„Ich bin nun schon 22 Jahre mit meiner Frau zusammen, hatte davor auch keine sexuellen Erfahrungen.
Blümchensex, das war immer gut, aber auch selten. Einmal pro Monat im letzten Jahrzehnt. (Kinder, Familie - keine Zeit...)
(…)
Aber dann sagte sie: "Ich bin keine Wünscheerfüllerin. Was mir selbst keinen Spaß bringt, mache ich nicht."
(…)
Ich finde Fremdgehen kacke. Ich will das nicht.
Aber die Aussage "Ich bin keine Wünscheerfüllerin" macht was mit mir. Wut, Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung.
Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Ich habe verstanden:
• Als ihr zusammengekommen seid, hattest du noch gar keine richtige Ahnung, was es in der Welt der Sexualität alles zu entdecken und zu erleben gibt. Entsprechend hast du erst einmal genommen, was dir in deiner Beziehung so geboten wurde, und erste darüber hinausgehende Fantasien und Wünsche hast du erst einmal längere Zeit als völlig unrealistisch gleich wieder in die Schublade gepackt.
• Eure Sexualität ist zwar nie komplett eingeschlafen, bewegt sich aber konstant auf einem sehr niedrigen Niveau. Was die Frequenz angeht auf jeden Fall – und ich würde tippen, dass nicht nur du keinen so richtig guten "Wow"-Sex erlebst, sondern sie auch nicht. Hättet ihr
für sie wirklich "Sex worth wanting", dann würde ihr 1x im Monat vermutlich eher nicht reichen. Kann es sein, dass du sie sogar für das eine Mal jedes Mal in Stimmung bringen musst?
Es ist aber wahrscheinlich, dass sie überhaupt keine Vorstellung hat, wie Sex sich auch anfühlen könnte, und jedenfalls kein Bedürfnis, es herauszufinden. Und es ist unwahrscheinlich, dass sie im Rahmen der bestehenden Langzeitbeziehung und ohne externe Hilfe in dieser Hinsicht "aufwacht". Ihr fehlt schließlich nichts.
Nicht als Wünscheerfüllerin herhalten zu wollen, ist natürlich legitim (und zusätzlich bequem). Freilich könnte man durch diese Aussage darauf schließen, dass das Wohlwollen innerhalb der Beziehung von ihrer Seite wenig ausgeprägt ist, jedenfalls was deine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse angeht. Die Bereitschaft, dir zu Gefallen ihre Komfortzone zu verlassen, erscheint wenig ausgeprägt.
Du bist aber offenbar innerlich an einem Wendepunkt angelangt, wo das Bedürfnis in dir wächst, deine sexuellen Bedürfnisse stärker in den Vordergrund zu stellen. Damit rüttelst du natürlich an den (impliziten) Abmachungen, auf denen eure Beziehung fußt. Aber wenn du an dem Punkt bist, an dem du die Beziehung
so, wie sie ist nicht mehr weiterführen willst, dann ist es nur fair, wenn du deine Partnerin darüber in Kenntnis setzt. Zugespitzt ausgedrückt: Die Bedingungen müssen neu ausgehandelt werden, wenn es weiterhin eine Beziehung geben soll. Und es kann natürlich sein, dass sie lieber die Beziehung beendet, als sich auf eine Veränderung einzulassen.
In meinen Augen ist daher der erste Schritt, mit dir selbst ins Reine zu kommen und dir klarzuwerden, was du wirklich brauchst und wofür du einstehen musst, damit du nicht konstant unglücklich bist – und vor allem, was die Auswirkungen davon sein können und was du zu riskieren bereit bist. Vielleicht brauchst du tatsächlich weniger, als du jetzt denkst. In jedem Fall kann ich nur dazu raten, bei dir selbst anzufangen, wenn die Partnerin so wenig kompromissbereit ist, anstatt Frust und Nörgelei in die Beziehung zu tragen. Je klarer du für dich selbst bist, desto klarer kannst du auch kommunizieren.