"Sie!“, "lieber Mitforist!“, "Werter!“, "Allerwertester!“ und Co!
Hi! Wie geht es dir? Bei dieser inflationär debilen Ansprache juckt es einen schon in den Fingern und man möchte zurückschreiben: Hi! Das geht Sie einen Schei..dreck an!“ Stellen Sie sich vor! - Tue ich aber nicht.
Ich bin ein echtes Problem. Ich sieze leidenschaftlich gerne. Habe wenig Gelegenheit dazu. Deshalb macht es mir wohl auch so großen Spaß, neben anderem Unfug, der mich ausmacht. Bin jedesmal beeindruckt, wenn ich im despektierlichen Tonfall angeherrscht werde, dass ich gefälligst zu duzen habe, den ich gar nicht kenne und der mich auch nicht kennen lernen möchte, sondern eigens vorbei geschneit ist, um mich zu maßregeln: „Ich verwarne Du!“.
Ich tippe dann: Ich danke Sie, ich stimme Sie zu!“
Dabei ist das Siezen eine Form des Kennenlernens. Die Gesiezte weiß dann: Ich bin Spießer, ich bin alt, von Vorgestern. Er fühlt sich gut, möglicherweise sogar überlegen, zeigt mir herablassend einen Vogel und hält mich für plemplem. Das Schöne an der deutschen Sprache, dass es diese deutlich für jedermann erkennbare Unterscheidung zwischen dem persönlichen, vertrauten "Duzen" und dem reservierteren "Siezen" gibt, ein sehr präzises Wortwerkzeug der Kommunikation. Man sollte es dann auch entsprechend nutzen dürfen, ohne sich gleich eine verbale Schelle einzuhandeln.
Es ist mir ‚wurscht‘, ob mich wer duzt oder siezt. Respekt und Höflichkeit äußert sich nicht durch Anrededistanzierung, rempeln und schubsen aber eben auch nicht in vertraulichen Du-Motzereien.