Um Zuneigung/Nähe kämpfen, betteln (= sich selbst aufgeben?)
Hallo zusammenIch bin neu hier, dies ist mein erster Beitrag und man möge mir bitte verzeihen, falls mein Thema am falschen Ort oder schon 1001 Mal besprochen wurde.
Ich lebe seit 2,5 Jahren in einer Beziehung mit einem Mann. Wir hatten immer viel körperliche Nähe durch Kuscheln, Halten, Streicheln, Umarmen etc. was oft auch von ihm kam und er betonte immer wieder wie wichtig ihm dies sei. Zudem hatten wir von Beginn an ein sehr schönes, fantasievolles und aufregendes Sexleben. Für ihn war es manchmal etwas zu aufregend oder aufwändig, er hätte lieber etwas mehr "simplen Sex" gehabt. Ich muss dazu sagen, dass ich aufwändige Rollenspiele mag und allgemein ein langes Vorspiel sehr geniesse. Für mich war es manchmal schwierig, weil beim Sex selber viel Initiative von mir aus kommen musste, ich konnte dadurch viel vorgeben, aber es wurde auch etwas langweilig.
Zusammen gezogen sind wir vor etwas mehr als einem Jahr. Aufgrund unserer Familiensituation, Arbeit und weiterer Verpflichtungen sind wir mitten in der "Rushhour des Lebens" und immer wieder starkem Stress ausgesetzt. Zudem sind wir beide in Familien aufgewachsen, die emotional stark belastet waren, wodurch wir beide manchmal destruktive Verhaltensmuster zeigen. Die Konflikte haben sich mehr und mehr zugespitzt und seit etwa 3 Monaten haben wir sehr wenig körperliche Nähe. Wir haben keinen Sex mehr und küssen uns auch nicht mehr.
Ich würde mir beides sehr wünschen, weiss aber, dass dies für ihn aufgrund der Konflikte und der damit entstandenen Distanz nicht möglich ist, bzw. er keinesfalls möchte. Er meinte, dass Sex für ihn derzeit gar kein Thema sei. Wir haben nach der schwierigsten Phase, in der wir uns gar nicht mehr berührten uns zumindest wieder angefangen zu umarmen. Dies machen wir teilweise kurz, teilweise sehr lange. In den letzten Tagen und Wochen hat es sich verbessert und wir haben auch wieder mehr gekuschelt und uns gestreichelt. Bei einem Themalbadbesuch vor etwa 5 Tagen hätte ich ihn beinahe geküsst, war aber nicht sicher, ob er das möchte, bzw. habe seine Signale eher ablehnend interpretiert.
Nun hatten wir vor vier Tagen wieder einen etwas heftigeren Streit und seit dem sind wir wieder bei nur kurzen Berührungen angelangt. Ich kann einerseits verstehen, dass ihm das im Moment schwer fällt, weil er eine sehr starke emotionale Distanz zwischen uns spürt, gleichzeitig verstärkt dieses sich nicht Berühren auch die emotionale Distanz wieder zusätzlich. Auch emotionaler Austausch durch Gespräche werden von ihm im Moment mehrheitlich abgelehnt. Dies kann ich insofern nachvollziehen, weil wir in unseren Streitgesprächen sehr viel und heftig über negative Gefühle geredet haben und dies bei ihm inzwischen vermutlich stark negativ besetzt ist.
Und bei allem Verständnis für seine Situation habe ich doch immer wieder das starke Bedürfnis mich mit ihm über seine und meine Gefühle auszutauschen und wieder mehr körperliche Nähe mit ihm zu teilen. Dies war in den vergangenen zwei Jahren für uns beide auch eine sehr wichtige Verbindung. Nun fühle ich mich so wahnsinnig bedürftig mit meinem Wunsch nach Nähe, Körperlichkeit, Kuscheln, sich über emotionales austauschen. Teilweise fehlt mir nur schon seine Aufmerksamkeit oder dass er sich wünschen würde Zeit mit mir zu verbringen (er geht mir tatsächlich aus dem Weg, das hat er auch gesagt, dass er merke, dass er das mache). Es ist ein starkes Ungleichgewicht entstanden (welches wir beide so wahrnehmen), dass ich mir sehr viel Nähe, Austausch, gemeinsam verbrachte Zeit und ähnliches wünsche und er im Moment gar nicht. Ich habe mir auch überlegt, ob dies für ihn unattraktiv ist, wenn ich so bedürftig bin. In meiner Offenheit habe ich ihn das gefragt, er hat es verneint. Gleichzeitig sagt er seit dem letzten Streit, dass er nicht weiss, ob er die Beziehung fortführen möchte. Für mich ist das im Moment sehr schwierig, weil das trotz aller Schwierigkeiten das erste Mal ist, dass er die Beziehung so in Frage stellt und mir kein klares Ja oder Nein zu unserer Beziehung gibt.
Ich werde nächsten Samstag für einige Tage nach Paris fahren ohne ihn. Dies war schon länger so geplant und ich freue mich auch sehr darauf. Im Moment habe ich aber auch die Angst, dass er sich eigentlich schon innerlich aus der Beziehung verabschiedet hat und mir das aber nicht kurz vor meinen Urlaubstagen sagen möchte. Wir haben vor zwei Tagen kurz darüber gesprochen, was für uns trotz aller Schwierigkeiten für unsere Beziehung spricht. Und wir beide hatten von Anfang der Beziehung an das starke Gefühl davon, dass wir wirklich ausgesprochen gut zusammen passen und fühlten uns sehr verbunden. Deswegen denken wir beide, dass der jeweils andere etwas ganz besonderes ist und es kein Zufall ist, dass wir uns gefunden haben, dass es also "einen Sinn hat", dass wir zusammen sind.
Ich merke für mich aber auch, dass ich aus diesem starken Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Zuneigung und mit dieser Ungewissheit, ob unsere Beziehung weiter besteht, anfange meine eigenen Bedürfnisse aufzugeben, dass ich dazu tendiere ihm vieles recht zu machen und ihn zufrieden zu stellen. Dies fühlt sich für mich sehr sehr unangenehm an, ich denke auch dass dies (unabhängig davon ob für ihn attraktiv oder nicht) mir überhaupt nicht gut tut und ich Gefahr laufe, mich selbst aufzugeben.
Ich weiss nicht, ob dieser Beitrag für euch nachzuvollziehen ist und mir ist bewusst, dass ich keine konkrete Frage stelle (wüsste auch nicht mal welche), trotzdem freue ich mich über Gedanken und Anregungen dazu.