„Früher habe ich auch gedacht, dass sich bestimmte störende Dinge, die den anderen geprägt haben, besser wegstecken lassen, wenn man weiß, woher sie kommen und wodurch sie beeinflusst worden sind.
Solange das mit keinen eigenen Verletzungen verbunden ist, die genau durch dieses Verhalten entstehen könnten, kann es sogar gut gehen.
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Das halte ich auch mit als die wesentlichen Gründen, was solche Mitteilungen bewirken können:
• Verständnis für den anderen Menschen
• Verstehen von Zusammenhängen
• Helfen in Problemlagen
Das Helfen wird aber schwierig bis ggf. gar unmöglich, wenn man selber an vergleichbarer oder zu naher "Stelle" Probleme, Belastungen usw. hat. Manchmal geht es aber auch gar nicht um das Helfen, weil man dies vielleicht gar nicht kann, aber um das Berücksichtigen, Rücksicht nehmen, verständnisvoll und mit Verstanden-Haben mit den betreffenden Situationen umzugehen.
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Beobachtet habe ich aber in meinen Beziehungen, dass das Wissen darüber noch lange nicht bewirkt, dass problematisches Verhalten besser in die Beziehung integriert werden kann.
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Es kommt ja auch auf das konkrete Problem, auf das konkrete Gegenüber und auf die Übermittlung an. (Bitte in diesem Satz keinen Vorwurf sehen.)
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Man versteht dann zwar per Kopf, warum der andere so ist, die eigenen Emotionen ziehen aber nicht automatisch mit. Das größte Verständnis und die plausibelste Erklärung verhindern nicht, dass man selbst auf der Strecke bleibt, wenn eigene wichtige Bedürfnisse nicht erfüllt werden.
Entweder ich kann damit umgehen, oder eben nicht - unabhängig davon, ob ich über die Gründe Bescheid weiß.
Dass das Gegenüber das mitgeteilte versteht und nicht nur zur Kenntnis nimmt, dafür gibt es ja auch keine Garantie. Da hilft eventuell nur die bisherige Erfahrung mit diesem Gegenüber, ob er vermutlich dazu in der Lage sein könnte.
Eine andere Frage ist mir bei dem Zitierten allerdings auch noch entstanden. Es geht um den folgenden Satz:
Das größte Verständnis und die plausibelste Erklärung verhindern nicht, dass man selbst auf der Strecke bleibt, wenn eigene wichtige Bedürfnisse nicht erfüllt werden.
Hier stellt sich für mich die Frage, ob ein Nicht-Mitteilen die jeweils konkrete Lage verbessert hätte.
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Ich selber bin mehrfach traumatisiert und Gewaltbetroffen, war auch mit traumatiiserten und Gewaltbetroffenen Männer zusammen und auch mit Männern, die nicht traumatisiert waren, aber auch ihre Störungen hatten.
Sich auf traumatisierte Menschen einzulassen kann auch ein Ablenkungsmanöver von seinen eigenen Störungen sein, weil der andere ja viel schlimmeres erlebt hat.
Und die Gefahr besteht, wenn man von Traumatas berichtet, man in alte Gefühle abrutscht.
Wenn man gegenseitig von vergleichbaren oder sonstwie in Beziehung stehenden Traumata betroffen ist, halte ich es für vorstellbar, dass man bei allem Mitfühlen-Können (was durch die damit zusammenhängenden Erfahrungen ermöglicht wird) sich vielleicht gegenseitig mit "in die Tiefe reißt".
(Dass ist jetzt aber auch wieder nur "qualifizierte" Küchenpsychologie von mir.)
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Was ich stets als unlogisch empfinde ist, dass man es sich eher zutraut mit einem traumatisierten Partner zusammen zu leben als ein Kind mit einer Vorgeschichte zu adoptieren.
Bei dem Kind heißt es sofort: "Du weißt nicht, was du dir ins Haus holtst."
Aber seltsamerweise sagt man beim neuen Partner eher, wenn dieser etwas Schlimmes erlebt hat: "Gib ihm / ihr Zeit, weil du weißt nicht, was dieser alles schon erlebt hat."
Diese Beurteilung könnte eventuell daraus entstehen, dass die Beurteilenden davon ausgehen, dass eine Beziehung / Partnerschaft leichter bzw. schneller zu lösen sei.