Polaris
Mein Blick schweift über den nächtlichen Sternenhimmel, ein heller Punkt fällt mir sofort ins Auge. Venus. Strahlend schön. Ein Wandelstern und doch kein Stern, mal Morgenstern, mal Abendstern.Venus verzaubert uns Menschen seit Jahrtausenden. Die meisten denken bei Venus an Schönheit, Anmut, Erotik, an ein Ideal von einer begehrenswerten Frau. Ich finde Venus unstet und doch berechenbar. Nach ihr will ich mich nicht richten, sie ist mal hier mal da.
Gedankenverloren suche ich am Firmament den großen Wagen. Im Gegensatz zur Venus sieht man dieses Sternbild auf der Nordhalbkugel immer. Ich würde gern den großen Bären darin erkennen, aber der Mensch hat durch sein künstliches Licht den Nachthimmel entzaubert. Außerdem habe ich meine Brille nicht auf. Ich verlängere in Gedanken den hinteren "Kasten" des Wagens, die beiden Sterne Merak und Dubhe sind die "Polweiser", sie führen zu meinem Lieblingsstern: Polaris, der Nordstern.
Ich liebe den Nordstern, er ist immer da, immer treu, er prahlt nicht mit seiner Helligkeit und drängt sich nicht auf. Er ist der Fluchtpunkt all meiner Träume und Sehnsüchte. Er war schon immer da und ich habe ihn schon immer geliebt, auch wenn ich ihn lange nicht kannte. Wann immer mich in meinem Leben Fernweh, Wehmut, Schmerz und Melancholie umfingen, trieben mich meine Gedanken in den Norden. Stille und Frieden, in Feuer und Eis. Schwarzer Sand und weißer Firn. Trolle und Elfen. Unendliche Sehnsucht.
Ich spüre deine warme Hand auf meinem kalten Rücken, das Lagerfeuer knistert und die Glut erleuchtet unser Anlitz. Dein Lächeln verzaubert mich, noch immer verspüre ich ein Kribbeln in meinem ganzen Körper. Der Kater nach dem Urknall, erwacht aus einem Universum, in dem es kein "du", kein "ich" mehr gab, nur zwei tanzende Augenpaare und pures ekstatisches Glück. "Woran denkst du mein Wolf?", fragst du mich leise. Ich schaue wieder in den Himmel und bekomme feuchte Augen vor Glück, dann schaue ich dir in die Augen und flüstere lächelnd:
"An dich, mein Nordstern."