Das ist ein weites Feld.
Ich hab mich viel mit dem Thema auseinandergesetzt und bezeichne mich durchaus als Feministin. Spätestens in dem Moment, indem ich Mutter wurde, wurde mir klar, dass die tradierten Geschlechterrollen an uns Kleben wie Pech. Bis heute bin ich trotz vieler Diskussionen den Mental load-Scheiß nicht losgeworden. Allein durch die Tatsache, dass meist die Frau das erste Jahr in Elternzeit geht, haben Frauen oft danach lebenslang ein Abo auf Haus- und Carearbeit, wohlgemerkt neben der Erwerbstätigkeit, der sie auch noch nachgehen, weil sie ja nicht im Falle einer Trennung in Altersarmut enden wollen. Ich erkenne da bis heute eine Weigerung bei vielen Männern, sich genauso verantwortlich zu fühlen für Kind und Kegel und nein, das hat nicht immer etwas damit zu tun, dass Frauen da zu perfektionistisch sind und nichts an Aufgaben abgeben können, sondern oft hat es mit der unfassbaren Fähigkeit der Männer zu tun, sich wegzuducken und gleichzeitig so zu tun, als ob sie die Welt retten…
In erotischer Hinsicht bedeutet für mich Feminismus, meine ureigene weibliche Lust zu entdecken und zu dieser zu stehen und nicht dem Bild gerecht werden zu wollen, dass Pornos in unsere Köpfe pflanzen. Der Film “Pleasure” hat mich echt fertig gemacht… da geht’s um eine junge Frau, die in der männerdominierten Pornowelt Karriere machen will und sich und Freundinnen verrät, um zu gefallen.
Auch über die Kurzgeschichte “A cat person” habe ich viel nachgedacht. Hier schläft eine junge Frau mit einem Typen, mit dem sie länger halbherzig geflirtet hat (und seine Avancen genossen hat), obwohl sie das eigentlich nicht will. Aber sie findet den Ausstieg nicht mehr und kann nicht mehr “nein” sagen, als es so weit ist und will schlussendlich auch gefallen.
Und über Joko und Klaas’ gestalteten 10 Minuten zum Thema “Misogynie” habe ich auch lang nachgedacht… Frauen sind doch bis heute oft eine Art Freiwild, obwohl wir doch bermeintlich so aufgeklärt und gleichberechtigt sind. Frag mal junge Männer, wie oft sie im Alltag belästigt werden, und vergleichsweise Frauen dazu.
Während Männer ihre Biertittis bei Spazierengehen mit freiem Oberkörper präsentieren können, müssen Frauen bereits beim Tragen luftiger Bekleidung befürchten, sexualisiert zu werden.
Frauen halten auch nicht Fotos ihrer Möse für ne gelungene Gesprächseröffnung, werden zigmal so häufig Opfer häuslicher Gewalt, verdienen, egal wie man es berechnet, noch immer weniger als Männer und stoßen öfter bei ihrer Karriere an eine gläserne Decke (eben weil sie das Abo auf Carearbeit haben und Kitas hierzulande rar und schlecht sind). Führung in Teilzeit ist hier noch nicht etabliert…
Es gibt also noch viel zu tun und so lange es noch so viele Baustellen gibt, finde ich es auch okay zu gendern. Glottisschlag und Co sind für mich sprachliche Stolpersteine, die auf weiter bestehende Ungerechtigkeiten verweisen. Das Thema “Gleichberechtigung” ist halt noch längst nicht durch.
Also ja, ich bin Feministin, lese aber trotzdem nicht die Emma und beschimpfe Männer. Bringt ja nun nix, 50 Prozent der Menschen abzuwerten, ich wünsche mir aber eine Aufwertung der anderen 50 Prozent, zu denen ich gehöre.