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Hallo zusammen,
man liest in letzter Zeit verstärkt Berichte zu offenen Beziehungen, aber immer "Friede Freude Eierkuchen" alles toll und jeder hat seinen Spaß!?
Aber es kann doch auch Probleme geben!
Wir führen jetzt seit ca. 12 Jahren eine offene Ehe. Doch das Ganze ist irgendwie sehr einseitig geworden.
Ich hatte mal eine Bekanntschaft für ca. 3 Jahre und ca. 5 Dates in 12 Jahren... sonst nichts!
Es sind nun inzwischen 5 Jahre seit meinem letzten Date und egal was ich probiere, nur Absagen... da kommen natürlich auch Selbstzweifel auf!
Kennt ihr das auch?
Oder was habt ihr für Probleme?
Ich hatte mit meinem Expartner nach vielen Jahren Monogamie am Ende eine offene Beziehung. Und wären wir mit denselben Bedürfnissen, Vorstellungen und Einstellungen zur offenen Beziehung in die hineingegangen und wäre die Kommunikation von beiden Seiten wirklich aufrichtig und ehrlich gewesen, hätte das auch weiterhin klappen können.
Ich sage vorweg: Meiner Erfahrung nach klappen nur ein Bruchteil der offenen Beziehungen dauerhaft. Die Regel ist meinen Beobachtungen nach, dass eine Öffnung der Beziehung der Anfang vom Ende ist. War auch bei uns so. Und sehe ich auch eigentlich bei den meisten. Auch, dass die meisten offenen Beziehungen keine glücklichen Beziehungen sind und mindestens einer damit sehr schnell ernsthaft hadert, oder es immer wieder starke Verunsicherungen gibt und Hoffnungen, der Zustand möge sich auf absehbare Zeit ändern.
Was unsere Probleme waren:
1. Neue, ernstzunehmende sexuelle Bedürfnisse keimten auf
Ich denke, dass dies sogar das Hauptproblem wurde. Dadurch, dass wir frei waren, auch Sex mit anderen zu haben, konnten neue sexuelle Bedürfnisse entdeckt werden und einige davon blieben nicht nur, sie formten die Sexualität in hohem Maße neu. Manches wurde neu entdeckt, anderes wurde eher entfesselt, schlummerte also schon vorher und durfte sich nun endlich zeigen.
Und manche dieser Dinge waren dann nicht mehr wegzudenken, wurden Teil der ureigenen Sexualität, die dann aber in der Paarbeziehung keinen Anschluss mehr fand, weil der jeweils andere damit überhaupt nichts anfangen konnte.
2. Unterschiedliche "Bindungs-Maps"
Grundsätzlich war es bei uns so, dass wir weniger gezielt nach Dates guckten. Ich eigentlich überhaupt nicht, mein Expartner ab und zu, aber meistens nicht. Also wir gingen nicht gezielt mit Absicht auf "Jagd" und suchten aktiv neue Sexpartner. Es war eher ein "Wenn uns jemand begegnet, der uns ernsthaft reizt, müssen wir kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir dem nachgeben".
Mein Exmann und ich haben sehr entgegengesetzte Temperamente - ich bin sehr schüchtern und introvertiert, er ist ein extrovertierter Sunnyboy. Er lernte also grundsätzlich deutlich mehr Menschen kennen als ich und er gestaltete "seine" offene Beziehung so, dass er zwar mehr Sexpartnerinnen hatte, als ich Sexpartner, aber er hatte diese meist nur höchstens drei Monate. Er hatte also mehrere, aber immer eher kurze Begegnungen. Das war bei mir anders. Ich hatte sehr wenige, aber sehr beständige Begegnungen, mit denen mich auch viel Gefühl und Intimität verband.
Ich hatte keine Probleme mit seiner Art, die Sexualität außerhalb der Beziehung zu gestalten, er hatte aber massive Probleme mit meiner Art. So große sogar, dass er die offene Beziehung irgendwann wieder schließen wollte.
3. Fehlende/Unaufrichtige Kommunikation
In diesem Punkt haben wir beide Fehler gemacht. Sein Fehler war es, dass er über seine Bedürfnisse und - wie ich erst rückwirkend erfuhr - auch über unsere getroffenen Abmachungen log. Mein Fehler war, dass ich ihm nicht genügend Raum gab, sich mitzuteilen und mich damals in einer schrecklichen Sturm- und Drangphase befand, in der ich ihn nicht genügend im Blick behielt.
Wenn ich die Vergangenheit betrachte und wie ich mich in der Zwischenzeit entwickelt habe, würde ich persönlich eine obligatorisch monogame Beziehung nicht mehr wollen. Das heißt aber nicht, dass ich eine promiske Beziehung will.
Ich würde mir zukünftig eine Beziehung wünschen, bei der der Fokus auf den Partner extrem groß ist und vor allem die ersten Jahre möglichst exklusiv - nicht erzwungen, ich würde mir einfach einen Partner wünschen, der das genauso sieht und selber so will. Und würde weiterhin den Grundsatz bevorzugen, dass man nicht immer wieder auf "Jagd" geht, weil man "mal was anderes braucht", sondern eben dann mit einer anderen Person intim wird, wenn sie einen ernsthaft reizt und man sie wirklich will, nicht weil sie halt verfügbar ist.
Zumindest meine Art funktioniert so. Ich kann jahrelang überhaupt niemanden außer meinen Partner interessant finden. Und alle Sanktnimmerleinsjahre finde ich mal jemand anderen interessant und es ist dann schön, wenn man dem nachgeben kann.
Aber ich würde zukünftig deutlich besser abwägen, ob sich so ein Abenteuer mit jemandem wirklich lohnt. Ich bereue die Menschen nicht, mit denen ich in der Vergangenheit auch während der offenen Beziehung intim wurde, aber für die Zukunft denke ich, muss mich ein Mensch doch deutlich mehr reizen, dass ich diese Abzweigung nehme und im Zweifelsfall würde ich es sogar lassen und beim Fokus auf meinem Partner bleiben.