraten hat, deutlich mehr Ahnung davon hatte als ich, was ich damit noch anstellen würde. Zwei Stück sind es damals geworden, die ich auch noch habe. Und über eine sehr Kurze, die ich damals nicht mitgenommen habe, ärgere ich mich bis heute.
Wir haben die abends noch ausprobiert. Auf den Hintern schlagen wusste ich ja... Und dann hat sie ihre Hände schützend davor gehalten, weil sie es zwar wollte, aber eben doch Angst hatte. Ich schlug versehentlich auf ihre schützend davor gehaltenen Handflächen. Sie jaulte, zog die Hände weg und ich schlug direkt auf den Hintern und hatte verdammt viel Spaß.
Ich weiß auch noch, dass ihr "nur geschlagen werden", nicht reichte. Sie wollte "dienen". Ich weiß noch, wie sie mich beim gemeinsamen Einkaufen fragte, worauf ich an Süßigkeiten Lust hatte. Ich weiß noch, wie sie diese später auf einen Teller gelegt hatte, damit nackt ins Zimmer kam und sich vor mich kniete, um mir diese zu übergeben. Und auch wie albern ich mir dabei vorkam, dass sie dort kniete, weil "Mann" doch Frauen nicht so behandeln könne.
Nach diesem sehr ereignisreichen Wochenende kam ich dann mal auf die Idee, dass ich mich doch darüber informieren könnte, ob auch andere Menschen schon mal solch seltsame Dinge getan haben bzw. dazu eine Meinung haben.
Aus der Erkenntnis heraus, dass alles war wir da gemacht haben vollkommen "normal" und "in Ordnung" war einfach, weil wir Spaß daran hatten und es beide wollten, hat sich eine komplett neue Welt eröffnet.
Mit den ersten Erfahrungen auf JoyClub und auch den ersten Besuchen verschiedener Veranstaltungen wurden dann auch die Kontakte und der Austausch größer und
diverser.
Ich erinnere mich noch gut, wie ich hier ein Profil gefunden hatte, in der sich als
Dame mit Sti(e)l beschrieben wurde und wie schräg ich das fand. Bis selbige Dame am darauf folgenden Wochenende in einer frivolen Bar, in die ich mit meiner Begleitung damals so gut wie jedes Wochenende gegangen bin, vor mir stand und mich ansprach, ob ich sie erkennen würde. Ich erkannte sie dafür aber mich nicht wieder.
So viele Vorurteile und Glaubenssätze in meinem Kopf waren in diesem Moment nicht mehr da. Ob bzw. was da nun zwischen ihren Beinen sein würde oder nicht, war komplett uninteressant. Dieser Mensch stand vor mir, wirkte so unheimlich sexy und das Gespräch floss so vollkommen zwanglos dahin, als würden wir uns bereits seit Jahren kennen.
Auch diese Erfahrung brachte mich dazu, vieles unvoreingenommener anzugehen. Und in den Jahren danach hatte ich so viele tolle und teils extrem intensive Erlebnisse mit verschiedensten Menschen, die ich nicht mehr missen möchte.
Die Erkenntnis, dass ich mich nicht auf fremd geprägte Glaubenssätze, Geschlechter-Einteilungen und "Regeln" verlassen muss, hat vollkommen neue Welten eröffnet.
Aus dieser Sicht heraus sind meine Neigungen also extremer und trotzdem normaler geworden.
Gleichzeitig habe ich aber ebenso das Gefühl, dass ich eigentlich noch gar nichts weiß und kenne, weil es so viel mehr zum Ausprobieren und Erleben gibt.