Für mich ist es einfach eine Sache der Logik. Wer sich in einer Therapie befindet hat erkannt, dass er/sie ein Problem hat und dieses Problem lösen möchte, indem die Person lernen möchte, wie man damit umgeht. Denn genau das ist der Sinn einer Therapie.
Damit hat diese Person enorme Vorteile gegenüber Personen, die ein Problem haben, dieses aber nicht lösen möchten oder im Extremfall gar nicht bemerken, dass sie dieses Problem haben.
Es gibt freilich auch Menschen, die kein Problem haben, das sie lösen müssten.
Die sind aber schon recht selten. Leidensdruck gibt es immer irgendwo im Leben, eine Therapie ist also letztlich bei so ziemlich jedem, der wünscht, das Problem damit angehen zu wollen, möglich und auch nicht unsinnig.
Die Kernfrage ist hier, ist es nun ein gutes oder schlechtes Zeichen, wenn jemand in Therapie ist?
Dazu kann ich nur sagen: Beides.
Es ist ein schlechtes Zeichen dahingehend, dass damit feststeht, dass die Person ein Problem hat. Denn wenn sie keines hätte, würde sie ja auch keine Therapie machen.
Im Vergleich zu Menschen, die tatsächlich keine Probleme haben, sind sie im Nachteil.
Es ist ein gutes Zeichen dahingehend, dass sie erkannt haben, dass sie ein Problem haben, und Hilfe haben diesbezüglich. Sie also ihre Probleme gut reflektieren können.
Damit haben sie Vorteile im Vergleich zu Menschen, die ebenfalls Probleme haben, diese aber nicht erkennen oder, schlimmer, nicht erkennen wollen.
Kurz gesagt:
Jemand ohne Probleme - nimmt wohl gerne jeder.
Jemand mit Problemen - nimmt sicher nicht jeder.
Ich persönlich glaube, dass es nur sehr wenige Menschen in diesem Land gibt, die keine Probleme haben.
Weswegen es mir lieber ist, wenn ich weiß, dass mein Gegenüber eine Therapie macht.
Denn dann weiß ich, dass sie sich ihren Problemen stellt.
Ist mir lieber, als wenn mein Gegenüber ein Problem hat und sich diesem nicht stellt.
Einen weiten Bogen mache ich um Menschen, die behaupten, nie Fehler zu machen.
Denn das ist für mich der sichere Hinweis darauf, dass sie auf jeden Fall ein Problem haben, das sie nicht zugeben möchten: Nämlich jenes, (ihre eigenen) Fehler nicht zugeben zu können.
Und damit ein ebenso großes, Fehler bei anderen tolerieren zu können.
Diese Einstellung ist mir noch nie bei Menschen begegnet, die eine Therapie hinter sich haben oder gerade eine machen.
Sehr wohl aber bei welchen, die dies nicht taten.