Der Gesellschaftskritiker in mir hat immer wieder das Gefühl, dass gerade diese Suche nach dem nächsten Rausch, der stets mehr Input verlangt, weil es immer "weiter" gehen muss, dafür sorgt, dass sich Dinge ausschleichen wie in einem BDSM-Burnout.
Klar, irgendwann reichen die 5 Schläge mit dem ersten Paddle nicht mehr, die vielleicht vor 20 Jahren während der ersten Session noch reizvoll waren. Manche Dinge brauchen dann mehr Input. Das Problem, dass sich ergeben kann wenn man immer weiter in den Rausch geht ist, dass es immer mehr braucht, immer mehr Input, immer mehr "härte", immer mehr Impact.
Im schlimmsten Falle ergibt sich wirklich das Bild der Person, die hier vor Monaten schrieb:
Man pushed alles immer weiter, in immer mehr Extreme, braucht die nächste Grenzüberschreitung, geht immer weiter bis es irgendwann einfach nicht mehr weiter geht, weil Wachstum nun einmal nicht unendlich sein kann.
Ich gehe heute lieber in die Tiefe des Erlebens als in den Rausch. Das Sinnbild von
@*********acht gefällt mir da direkt sehr. Wenn ich die Praktiken von den Menschen und Umständen trenne, dann bleibt nur der Rausch und das "immer mehr" an Grenzüberschreitung. Wenn ich es jedoch als gemeinsames Erleben verstehe und durch BDSM auch die menschliche Nähe zu jemandem zu intensivieren und vertiefen suche, dann ist die "Praktik BDSM" nicht mehr isoliert, sondern Bestandteil eines gemeinsamen Erlebens, das stehts variiert werden kann.
Für mich wirkt es manchmal als würden Menschen, womit ich hier niemanden angreifen möchte, das ist ganz allgemein gemeint, BDSM als Sport betreiben. Wenn ich in einen Sportverein gehe, dann sind mir die Mitspieler persönlich möglicherweise nicht so nah. Sie sollten mir sympathisch sein, sonst hätte ich keinen Bock mit ihnen Zeit zu verbringen. Aber jenseits des Sporterlebnisses teile ich vielleicht wenig Zeit mit ihnen, außer es entwickelt sich darüber hinaus persönliche Nähe. Bin ich nun in einem Squashverein, dann generiere ich durch die Vereinsmitgliedschaft immer wieder Mitspieler. Aber vielleicht wird mir das einfach irgendwann dröge, weil die Spiele immer gleich sind. Ich entwickle mich, werde besser, kann gegen andere Gegner spielen, aber das Spiel bleibt für mich gleich. Drei Tage Training die Woche, am Wochenende ein Spiel. Da muss man dann schon für brennen oder es wird zur Gewohnheit. Irgendwann ist man das vielleicht sogar leid. Umso mehr, wenn man damit nur begann, weil ein Freund damit anfing und man es gemeinsam machen wollte.
Ich persönlich(! subjektive Meinung) mag die Partnerbeliebigkeit, die in manchen BDSM-Kreisen praktiziert wird, für mich nicht. Ebenso die Attitüde nicht, dass ich an einem Abend beliebig reihum wechsle und mal hier den Arsch versohle, mal da und dann wieder da, während auch meine Partnerin im Wechsel von X Personen bespielt wird. Das fühlt sich für mich wie ein Sporttraining an.
Generell mag ich persönliche Nähe und "schmutziges", düsteres und ambientebehaftetes atmosphärisches BDSM. Einfach mal ein Spielzeug in die Hand nehmen und lachend anfangen zu floggern, während man eigentlich gerade mit Freunden zusammen sitzt? Das kann mit der richtigen Partnerin gleich passen, wenn damit auch die Atmosphäre in diese Richtung kippt, aber einfach so ginge das für mich nicht, selbst auf einer Party nicht. Auf solcher kommt es wiederum auf die Atmosphäre an.
Einige Zeit habe ich ebenfalls eher lockeres "playbezogenes"-BDSM praktiziert und musste feststellen, dass mir das persönlich wenig gibt, weil es nicht die Tiefe erreicht, die persönliches BDSM im Zuge einer persönlichen Beziehung mit einer emotional zu mir orientierten Person erreichen kann.
Im Alltag kann es natürlich schwierig werden diese Stimmung zu erhalten, gerade wenn man dann noch zusammen wohnt. Da hilft der Ausbruch in Clubs und auf Events meiner Erfahrung nach sogar eher um den Alltag hinter der Wohnungstür zurück zu lassen.
Was einem selbst gefällt, was einem selbst etwas gibt, muss man jedoch für sich eruieren.
Wenn einem jedoch etwas langweilig wird, sich abnutzt, dann sollte man die Gründe reflektieren. Was gehört zu meinem BDSM? Was mag ich eigentlich? Wie habe ich BDSM bisher begangen? Passt da mein Wunsch an ausgelebtes BDSM mit dem, wie ich es bisher auslebe, vielleicht nicht zusammen? Was kann man ändern?