Das Problem kenne ich von vielen Gesprächen im Bekanntenkreis, Clubmail-Konversationen hier im Joyclub, von anderen Themen hier im Forum und aus der Literatur.
Lasse mich erstmal rekapitulieren und einige Überlegungen anstellen.
Ihr seid seit ungefähr eurem 20-sten Lebensjahr zusammen. Damit dürftet ihr kaum Erfahrungen mit anderen Partnern in längeren Beziehungen haben. Deine Frau hatte nach deinen Aussagen noch nie wirkliches Interesse am Sex. Verschiedene Versuche das zu ändern haben nichts gebracht. Über dich selbst und deine tatsächlichen Bedürfnisse und Wünsche schreibst du nichts.
Unklar bleibt, ob bei euch nur penetrativer Sex nicht läuft, ob es andere sexuelle Spielarten gibt, die einer von euch preferiert aber der andere nicht liefert, oder auch, ob es gar keine körperliche Intimität gibt. Ebenfalls unklar bleibt, ob deine Frau etwas ändern will. Ich unterstelle, dass sie das nicht will.
Scheinbar hat sich etwas bei dir im Laufe der Jahrzehnte geändert, bei deiner Frau aber nicht. Du warst ja offenbar bislang zufrieden und sie ist es noch immer.
Wie auch immer: Du hast dein Problem mit deiner Sexualität, du kannst sie nicht leben. Ob sie eines mit ihrer hat, ist eine andere Frage und zwar eine, die sie für sich angehen muss.
In einer Ergänzung schreibst du: Schatz mach dir nen Wein auf , der tatort fängt gleich an ich geh rüber zu Uschi ne Runde vögeln" ........neeeee! - Das klingt für mich so, als ob du auf dem Standpunkt stehst, deine Frau müsste dein Problem für dich lösen. Nein, muss sie nicht und wird sie auch nicht.
In einer anderen Ergänzung schreibst du sinngemäß, dass das Kind "Pflicht" war. Jeder im Bekanntenkreis hat ein Kind gemacht, dann ihr auch. Ich kenne eine gescheiterte Beziehung mit drei Kindern, bei der die Frau vor der Heirat nur zwei Fragen geklärt haben wollte: 1. Willst du ein Haus? 2. Willst du Kinder? - Die Frage: Willst du mit mir ein glückliches und auch sexuell erfülltes Leben leben stand bei denen nicht im Raum. Du klingst ähnlich.
Generell rate ich zum Besuch bei einem Sexual- und Paartherapeuten. M.E. wäre erstmal zu klären, ob deine Frau asexuell ist. Wenn das der Fall ist, hat sie keine Empfindujngen beim Sex und brucht ihn nicht zum leben. Ein paar Prozent der Bevölkerung werden so geboren. Ich persönlich (und meine Meinung muss niemand teilen) halte Intimität (nicht aber den Wunsch nach Vanillasex) für ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn das fehlt, dann darf man sich Hilfe suchen.
Sehr allgemein frage ich mich: Warum sollte sich nun, nach einem sexarmen Leben, etwas ändern? Und: Bei wem sollte sich etwas ändern?
Letztendlich kann ein Mensch immer nur etwas für sich selbst ändern, nicht für jemand anderen. D.h., wenn du mehr oder anderen Sex willst, kannst du nicht von deiner Frau verlangen, den auch zu liefern. Ich an deiner Stelle würde davon ausgehen, dass deine Frau ihre Sexualität so leben will, wie sie sie lebt. Sie will nichts anderes. Die Ursachen sind dabei egal. Die Frage ist nun: Wie willst du leben? Die Antworten lassen sich strukturierten.
Du willst auch so leben und bist glücklich so, wie es ist. Dann wäre alles gut. - Du fragst aber hier, dem entnehme ich, dass du nicht so leben willst. Auch deinen bisherigen Ergänzungen entnehme ich eher, dass du weißt, was du nicht willst, nicht aber eine Entscheidung fällst, wie du leben willst.
Du findest dich mit der Situation ab. Du nimmst sie hin und änderst nichts (für dich) und damit ändert sich nichts in der Beziehung. - Im Extremfall lebst du dann nicht dein Leben, du findest nicht dein Glück und deine sexuelle Erfüllung, du verleugnest dich selbst. Letztendlich lebst du dann nicht dein Leben sondern das Leben eines anderen, nämlich das eines Mannes, wie ihn sich deine Frau wünscht und der nicht viel mit deinen (aber sehr viel mit ihren) Bedürfnissen zu tun hat.
Du änderst etwas für dich. Das bedeutet vor allem, dass du nicht mehr versuchst, deine Frau "herum zu kriegen". Klar ist: Wenn du nicht (mehr) mit ihr redest und keine Versuche mehr unternimmst, dann ist es nicht so, dass damit das Problem aus der Welt ist. Das solltest du m.E. ihr gegenüber klar aussprechen. Du akzeptierst damit nur, dass deine Frau dir nicht entgegenkommen kann oder will. Du entscheidest dich dafür, nicht mehr als bettelnder, vielleicht nörgelnder, zu kurz gekommener Partner bei ihr aufzutreten. Das heißt aber nicht, dass du für dich hinnehmen musst auf deine Sexualität zu verzichten.
Generell gilt, dass der Partner mit den niedrigeren sexuellen Bedürfnissen das Sexualleben in der Beziehung bestimmt. Ihr seid ein Musterbeispiel.
Problematisch werden Beziehungen wie deine nach allem, was ich bislang erlebt habe, immer nur in der Konstellation, dass ein Partner (du) Bedürfnisse hat, die der andere Partner (deine Frau) einerseits nicht bedient. Andererseits billigt der andere Partner (deine Frau) dem mit "mehr" Bedürfnissen (dir) nicht zu, diese anderweitig zu befriedigen. Etwas anders formuliert ist das eine Kostellation, in der ein Partner über die Bedürfnisse und Gefühle des anderen bestimmen will. Aus meiner Sicht sind das Grenzverletzungen, die unakzeptabel sind. So, wie du nicht verlangen kannst, dass sie "mal endlich Lust hat" kann sie nicht von dir verlangen, dass du im Zölibat lebst.
Wenn du etwas ändern willst, dann kannst du das nur für dich ändern. Letztendlich wird das immer zu einem Entwicklungsprozess führen. D.h., du wirst dich als Persönlichkeit weiter entwickeln. Ob dieser Entwicklungsprozess etwas mit "Uschi von nebenan" zu tun hat oder nicht sage ich damit nicht aus. Sehr wohl wird sich damit, dass du dich als Persönlichkeit entwickelst, eure Beziehung verändern. Ob sich deine Frau dann auch in irgendeiner Form als Persönlichkeit weiter entwickelt, bleibt abzuwarten. Klar ist allerdings, dass nur Persönlichkeiten mit ungefähr gleicher emotionaler Entwicklung miteinander klar kommen. Wird einer reifer, der andere aber nicht, wird das immer problematischer. Versucht die unreifere Persönlichkeit am Ende sogar, den Reifungsprozess des Partner zu blockieren, entstehen Konflikte die zur Trennung führen können.
Ich würde über Möglichkeiten der Änderung der Beziehung nachzudenken, die bislang im Tabubereich lagen. Um ein paar Schlagworte in den Raum zu stellen: Öffnung der Beiehung. Besuch beim Sexual- und Paartherapeuten. Besuch eines Tantraseminars. Erproben gänzlich anderer Spielarten der Sexualität außer Vanillasex. - Und welches Problem siehst du, wenn du eine Beziehung mit "Uschi von nebenan" anfängst? Das kann eine sehr leidenschaftliche Beziehung sein, in der ihr beide genau das findet, was ihr in euren Beziehungen nicht findet. Es kann sehr schön, sehr zärtlich, sehr intim sein. Und nichts davon ist etwas, was deiner Frau fehlen würde, denn dort passiert nichts, was sie von dir wollte, du aber anstatt mit ihr mit jemand anderem lebst. Ist es das weil "man so etwas nicht tut"? Nochmals hinterfragt: Lebst du so, weil du so leben willst, oder weil "man" es nicht anders macht?
Besonders wichtig aus meiner Sicht: Redet nochmals miteinander und frage sehr klar, ob sie grundsätzliches Interesse am Sex hat oder ob sie lieber den Rest ihres Lebens ohne verbringen will - und wie sie sich vorstellt, dass du leben sollst, wenn du bei ihr nicht findest, was du suchst. Setzte dich hin mit ihr, stelle diese Fragen und stehe nicht auf, bis sie eine Antwort gegeben hat. Diskutiert nicht herum, stelle deine Fragen, höre dir ihre Antworten an ohne sie zu kommentieren oder zu bewerten, nimm die Antworten mit und denke darüber nach.