Mein Mann und ich (seit 36 Jahren ein Paar) reden seit 2 1/2 Jahren über eine Öffnung. Eigentlich müsste es heissen, er schlägt es vor und ich lehne es ab.
Vor 2 1/2 Jahren habe ich erfahren, dass er seit fast einem Jahr eine heimliche Affäre hat. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hat die Affäre beendet, geblieben ist aber sein Wunsch, Sex mit anderen Frauen zu haben.
Ich komme damit nicht klar, in mir sind noch zu viele Verletzungen wegen der heimlichen Affäre. Und ich habe seitdem heftige Verlustängste.
Mein Mann empfindet unsere Beziehung wie ich als sehr schön und glücklich, wir fühlen (wieder) einen große Nähe und Innigkeit zueinander. Auch unseren Sex empfinden wir beide als erfüllend und verdammt gut, wobei eher ich diejenige bin, die gerne noch mehr davon hätte. Die Öffnung wäre also kein Ausgleich eines Defizits auf der Beziehungs- oder sexuellen Ebene. Das ist schon mal wichtig.
Seit wenigen Wochen spüre ich auch bei mir eine leichte Veränderung, auch ich finde den Gedanken langsam reizvoll, meine Lust mit einem anderen Mann ausleben zu wollen.
Wir tasten uns also weiterhin sehr behutsam und langsam an das Thema heran, reden sehr, sehr viel miteinander. Darüber, wie wir uns offene Beziehung vorstellen, wo unsere Grenzen sind, ob es da Gemeinsamkeiten gibt oder wir Kompromisse schließen müssen usw.
Neulich hatte ich ihm vorgeschlagen, das ganze als Experiment anzugehen. Wir öffnen unsere Beziehung und schauen, was das mit uns jeweils macht. Wie fühlt es sich z.B. für mich an, wenn ich weiss, er könnte jetzt mit einer anderen Frau Sex haben? Ist das okay oder ängstigt mich das?
Wie fühlt sich diese Freiheit für ihn an? Sieht er Frauen nun mit anderen Augen? Verändert sich dadurch etwas für ihn? Steigt dadurch das Bedürfnis oder reicht ihm die Option, dass er könnte/dürfte, wenn er wollte?
Wenn es denn dann zum ersten sexuellen Kontakt gekommen ist, treffen wir uns zur "Auswertung" des Experiments. Was macht das mit mir? Entwickeln sich Ängste? Wenn ja, sind die aushaltbar oder lassen die sich durch reden, viel Zärtlichkeit, gemeinsamen Sex usw. ausgleichen? Oder sind die Ängste so groß, dass wir das "Experiment" als vorerst gescheitert abbrechen müssen?
Mein Mann ist sich noch nicht sicher, ob er dieses Experiment eingehen möchte. Er hat wiederum Angst davor, dass er, einmal auf den Geschmack gekommen, nicht weiter machen darf. Dann, so sagt er, möchte er lieber gar nicht mit anfangen.
Es ist also nicht einfach mit einer Öffnung, wenn einer nicht wirklich möchte. Es braucht Zeit und liebevolle Geduld von beiden Seiten.