„Doch, das macht uns zu einem etwas anderen Menschen, wenn man ein Bein verliert.
Man ist körperlich unvollkommen und kann viele Dinge nicht mehr machen, die selbstverständlich zum Alltag gehören.
Das wirkt sich auf die Psyche aus.
Ich war vor der Pandemie berufsmäßig Musiker und habe auch geistlich philosophische Vorträge gehalten. Zu meinem Umgang gehörte auch die High Society. Während der Pandemie musste ich dann umsatteln. Hab in der Reinigung angefangen.
Ich hab mir immer gesagt, wer ich bin hat nichts damit zu tun, was ich tue.
Das hat der Kunde selten auch so gesehen. Reinigungskraft sind die, bei denen es zu mehr nicht gereicht hat. Die Narrative waren festgenagelt.
Weil man es einfach nicht versteht, das es zwischen Sein und der Rolle die man spielt einen großen Unterschied gibt.
Kunden können es gar nicht ab, wenn man ihrem Narrativ nicht entspricht.
Eine Reinigungskraft mischt sich nicht ein, weil sie hat eh nichts dazu zu sagen, weil sie das ja auch nicht versteht. Vermutlich ist sie eh Schulabbrecher.
Und auch optimalerweise eine Frau, weil Männer auf der Frauentoilette.....
Ich hab die Narrative ordentlich in Wallung gebracht. Als hochintelligenter Mann auf der Frauentoilette. Putzen und etwas von Betriebsabläufen verstehen. Putzen und sich mit einem der Kollegen dort über Quantenphysik unterhalten war eine Zumutung für so manchen Kunden.
Und mancher Kunde hat es auch nicht gepackt. Da durfte ich dann nicht mehr hin und es gab Ärger. Bitte wieder die alten Reinigungskräfte schicken.....
Obwohl ich meine Arbeit immer gut gemacht habe, war meine Narrativsprengende Art nicht unbedingt immer konfliktfrei.
Das war für meinen Arbeitgeber auch neu.
Konflikte, die man nicht hätte, wenn man wissen würde das man nicht der ist, den man darstellt. Ich arbeite als Reinigungskraft. Ich bin keine Reinigungskraft. Bin ich nie gewesen, und werde ich nie sein.
Und nur das eröffnet mir die Möglichkeit der zu sein, der ich bin. Und dann entspringt mein Wert aus meinem Sein, und nicht daraus wie gut ich was darstelle.
Und dann gibts auch weniger Probleme mit dem Selbstbewusstsein, wenn das Schicksal zuschlägt.
Denn auch wenn ich gern wandere, ist meine Existenz doch nicht ans Wandern gekoppelt.