„Ich finde den Begriff sehr schlecht gewählt, da es durch das „sexuell“ schnell gleichgesetzt wird mit einer sexuellen Neigung.
Viel eher stellt es in meinen Augen eine reine Vorliebe dar. Warum aber gerade diese Vorliebe einen eigenen Begriff benötigt, ist natürlich auch spannend.
Kaum einer mag keinen intelligenten Partner (wobei es sicher auch das geben wird). Wobei das jeder sowieso anders interpretiert. Und wenn zwei Menschen gut miteinander können, werden sie auch bestenfalls super Gespräche führen können. Und tolle Gespräche empfindet schon wieder jeder anders.
Mich kann man auch begeistern mit tollen Gesprächen. Wobei weniger über die französische Revolution als zum Beispiel über Mechanik und Technik.
Aber ich habe auch eine Vorliebe für gut gekleidete Männer (damit ist nicht unbedingt ein Anzug gemeint) und Männer mit Bärten.
Und ich brauch nicht mal unbedingt Sex wenn jemand sehr dominat ist. Bin ich jetzt vestissexuell, barbatumsexuell und dominanssexuell?
Ich selbst sage nein, ich hab lediglich meine Vorlieben.
Mein persönliches Fazit ist daher, dass es ev Menschen gibt, die den Geist über den Körper stellen und dass dies viel mehr als eine Vorliebe darstellt. Gibt es nicht irgendwo irgendwie alles? Für diese Menschen ist der Begriff sicher hilfreich. Aber im Großen und Ganzen erscheint er mir viel eher als coole Modeerscheinung. Klingt halt gut, ist man also gerne.
eben.
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dazu, aus dem Lexikon der Psychologie und Pädagogik (Stangl):
Die eher fragwürdigen Neologismen Sapiosexualität bzw. sapiosexuell beschreiben jene sexuelle Orientierung, die mehr bzw. vorwiegend auf den Verstand eines anderen Menschen denn auf dessen Körper ausgerichtet ist, wobei die sexuelle Stimulation vor allem durch eine hohe Intelligenz erfolgt. Eine sapiosexueller Mensch fühlt sich demnach von der Intelligenz mehr angezogen als von der äußeren Erscheinung. Der Begriff hat die lateinische Wurzel sapiens, was schlicht die Fähigkeit zur Wahrnehmung bezeichnet. Sapiosexualität bezeichnet also das Verhalten eines Menschen, der sich eher von der Intelligenz eines anderen angezogen fühlt als von dessen Körper. Sapiosexualität findet man naturgemäß am häufigsten im Internet, wo man Beziehungen allein auf Grund geistiger Interaktion knüpft und der Körper vorerst außen vor bleibt. In manchen Fällen wird das alte Wissen vom Gehirn als mächtigstes Aphrodisiakum des Menschen bemüht, war es traditionell doch eher so, dass das Gehirn Pause macht, sobald die Dinge zwischen zwei Menschen hormonell werden. Das Phänomen der Sapiosexualität erfordert nicht die physische Anwesenheit, was in der Zeit des Internets und der schnellen Kommunikation nahezu alle anderen Faktoren wie äußere Erscheinung, Aussehen oder Stimme vollkommen ausblendet, sodass der Fokus einzig und allein auf der Intelligenz bzw. dem Intellekt des Gesprächspartners liegt. In Zeiten von Dating-Portalen wie Parship oder Zoosk und Dating-Apps wie Tinder oder Badoo findet man immer häufiger die anscheinend zeitgeistige Selbstbeschreibung als sapiosexuell, wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass sich bei den Betreffenden die erotische Lust mit steigender Intelligenz des Partners erhöht. Sapiosexuelle suchen demnach also vornehmlich ein kluges Gehirn und keinen wohlgeformten attraktiven Körper. Hinzu kommt natürlich auch das vermutlich gesicherte Wissen, dass Sexualität ohnehin vorwiegend im Gehirn entsteht bzw. von dort gesteuert wird (s. o.!), sodass möglicherweise die sapiosexuelle Bewegung als eine internetgestützte Gegenbewegung zur Überbetonung des Körpers in den letzten Jahrzehnten verstanden werden will. Nach ersten Studien bekennen sich übrigens weit mehr Frauen als Männer zur Sapiosexualität. Intelligenz ist letztlich wohl auch aus evolutionärer Perspektive attraktiv, denn sie vermittelt, dass jemand Ressourcen hat und auch auf lange Sicht eine interessante Perspektive bietet. Manche Experten sehen die sapiosexuelle Bewegung als Gegenbewegung zur Überbetonung des Körpers in den letzten Jahrzehnten, wobei ein Evolutionspsychologe in einer Studie sogar nachwies, dass die Intelligenz eines Mannes mit der Qualität seines Spermas korreliert. (Stangl, 2023).
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