„Die Logik in der Aussage, dass monogame Menschen Eifersucht verspüren und "offene Menschen" nicht, wird hart von meinen Erfahrungen und Beobachtungen untergraben.
Mindestens die Hälfte aller Eifersuchtsdramen inkl. Heulkrämpfen, denen ich beiwohnen durfte, lieferten sich polygame und vorgeblich polyamore Menschen. Mit allem drum und dran. Von daher halte ich die Lehre vom polygamen Glück und den perfekten polygamen Menschen für überholungswürdig.
Das unterschreibe ich.
Es ist mindestens langweilig, im schlimmsten Falle gar nervig, mit welcher Vehemenz versucht wird zu suggerieren, dass die eine Beziehungsform "gut" und die andere "schlecht" sei.
Solange wir darüber diskutieren, gar streiten, ist das Problem ein ganz anderes als das der Beziehungsform.
Mal ganz platt ausgedrückt:
Was juckt es meinen Arsch, was für ein Beziehungsmodell andere Menschen, mit denen ich gar keine Beziehung führe präferieren?
Warum sollte es meinen Arsch jucken wie andere Menschen leben?
Warum haben manche Menschen so ein Bedürfnis ihre eigenen Präferenzen als "die allgemein Besseren" hinzustellen?
Es ist doch scheißegal ob jemand für sich entschied monogam zu leben, bzw. offen, bzw. poly!
Das ist eine rein subjektive Entscheidung.
Wenn ich schon höre, was mitunter auch in Podcasts verbal abgespritzt wird, dann bekomme ich ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln. Das sind Dinge wie "Offen / Poly ist die next-Level-Beziehungsform" oder "Monogam ist nur ein patriarchales Relikt, das niemand wirklich sexuell selbstbestimmtes noch haben möchte" und anderer geistloser, platter und pauschaler Blabla.
"Besser" gilt als Wort nur etwas im Kontext mit einer Person.
Für Person A ist Poly besser.
Für Person B ist offen besser.
Für Person C ist eine monogame Beziehungsform besser.
Für Person D ist eine monogame Beziehung mit Teilöffnungen am besten.
Und so weiter.
Der Versuch hier eine objektive Wertung vorzunehmen ist so....deutsch und dient meist dem Zweck die eigene Präferenz, damit sich selbst, zu pushen und hervorzuheben.
Ja, es gibt Menschen die in monogamen Beziehungen leiden.
Ja, es gibt aber auch offene Beziehungen, die voll sind von Eifersucht und Drama.
Nur weil man eine offene Beziehung lebt zerfasern nicht plötzlich alle Dinge, die auch in einer monogamen Beziehung zu Beziehungsproblemen führen können. Das offene- oder poly-Modell ist kein Heilsbringer und steht nicht automatisch für eine superduper Beziehung ohne Probleme. Wer das glaubt wird kraschend scheitern und auf die Nase fallen.
Auch in einer offenen Beziehung kann man eifersucht erleben, man kann fremdgehen, man kann unehrlich sein, man kann den Partner destruktiv behandeln oder destruktiv behandelt werden.
Leider sind Diskussionen über die Probleme in diesen alternativen Beziehungsmodellen viel zu oft von romantisierenden Vorstellungen überlagert, weil Menschen sie auf ein "per se fehlerloses Podest" stellen und so tun, als sei das Modell per se "besser" als andere Modelle.
Nein, ist es nicht.
Gerade Austauschbarkeiten in offenen Beziehungen sind mitunter ein Thema.
Mir kamen in den letzten Jahren immer wieder Menschen unter, die in völlig von Dramen zersetzten offenen Beziehungen lebten, weil sie die Offenheit, oder Polygamie, mit Unverbindlichkeiten und Austauschbarkeiten verwechselten, was zu zwischenmenschlichen Dramen, Eifersuchtsdramen und viel Tränen und, ganz am Ende, Einsamkeit führte.
Einfach nur unverbindlich rumzuvögeln ist völlig okay, wenn es einen Menschen wirklich und ehrlich reflektiert glücklich macht. Manche Menschen wollen gar keine Beziehung führen. Da ist es dann aber auch unehrlich dennoch eine offene Beziehung mit einem "guten Fuckbuddy" einzugehen, der eigentlich nicht mehr als eine Freundschaft+ ist, obschon man eigentlich gar keine Beziehung führen möchte. Am Ende ist auch eine offene Beziehung eine Beziehung, die zwischen den Beteiligten dieselbe Achtsamkeit, Ehrlichkeit und Fürsorge bedingt wie in jeder andere Beziehungsform auch.