Ich verstehe nicht, warum dieses Thema immer wieder emotionalisiert.
Gerade nach dem letzten Moderationshinweis schreibe ich daher direkt als Antwort auf den Eingangspost:
Die offene Beziehung ist eine Beziehung wie jede andere auch, sie hat nur andere Spielregeln und nur deshalb einen anderen Namen, weil sie im sexuellen Bereich gewisse Freiheiten lässt.
Der Begriff "Affäre" missfällt mir hier stark. Eine Affäre ist für mich(!) eine Personenkonstellation, die hinter dem Rücken eines eigentlichen Primärpartners passiert, bzw. in Polyamoren Beziehungen sogar hinter den Primärpartnern.
Es gibt in offenen Beziehungen kein "besser" oder "schlechter". Man sollte in offenen Beziehungen ebenso ehrlich und selbstreflektiert Leben wie in jeder anderen Beziehungsform auch. Es gibt kein "Muss", "sollte" oder dergleichen.
Eine offene Beziehung kennzeichnet sich dadurch, dass ein Primärpartner als Liebespartner der Fixstern einer Beziehung bleibt. Die Sexualität ist lediglich offen. So können Dinge mit anderen Personen eben "offen" ausgelebt werden.
Kann man sich dann fremdverlieben? Ja, natürlich. Die Gefahr besteht aber immer, dazu braucht es keinen Sex. Ich kann mich in meinen Squashpartner, mit dem ich mich 2 mal die Woche treffe und mit dem ich gut befreundet bin, verlieben. Das kann mir auch mit einer Arbeitskollegin passieren, mit der ich viel Zeit verbringe, weil man eng miteinander arbeitet.
Eine offene Beziehung bedingt bereits, dass Liebe und Sex als getrennte Konstrukte wahrgenommen werden können. Wenn das von vornherein nicht gegeben ist und man also mit der Denke in eine offene Beziehung geht, dass man Liebe und Sex beständig verquicken müsste, dann ist Drama vorprogrammiert oder man strebt weniger eine offene, als vielmehr eine polyamore Beziehung an.
Die offene Beziehung ist kein Allheilmittel, auch wenn manche sie als "Next Level"-Beziehungsform anpreisen. Man sollte da sogar vorsichtig sein, da auch die offene Beziehung einen fairen Umgang mit Menschen bedingt. Wenn man Menschen nur nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip klassisch kapitalistisch und vermarktwirtschaftlicht aussucht und abstösst, dann hat das wenig mit dem Prinzip einer offenen Beziehung zutun, sondern damit, dass man Menschen gleich einem Automaten wie einen Handytarif aussucht und benutzt, bis sie einem nichts mehr bringen. Das ist entmenschlicht und respektlos.
Ja, es gibt gewisse Kreise die dieses "cherry picking"-Prinzip leben. Das ist aber kein Muss in offenen Beziehungen und damit auch kein Grund für eine Kernkritik an der Beziehungsform per se, sondern vielmehr eine berechtigte Kritik an manchen Menschen, die die offene Beziehung als unverbindliches Nutzungsprinzip anderer Menschen missbrauchen und zweckentfremden.
Die offenen Beziehung ist nichts für jeden Menschen.
Sie ist kein Allheilmittel.
Sie impliziert keine Austauschbarkeit, bzw. ist diese für offene Beziehungen nicht immanent. Im Gegenteil.
Offene Beziehungen bedingen Paarrituale und die Gewissheit des ehrlichen und vertrauensvollen, sowie wertschätzenden Umgangs miteinander, so wie es auch in Poly- oder monogamen Beziehungen normal sein sollte.