Was ist schon normal? Die einen mögen es blöd finden und andere die gar keine Nähe Ihrer Eltern bekommen, die wünschen es sich.
Also ich habe mit meinen Eltern nähe gelebt. Gerade und speziell im Alter war es uns wichtig. Zur Begrüßung gab es immer einen Schmatzer, meist auch auf den Mund. Für mich ist das in Ordnung und auch nicht befremdlich, da es unsere Art von Herzlichkeit war.
Kosenamen im eigentlichen Sinne gab es nicht, nur eine Verkürzung des eigentlichen Vornamen. Ansonsten saß ich oft neben meiner Mutti oder Paps auf dem Sofa. Habe die Hand gehalten, Sie oft in den Arm genommen. Zuneigung und Nähe gezeigt auf nicht partnerschaftlicher Ebene. Wie gesagt, war im Alter in der Pflege später mehr als in jüngeren Jahren. Für uns also ein normal herzlicher Umgang.
In dem was Du beschreibst kann ich aber die gewünschte Distanz nochvollziehen, wenn das Verhältnis schwierig ist.
Ich habe das Gefühl, dass sie da irgendwie versucht etwas nachzuholen oder besser zu machen, wobei der Zug ja schon lange abgefahren ist (ich bin mittlerweile 25). Bisher habe ich es stillschweigend über mich ergehen lassen, wollte sie nun mal auch nicht verletzen. Dennoch jetzt über Weihnachten wollte sie dann am gleichen Abend ein zweites Mal diese extreme Nähe, bei der es mich schüttelt und das habe ich dann auch höflich kund getan. Ihre Reaktion war - wie bei vielen Dingen - Unverständnis und keine Akzeptanz. Sie reagiert i.d.R oft beleidigt und mit Vorwürfen, das lässt sie einen gern spüren. Nun gut, damals hat es mich eingeschüchtert oder dazu geführt, dass ich lauter wurde. Das hat in dem Moment natürlich eher für sie gesprochen, statt für mich. Heute kann ich es gekonnt ignorieren.
An sich Spekulation die Euch beide nicht weiter bringt. Auch etwas auszuhalten um andere nicht zu verletzen ist an sich ein Eigentor. Damit gehen wir Konflikten aus dem Weg, nehmen uns selbst nicht ernst und erwarten es aber doch häufig von den anderen. Schwierig in meinen Augen, denn damit geben wir zudem den anderen überhaupt nicht die Chance zum Wachstum und zur eigenen Veränderung. Nehmen diesem Menschen die Verantwortung für sich selbst zu handeln.
Solange diese Themen wertschätzend kommuniziert werden, gesagt wird wie es einem damit geht, wie man es eigentlich haben möchte, ist doch alles in Ordnung. Wie in Deinem Fall, die Mama es aufnehmen will liegt in Ihrer Verantwortung. Rechtfertigt sicherlich nicht die Ignoranz, aber dran bleiben wird Veränderung bringen.
Kannst Du denn aber Ihre Reakton wenigstens ein stückweit nachvollziehen? Schlussendlich hast Du es lange Zeit toleriert und das wird sie wohl etwas nach hinten geworfen haben.
An der gemeinsamen Kommunikation dürft Ihr vielleicht beide etwas verbessern, denn die eine wie die andere Haltung scheint Euch nicht näher zu bringen.
Die Frage ist dabei, willst Du es überhaupt? Z.B. auch den Besuch als Pflichtveranstaltungen zu benennen bedeutet für mich, für sich selbst keine Verantwortung zu übernehmen. Sich daran dann evtl. zu stören, dass andere das Verhalten (also Pflichtbesuch) und Grenzen nicht tolerieren und ist für mich persönlich ein unglücklicher Ansatz. Damit kann alles nur schief gehen, weil beide nicht Ihre Wahrheit sprechen.
Manchmal hilft es die Verletzungen für sich erst einmal aufzuarbeiten und da scheint viel vorzuliegen. Hier darf man sich selbst und dem anderen verzeihen, was damit nicht bedeutet etwas gutheißen. Es geht dabei um den eigenen Seelenfrieden und ja, da darf man auch sich selbst verzeihen. Eben weil man vielleicht etwas länger als nötig ausgehalten hat.
Wir dürfen bei uns den emotionalen Keller erst einmal aufräumen, um erneut in den Kontakt zu gehen. Damit man -sinn gemäß- das Schwert senkt um auch wirklich für beide eine gute Lösung zu finden.
Bleib dran, auch wenn es erst einmal unrund ist. Nur weil man plötzlich etwas anders macht als bisher, so wird es nicht sofort klappen. Jeder darf sich neu sortieren.
Das laut werden klingt für mich nach gelebter Hilflosigkeit. Was bräuchte es, damit Du klar und wertschätzend in der Kommunikation bleiben kannst ohne Dich getriggert zu fühlen?
Zukünftig vielleicht mit der Haltung. for you for me, for us ins Gespräch gehen, sagen welche eigentliche Bedürfnisse jeweils dahinter stecken wäre doch ein Anfang.
Dazu braucht es aber auch das Interesse am anderen, um zu verstehen und klar zu sein, wo die eigenen Grenzen und die eigenen Wünsche liegen.
Sei mutig