Ich möchte der Behauptung widersprechen, dass Männer heute kaum noch an Sex kommen (und dass sie deswegen schwindeln müssen).
'Früher' gab es Sex (offiziell ausschließlich) in der Ehe, und da hatten Mann wie Frau das Recht auf Beischlaf - also auch die Pflicht. Beide, wie gesagt. Außerhalb der Ehe für Männer bei Prostituierten (wer es sich leisten konnte) oder in Form von recht riskantem Fremdgehen. Fur Frauen kam nur Fremdgehen in Frage, sie hatten also noch weniger Möglichkeiten. Homosexualität durfte gar nicht ausgelebt werden.
Heute kann mann wie frau Sex grundsätzlich Sex haben, wann und mit wem sie möchte. Mit und ohne Partnerschaft und Ehe, davor mitten drin danach nebenbei und mit mehreren. Und die, die keinen Spaß an Sex haben, könne es ganz lassen. Es gibt mehr als genügend legale Möglichkeiten, Sex anzubahnen - nutzen muss sie jeder selbst.
Männer wie Frauen haben heute also theoretisch wie auch praktisch sehr viel mehr Möglichkeiten, "an Sex zu kommen" als früher. Auch an randständigen Sex.
Was also mag mit 'kaum noch Möglichkeiten, an Sex zu kommen' gemeint sein? Das kann doch eigentlich nur sein, dass es keine einseitigen Abhängigkeitsverhältnisse mehr gibt, in der ein Part Sex einfordern könnte. Und dass alle potentiellen Partner:innen lieber mit jemand anderem anbandeln. Selbstbestimmt halt. Dass man jemanden davon überzeugen muss, dass Sex mit einem eine gute Idee wäre, dass es nicht mehr ohne irgendeinen gefühlten Aufwand geht? Dass man nicht einfach überall auf runtergelassene Hosen stößt? Dass man seine eigene Sexualität nicht ohne Einschränkungen ausleben kann? (War das jemals irgendwo so?)
Prostitution gibt es ebenfalls noch, sogar legal und weitgehend sicher (für die Kundschaft jedenfalls). Portale und Locations für jeden erdenklichen Geschmack, dank Inet sogar Illegales. Fernreisen an Bummsstrände und schmierige Winkelgassen, die nicht so genau hinsehen.
BDSM ist cool geworden für die einen, die anderen kennen und verstehen den kink nicht, noch andere würden gerne ein kleiner, elitärer Zirkel bleiben, der die wahren Werte hochhält. Jede/r kann das halten, wie er sie es möchte, von ein bisschen Pitschepatsche bis 24/7 ("alles echt!").
Wie war nochmal das Thema... Wird heutzutage mehr BDSM gemacht? Ja, bestimmt. Alles wird mehr gemacht, denke ich, denn je mehr Informationsquellen und Beispiele und Möglichkeiten, desto mehr Neugier, Erleichterung und Ausprobieren.
Ich finde das normal.
Manche übertreibens wahrscheinlich mit der Ausreizerei, und kommen später wieder weg davon, weil es doch nicht so richtig in ihnen liegt. Auch ok.
Was stimmen mag: Es bleibt ein Prozentsatz an Menschen, die sich mit der aktiven Partnerfindung schwer tun, weil sie aus verschiedensten Gründen unattraktiv erscheinen. Die gab es auch schon immer, allerdings können (könnten) sie heute leichter aus dieser Ecke rauskommen, weil es dafür einfach viel mehr Möglichkeiten gibt als in der starren Gesellschaftsordnung früherer Epochen. Nur machen muss man es halt, da liegt der Hase im Pfeffer.