Leute. Ich sag euch wie es ist - aus eigener Erfahrung.
Ich war 5 Jahre mit meiner Ex-Freundin zusammen. Sie hat auch eine starke Bindung an Ihre Familie gepflegt und sie ist stark Heimatbezogen gewesen. Das Dorf aus dem Sie kommt, hat 390 Einwohner. Am teuersten ist ihr ihre über 90Jährige Oma. In den letzten 2 Jahren hat der Vater eine sehr starke Demenz entwickelt. Die Entfernung von unserem Wohnort zu ihrer Heimat beträgt 35km Luftlinie.
Ich komme aus der Großstadt. Ich bin dort aufgewachsen und kenne nichts anderes. Mein Kontakt zu meiner Familie war eher Konfliktbehaftet. Da meine Wurzeln im Ausland sind (ich bin aber in der deutschen Großstadt geboren), habe ich keine starke Bindung zu meiner Familie als ganzes. Sie sind für mich einfach "Leute". Das ist für den ein, oder anderen schwer zu verstehen. Aber es ist wie es ist.
Fakt ist: Nach 5 Jahren ging diese Beziehung zu Ende. Ich fühle mich nicht schuldig, aber in diesen bald 5 Monaten nach der Trennung, sind mir zumindest meine Fehler bewusst geworden, bzw. bin ich im Prozess, dass mir meine Fehler bewusst werden. Auch hier nochmals: Ich gebe mir nicht "die" Schuld. Aber es ist schmerzhaft, Dinge zu verstehen.
Wir haben häufig natürlich zumindest mal "energetische Gespräche" gehabt. Denn was mich absolut gestört hat - aufgrund meiner komplett verschiedenen Familienstruktur - ist die Tatsache, dass man natürlich mit dem Partner gemeinsam etwas erschafft, aufbaut und nach vorne sieht. Doch Tatsache war auch: Jedes Wochenende, häufig auch über Nacht, nach Hause zu fahren, obwohl ein Bruder im Haus wohnt und es auch noch eine andere Schwester gibt, erschien mir einfach Schräg. Es zog sich die ganzen Jahre wie ein roter Faden durch unsere Beziehung. Meine Familie hier, die Heimat da.
Irgendwann ist es mir tatsächlich zuviel gewesen. Ich habe nie Bedigungen gestellt. Ich habe auch nie wirklich darüber nachgedacht, mich daran aufzuhängen. Aber ich habe sehr wohl das Gefühl in ihr ausgelöst, sie müsste sich zwischen der Beziehung und der Familie entscheiden. Mir war aber nun mal das Wohl der Beziehung wichtiger. Denn wir haben 5 Tage in der Woche gearbeitet. Meistens war sie am WE dann weg, oft über Nacht, zu Besuch bei der Familie. Mit Oma einkaufen, oder sonstwas.
Nun, wie anfangs geschrieben wisst ihr ja, wie ihre Entscheidung ausgefallen ist. An sich habe ich damit kein Problem. Ob sie sich einfach nur ungenügend von der Familie abgenabelt hat, oder ob sie seit Jahren insgeheim den Wunsch hegte zurückzugehen... das ist nun egal. Sie war einfach nicht ehrlich zu sich, damit auch logischerweise nicht ehrlich zu mir. Das kann ich ihr nicht zum Vorwurf machen. Gut ich sags gleich dazu: sie hat diesen Wunsch jahrelang in sich reingefressen, sich in die Beziehung angepasst, ihre Wünsche hinten angestellt. Dann kamen Psychosomatische Probleme, dann eine Kur. Eine Woche nach Rückkehr aus ihrer Kur war dann Schluß.
Was möchte ich damit sagen: REDEN. Egal wie ekelhaft, oder tiefgründig es geht. Egal wie verletzend es in dem Moment sein kann. REDET miteinander. Findet Wege. Für mich ist dies der "Benefit" aus meiner Trennung. Sie hätte von Anfang ehrlicher sein können. Ich hätte aber einfach klarer sehen müssen, was da passiert. Und ich hätte mehr Verantwortung übernehmen können. Nicht nur, indem ich Verständnis aufbringe. Sondern auch selbst Grenzen ziehe. Aber gut - ich werde es nie wieder erfahren und sie ist weg. Ich bin ihrer Familienstruktur stets mit einigem Unverständnis begegnet, habe es aber aus Liebe zu Ihr akzeptiert und mitgetragen. Ich habe mich da also auch angepasst. Aber wenn die Mutter sagt "Ja wenn der Vater im Bett liegt und unten immer schläft, könnten wir oben ausbauen zu Wohnungen und ihr Kinder könntet da einziehen". Da hörts dann bei mir auf. Das ist nicht Kinder "aus dem Nest werfen", das ist einfach Kinder an sich binden, in einer fast schon eingennützigen Art.
Deswegen war für mich klar, ich ziehe niemals dahin. Letzter Satz hierzu: Ich verstehe es, wenn man die Heimat vermisst bei 500km. Aber nicht bei 35. Da bin ich klar egoistisch & borniert. Ich bot einen Kompromiss an, der für mich bedeutet hätte: nicht 20 minuten täglich zur Arbeit, sondern 60. Das wollte sie nicht. sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen. So einfach ist die Sache. Sie fuhr auch 20min auf die Arbeit. Jetzt fährt sie 35 oder 40. Ich sehe es in meinen Augen als Schritt zurück. Für sie war eine Befreiung. Wie wir es da 5 Jahre geschafft haben, ist eine interessante Frage.
Meine Ansicht ist - auch nach der Trennung - wie folgt. Familie steht nicht grenzenlos über allem. Familie sind keine Heilige. Man kann und sollte als (erwachsenes Kind) Grenzen ziehen können / müssen. Aber man muss auch klar zur Familie stehen, vor allem in Not (die angesprochene Demenz). Ich hätte mich auch eingebracht.
Aber wir waren so stark unterschiedlich in diesen Denkweisen, dass wir beide nicht mehr in der Lage waren, Kompromisse einzugehen. Denn nein - ich wäre niemals in ihr 400 Einwohner Dorf gezogen. Ich wohne jetzt in einem 25.000 Einwohner Städtchen und das ist Dorf für mich. Ich bin nun froh, dass es "nur" 5 Jahre waren und keine 7 oder 10. Und vielleicht noch eine gekaufte Wohnung.
Hier wollte ich einfach nur krass konträre Meinungen mal zum Thema "Blut ist dicker als Wasser" teilen. Nämlich meine und die meiner Ex.
Und die Konsequenz habe ich nun am eigenen Leib erfahren.