Ein Aspekt, der mir hier ein wenig verloren geht bzw. noch nicht genannt wurde, ist:
Mitunter wird von den Nichtliebenden mehr oder weniger bewusst eine Art Doublebind-Konstruktion entwickelt: Man weiß, dass der andere sich Hoffnungen macht, man verdrängt es, aber man genießt das Gefühl, dass man hier von jemandem viel mehr Aufmerksamkeit, Zuwendung, Hilfsbereitschaft etc. bekommt als in anderen Freundschaften, wo man ähnlich viel zurückgeben müsste. Mitunter finden hier recht unfaire Ausnutzungsspielchen statt, wo man immer wieder mit ein wenig Hoffnung anfüttert, damit der andere an der Angel bleibt und weiterhin all das gibt, was er/sie einem Loveinterest geben würde, statt auf Freundschaftslevel zurückzufahren.
Die Friendzone ist keinesfalls nur der Bereich, wo einer klar gesagt hat: Sorry, nur Freundschaft. Sie ist mitunter auch der Grauzonen-Bereich, wo mit Hoffnungen gespielt wird und immer, wenn der andere zu nahe kommt, etwas von Freundschaft erzählt wird, und immer, wenn der andere sich zu lösen beginnt, wieder ganz subtil Hoffnung gemacht wird.
Solche Mechanismen finden unausgesprochen statt, und meist gestehen sich die Nichtliebenden auch nicht ein, was sie da eigentlich abziehen. Wie in jedem Doublebind kann es hier helfen, auszusprechen, was da eigentlich stattfindet:
"Vor zwei Wochen hast du gesagt, der perfekte Freund müsse so sein wie ich. Trotzdem scheint es für dich selbstverständlich zu sein, dass es zwischen uns nie eine Partnerschaft geben wird. Ehrlich gesagt ist das für mich verwirrend und schafft Unbehagen, welche deiner Aussagen ich jetzt ernst nehmen und glauben soll. Kannst du mir hier helfen und Klarheit schaffen?"
Oder auch:
"Du hast mehrfach gesagt, dass du dich noch nie bei einer Frau so sehr wie du selbst gefühlt hast wie bei mir und dass du immer, wenn du mich besuchst, unglaublich glücklich bist. Trotzdem scheinst du eine Beziehung zwischen uns auszuschließen. Für mich liegt darin ein Widerspruch, denn was ist das Ziel einer Beziehung, wenn nicht, dass man bei jemand anders der Mensch sein kann, der man wirklich ist, und glücklich miteinander ist? Offenbar gibt es hier bei mir einen Denkfehler, kannst du mir zeigen, wo er liegt?"
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Friendzone ist keinesfalls nur "Klartext sprechen, dass es keine Beziehung gibt", habe ich beobachtet. Es ist oft eine fiese Grauzone voller Doublebinds, und das macht es für die "Opfer" so schwer, sich daraus zu lösen. Man weiß nie, welcher der beiden Botschaften man jetzt Glauben schenken soll, und so etwas ist immer ungesund für die eigene Psyche.
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Dass es auch anders gehen kann, wenn jemand wirklich freunschaftlich und nicht janusköpfig-parasitär für die einseitig liebende Person empfindet, zeigt folgende Geschichte:
Ich hatte mal einen langjährigen Freund, der, als ich mich in ihn verliebt hatte und ihm das erzählte, sich ein wenig Bedenkzeit nahm und dann in einem offenen und ehrlichen Gespräch sagte: "Tut mir leid, aus meiner Sicht wird das nichts mit uns. Du verdienst jemanden, der dich so liebt, wie du es wert bist, und dieser Mann bin ich nicht. Tut mir leid. Ich kann verstehen, dass du jetzt echt traurig bist."
Er hielt mich auch im Arm, als ich geweint habe, wie Freunde das füreinander tun, wenn einer von beiden Liebeskummer hat.
Dieser Mann hat gehandelt wie ein echter Freund. Er war ehrlich und aufrichtig mit mir und nahm meine Gefühle ernst. Er hätte nie etwas friendzone-doublebind-mäßiges gesagt wie "Tja, dafür bist du selbst verantwortlich, nicht mein Problem, aber lass uns bald mal wieder ausgehen, wenn meine feste Partnerin keine Lust hat."
Nach diesem Gespräch erwähnte er stattdessen immer, wenn wir bei der einen oder anderen Gelegenheit aufeinandertrafen, ganz früh seine Partnerin und erzählte ausführlich, was sie schönes miteinander unternommen hatten und wie glücklich er nach wie vor mit ihr war: Ein sanfter kleiner Hinweis an mich, dass Hoffnungen zwecklos sind. Und dann fragte er, ob ich jemanden kennengelernt hätte, der mir auch so guttun würde, ansonsten kenne er da jemanden, dem er mich mal vorstellen könne ...
Das ist das, was echte Freundschaft bedeutet. Wir sind heute noch Freunde. Das war Klarheit, freundschaftliche Liebe und Respekt, und die Augenhöhe blieb vorhanden. Keine Doublebinds. Nach so etwas kann eine Freundschaft tatsächlich als Freundschaft weiterexistieren, und tut es in diesem Fall heute noch. Er tat alles, um die Macht, die meine unerfüllte Liebe zu ihm mir gab, nicht zu missbrauchen, sondern im Gegenteil mir zu helfen, auf freundschaftlicher Augenhöhe mit ihm zu bleiben, und es gelang uns nach einiger Zeit auch.