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Offenheit/Ehrlichkeit und Rücksichtnahme...

*****har Paar
41.020 Beiträge
@ lebenstoll
Dann hoffe ich mal, dass es richtig gut gemundet hat!

*g*

Es ist ohnehin die Entscheidung jedes einzelnen, das so zu handhaben, wie es für ihn richtig erscheint.

Es geht mir übrigens keineswegs darum, mich zu "erleichtern" (da würde ich Dir beipflichten, dafür sollte ich andere niemals "mißbrauchen"). Aber es grummelt da etwas unter der Oberfläche.

Ob auf Wunsch oder nicht, was man unter den Teppich kehrt, bildet Stolperfallen, über die man eines Tages stolpern und auf die Schnauze fliegen könnte. Aber viel verhängnisvoller finde ich, dass auf der energetischen Ebene, im Hinspüren, in der Atmosphäre etwas passiert - und das vergiftet auf Dauer nicht nur die Atmospähre und das gegenseitige Vertrauen, sondern letztendlich die Beziehung.

Ich hab es jedenfalls noch niemals anders erlebt, auch nicht im Freundeskries und in all den Beratungen und Therapien ... (was nicht bedeutet, dass es nicht dennoch vorkommen mag, aber ich würde das dann dennoch mit einer gewissen Skepsis sehen).

(Der Antaghar)
@IsadoraWing
Hier wie oben spricht übrigens der Er.

Also zuerst einmal finde ich den Begriff Menschlichkeit viel einfacher zu definieren als Liebe und Wahrheit, von denen Du sagst, sie würden im Herzen aller Menschen (gleich) verstanden.

Schon allein der Wahrheitsbegriff ist hochgradig von den eigenen Vorstellungen, Vorerfahrungen und Motivationen geprägt. Nicht umsonst hört man vor Gericht von Zeugen des selben Geschehens die unterschiedlichsten Interpretationen. Von der Liebe ganz zu schweigen.

Menschlichkeit ist in meinen Augen, die Gefühle und Bedürfnisse des Anderen als Massstab der Handlungen zu nehmen.

Was ich gut finde, ist Dein Einwand, sich mit der Rücksichtnahme ggf. "über" den anderen zu stellen. Da ist was dran. Ich finde aber, dass ich nach Prüfung meiner Motive und Feststellung, dass ich für den anderen (und nicht für mich) Rücksicht nehme, dieses "Vergehen" akzeptieren kann und muss. Ich kann diese übernommene Verantwortung bei niemandem abladen. Aber ich muss sie auch nicht abladen, nur um mich zu erleichtern, wenn ich dem anderen damit wehtue. Ich muss riskieren, dass er im Fall, dass er herausfindet, dass ich sozusagen berechnend war um ihn zu schonen, tatsächlich gekränkt ist. Sometimes you must be cruel to be kind.
Liebe lebenstoll,
meine Ansicht zu Deinem Beispiel:

Es wurde eine offene Beziehung vereinbart mit dem Zusatz, jeder macht das für sich alleine aus.

Da gibt es für mich die Möglichkeiten: Beide kommen gut damit klar und halten sich daran. Oder aber einer kommt nicht mehr gut damit klar und möchte reden. Und da sehe ich es so, solche "Vereinbarungen" sind nicht in Stein geschrieben, wenn das Bedürfniss dazu besteht, sollten sie neu überdenkbar sein.

Wenn ich jetzt Rücksicht nehme auf den Wunsch meines Partners: "Ich will nix wissen", dann schaffe ich imho den Eingangs beschriebenen "Sumpf" - mir geht es immer schlechter (ich komme ja mit der ursprünglichen Regelung nicht mehr klar), fühle mich aber "hilflos", solange mir aus Rücksicht die Möglichkeit der Ehrlichkeit nicht annehmbar erscheint.

Wenn ich jetzt aber ehrlich bin und mit meinem Partner darüber rede, wie es mir in der Situation geht, bin ich wieder in der "Wahrheit" gelandet. Evtl. tut es zwischendurch weh, aber es zeigen sich Wege, es findet Entwicklung statt, es gibt Respekt und Augenhöhe. So empfinde ich das.


Zu dem "kniffligeren Fall" *lach*

Das Modell kann dem Quasimodo nicht die Würde nehmen - wie auch - die ist unantastbar und das nicht nur auf dem Papier :).

Möglichkeit: Sie findet ihn unmöglich, nicht nur von seinem Äusseren, sondern auch seine ganze Art. Mit der Wahrheit, egal ob sie höflich bleibt oder "brutal" wird, können die beiden merken, es hat keinen Wert, sich weiter mit einander abzugeben. Quasimodo weiss dann hinterher noch zusätzlich, ob er es mit einer höflichen oder einer brutalen Person zu tun hatte. Bleibt sie rücksichtsvoll unehrlich, flirtet evtl. zurück ohne es wirklch zu möchten, sehe ich das nur Komplikationen und Verwirrung auf die beiden zukommen...
Ob auf Wunsch oder nicht, was man unter den Teppich kehrt, bildet Stolperfallen, über die man eines Tages stolpern und auf die Schnauze fliegen könnte. Aber viel verhängnisvoller finde ich, dass auf der energetischen Ebene, im Hinspüren, in der Atmosphäre etwas passiert - und das vergiftet auf Dauer nicht nur die Atmospähre und das gegenseitige Vertrauen, sondern letztendlich die Beziehung.

Das glaube ich gut und gerne. Es ist nur die Frage, was ist mein Ziel? Eine jederzeit harmonische Partnerschaft zwischen zwei selbstbestimmten, in Ihren Eintscheidungen freien und reifen Partnern oder die Aufrechterhaltung einer Familie mit gegenseitigen Abhängigkeiten und kleinen Kindern, wie im Beispiel aus meinem Freundeskreis. Das erstere ist für mich eher eine Ausnahme, ein Luxusproblem. Die Mehrzahl der Beziehungen sind und waren wohl schon immer eher in der zweiten Kategorie anzusiedeln. Ob Du lieber Antaghar Deine Klienten nicht eher aus der ersten Gruppe rekrutierst, kann ich nicht beurteilen. Ich denke, die Klientel im Joyclub wird auch in der ersten Gruppe ihren Schwerpunkt haben, nicht wie in der Welt draussen.
Liebe IsadoraWing...
... wenn Du mich jetzt nicht bald mal mit Lieber und nicht mit Liebe ansprichst, werde ich den Männerbeauftragten im Joyclub aktiveren und eine Diskriminierungsbeschwerde einreichen. *zwinker*
@IsadoraWing
mir geht es immer schlechter

Da liegt für mich der Hase im Pfeffer - und das ist nicht böse gemeint - aber es sollte Dir im Namen der Menschlichkeit und Rücksichtnahme scheissegal sein, ob es Dir dabei schlechter geht.

Ich will nicht wie ein Pfarrer klingen (bin auch keiner) aber ich halte diese Fixierung auf das eigene Wohlbefinden und den eigenen Persuit of Happiness für einer der Grundursachen dafür, dass heute Partnerschaften eine so kurze Halbwertszeit haben, dass diese für das Grossziehen von Kindern in der Regel nicht mehr ausreicht.
Lieber lebenstoll,
entschuldige bitte das Versehen, das Dekolletee hat mich wohl verwirrt - eine frühe Offenbarung der Identität schützt da vor späterem Mecker -
*zwinker*

Also zuerst einmal finde ich den Begriff Menschlichkeit viel einfacher zu definieren als Liebe und Wahrheit, von denen Du sagst, sie würden im Herzen aller Menschen (gleich) verstanden.


Das gleich darfst Du wieder streichen, das habe ich nicht geschrieben und nicht gemeint.

"Mit dem Herzen verstehen" heisst für mich, auch wenn wir manchmal versuchen, uns mit unseren Gedanken zu täuschen, in unserem Herzen wissen wir, ob etwas wahr ist, ob etwas aus Liebe geschieht. Es ist so, wie jeder ein Lächeln erkennt und weiss, ob es glücklich oder evtl. auch traurig ist, auch ohne zu wissen, welche Gründe der andere dafür hat.


Eine jederzeit harmonische Partnerschaft zwischen zwei selbstbestimmten, in Ihren Eintscheidungen freien und reifen Partnern

Du beschreibst es als einen Luxus - für mich ist es wieder ein Ideal, ich suche Wege, mich diesem Ideal zu nähern.

Und sehe dabei, in den Fällen, wo auf Ehrlichkeit/Wahrhaftigkeit zu Gunsten von "Rücksichtnahme" verzichtet wird, nimmt man dem anderen Möglichkeiten der Selbstbestimmung, verfälscht sein Bild von der Wahrheit und führt seine Entscheidungen, die erodersie darauf gründet in die Irre...

Das sind meine Ansichten, meine Entscheidungen. Ich teile sie mit und freue mich über Zuspruch, andere Ansichten und Anregungen.

Sometimes you must be cruel to be kind.

Weder in dem was ich als wahr empfinde, noch in den Meinungen anderer dazu, sehe ich jemals ein "you must" *g*
Ohje - das sind zuviele Zitate...
nochmal besser lesbar:


Eine jederzeit harmonische Partnerschaft zwischen zwei selbstbestimmten, in Ihren Eintscheidungen freien und reifen Partnern
Du beschreibst es als einen Luxus - für mich ist es wieder ein Ideal, ich suche Wege, mich diesem Ideal zu nähern.


Und sehe dabei, in den Fällen, wo auf Ehrlichkeit/Wahrhaftigkeit zu Gunsten von "Rücksichtnahme" verzichtet wird, nimmt man dem anderen Möglichkeiten der Selbstbestimmung, verfälscht sein Bild von der Wahrheit und führt seine Entscheidungen, die erodersie darauf gründet in die Irre...

Das sind meine Ansichten, meine Entscheidungen. Ich teile sie mit und freue mich über Zuspruch, andere Ansichten und Anregungen.


Sometimes you must be cruel to be kind.

Weder in dem was ich als wahr empfinde, noch in den Meinungen anderer dazu, sehe ich jemals ein "you must" *g*
Lieber lebenstoll,
Du klingst nicht wie ein Pfarrer, aber wie jemand, der anderen Menschen sagt:

"Du solltest (in dem Fall forumliert als: es sollte Dir...)" *zwinker*

Einige meiner Wegweiser für Menschlichkeit und Rücksichtnahme (auch ohne Pastorin zu sein):

"Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" oder

"Wenn jeder sich selbst glücklich macht, sind alle glücklich" oder

"Ich kann nicht in Frieden leben, wenn in mir kein Frieden ist"

All das sind Gründe für mich, sowohl mir selbst gegenüber als auch im Aussen, Rücksichtnahme nur in Verbindung mit Ehrlichkeit zu leben. Weil Ehrlichkeit für mich Respekt beinhaltet, den ich als wichtiger und ehrenvoller als Rücksichtnahme empfinde.
Keine Bange, liebe Isadora, ich bin nicht halb so schlimm wie es scheint. Meist viel strenger zu mir als zu anderen.

Klar, Du hast natürlich recht, ohne inneres "mit sich im Reinen sein" ist Rücksichtnahme nicht viel wert. Das sollte also gegeben sein.

Ich denke, wir sind uns einig, Frau Pastorin, dass wir hier nur Fluchtpunkte skizzieren, sozusagen Leuchtzeichen auf dem Weg des Lebens. Aber ich denke, es ist wichtig, im Leben wenigstens diese zu kennen, um auf der Holperstrecke trotzdem irgendwann anzukommen.

Dies war ein Konsensangebot - falls schwer zu erkennen. *zwinker*
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ lebenstoll
Deine Annnahme kann ich gut verstehen - weil es meistens so ist.

Ich komme jedoch selbst aus sehr einfachen Verhältnissen (man nannte das damals Unterschicht) und hab mich nach und nach hoch studiert. Deshalb weiß ich sehr wohl, wovon Du schreibst.

Doch auch meine Klienten kamen bisher aus allen Schichten, also auch aus der Unterschicht (das liegt wohl an einigen meiner Besonderheiten), und so kenne ich bis heute diese Beziehungen, in welchen zunächst mal das Funktionieren im Alltag wichtig ist. Und dann habe ich auch noch einen Sohn und war viele Jahre lang allein erziehender Vater.

Trotzdem war es mir auch in den häretesten und schwersten Zeiten wichtig, aufrichtig und ehrlich zu bleiben - manchmal bis an die Schmerzgrenze. Und ich habe damit nun mal gute Erfahrungen machen dürfen.

Ich räume aber gerne ein, dass ich vielleicht etwas anders denken würde, hätte ich andere Erfahrungen gemacht. Doch ganz anders, also nahezu gegensätzlich, würde ich auch dann nicht denken.

Der beste Freund und wundervollste Partner ist für mich immer noch der, der mir die Wahrheit sagt, auch wenn sie mal weh tut. Denn er nimmt mich ernst, er achtet mich, er respektiert mich - und er traut mir zu, auch mit unangenehmen Wahrheiten zurechtzukommen! Alle anderen behandeln mich eher wie ein kleines Kind, das man auf jeden Fall noch schonen muss.

Kannst du diese Sichtweise nachvollziehen?

(Der Antaghar)
Lieber Antaghar,
ich kann Deine Sichtweise sehr gut nachvollziehen.

Zwischen meinem besten Freund und mir ist das genauso. Allerdings liebe ich den nicht, ich mag ihn nur sehr gern, da geht das besser. *g*

Vielleicht hatte ich bei meinen Beispielen andere Dinge im Hinterkopf. Wenn ich recht nachdenke, spuken mir dabei eher existentielle Eigenschaften durch den Kopf. Schönheit ist ein banales Beispiel aber ich meine allgemein Dinge, mit dem der andere leben und zurecht kommen muss, sie nicht ändern kann. Wenn mit "Ehrlichkeit" diese Grenze überschritten wird, hinterlässt das einen Stich im Herz.
Lieber lebenstoll,
ich empfinde Dich mitnichten (ohneneffen?) als "schlimm", sondern als engagierten, gedankenvollen Menschen, der mir Anstösse bietet, meine Ansichten zu überprüfen - Danke Dir dafür *g*

Aber der Konsens gefällt mir natürlich auch!

Deine Leuchtzeichen = meine Ideale? *smile*

Es hat sich viel für mich verändert, seit ich mein "Lebensziel" überdacht und für mich definiert habe: "Jeden Tag geniessen"

Das hört sich evtl. simpel an, hat für mich aber weitreichende Folgen. z.B. kann ich nicht "geniessen", wenn etwas nicht mit Ehrlichkeit verbunden ist. Es gibt Prüfungen, es gibt Versuchungen, ich bin auch nicht immer standhaft, aber die Lektionen zeigen: je mehr ich nach meinen Idealen lebe, umso besser ist mein Leben...
@Antaghar
Der beste Freund und wundervollste Partner ist für mich immer noch der, der mir die Wahrheit sagt, auch wenn sie mal weh tut. Denn er nimmt mich ernst, er achtet mich, er respektiert mich - und er traut mir zu, auch mit unangenehmen Wahrheiten zurechtzukommen!

Meine Erfahrungen gingen da leider in die gegenteilige Richtung.
Mag sein, daß die Herren sehr kränkbar waren, der Bestätigung ihres Ego dringend bedurften, doch da war wirklich nur das erwünscht, was in ihr Selbstbild passte.

Kritische Äußerungen wurden umgehend abgestraft .. Schmollecke.. Liebesentzug (ja, auch körperlicher) und das habe wiederum ich nicht lange ausgehalten und habe eingelenkt.

Letztendlich war aber solchen Beziehungen keine Zukunft beschieden.
Obwohl ich mich zurücknahm.

Jetzt beginne ich dazuzulernen, worüber ich ehrlich froh bin.
Doch die "Harmoniefalle" ist schon eine große Versuchung gewesen.

Gruß, Nymphe
Wenn mit "Ehrlichkeit" diese Grenze überschritten wird, hinterlässt das einen Stich im Herz.

Und ohne Ehrlichkeit alles im "Dunkeln" bleibt eine schwärende Wunde, um die sich niemand kümmert? Gerade in einem existentiellen Bereich eine gute Lösung?
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ lebenstoll
Stimmt. Und dieser Stich ins Herz tut weh - kann aber auch sehr heilsam sein.

Eine leicht blöde, aber durchaus treffende kleine Geschichte:

Eine dicke, fette, schwarze Spinne geht zum Therapeuten und bittet um Hilfe, weil alle Menschen sie eklig finden. Dummerweise ist dieser Therapeut einer von der Sorte, der alles versteht und alle lieb hat ... und keinem die Wahrheit sagt. (Das sind die, die ich gar nicht leiden kann!)
Also erklärt er der Spinne, das sei gar nicht wahr, sie sähe überhaupt nicht eklig aus und sei eigentlich wunderschön. Sie müssen nur zu sich stehen.
Glücklich verlässt die Spinne die Therapiestunde, zeigt sich in all ihrer Pracht dem erstbesten Menschen. Und der sagt: "Iiih, ist die eklig!" und zertritt sie.

Vielleicht wäre es besser gewesen, man hätte ihr die Wahrheit gesagt - nämlich dass sie nun mal wirklich auf die meisten Menschen eklig wirkt durch ihr Äußeres? Dass sie aber trotzdem ein wertvolles Lebewesen ist, dass sie nur eben lernen müsse, ihr Äußeren ehrlich zu sehen, richtig damit umzugehen und sich angemessen zu verhalten?

Ich wünsche eine gute Nacht und freue mich hier über eine weitere interessante und lehrreiche Diskussion!

(Der Antaghar)
**S Frau
1.409 Beiträge
Das mit der Rücksichtnahme ist ein zweischneidiges Schwert. Rücksichtnahme impliziert, dass der Stärkere den Schwächeren mitträgt. Oft ist es aber genau umgekehrt, nämlich bei der Rücksichtnahme um des lieben Friedens willen, die Anthagar angesprochen hat. Da wird die eigene Schwäche als Stärke deklariert, die aber gar nicht vorhanden ist. Wenn jemand so viel Macht über mich hat, dass er mir meinen Frieden nehmen kann, bin ich von seinen Worten/Handlungsweisen etc. abhängig und verkaufe das vor mir selbst als Rücksichtnahme, um meiner eigenen Abhängigkeit und Schwäche nicht ins Auge sehen zu müssen.

Wobei ich schon für Rücksichtnahme bin in der Form, dass ich Ehrlichkeit nicht ungefragt über jedermann ergieße. Manches von dem, was ich fühle, denke und tue, ist nicht allzeit für jedermann verträglich und es ist eine Respektsache, es dem anderen zu überlassen, wann und ob er schonungslose Ehrlichkeit haben will. Die gibt es von mir durchaus, aber nur auf Anfrage, und umgekehrt will ich auch nicht jederzeit jedermanns Beichtvater bzw. Beichtmutter sein. Wenn ich finde, dass was verbal formuliert werden sollte, frage ich schon nach (und wenn mich jemand, der mir nahe steht, dann anlügt, merke ich das sowieso und akzeptiere das, niemand muss mir was erzählen, was er nicht erzählen will).
Und ohne Ehrlichkeit alles im "Dunkeln" bleibt eine schwärende Wunde, um die sich niemand kümmert? Gerade in einem existentiellen Bereich eine gute Lösung?

Gut, dann sage ich: Ich darf die Würde des anderen nicht durch Ehrlichkeit verletzten. Vielleicht trifft es das genauer.

Auch @A.: Es gibt eben hässliche Spinnen, die keiner anfassen will, auch unter den Menschen. Aber wenn man mal genauer hinguckt, sind auch das schöne Tierchen, sie müssen nur dem Richtigen begegnen. Insofern haben sie eine ihnen eigene Würde. Ich stehe dazu, dass man da nicht ransollte, egal was. Steht nicht umsonst in Artikel 1 GG.

JCS, das kann ich unterschreiben, das klingt nach einer sehr praxistauglichen Sichtweise.

Gute Nacht!
@JCS
Wow - was für ein toller Beitrag!

Meinen "Danke-Button" habe ich für heute schon gedrückt, daher hier auf diesem Weg: Danke! *blume*



Zum Hintergrund meines Threads:

Meinen Sumpf habe ich letzten Sommer verlassen, nachdem "love it or change it" nicht funktioniert hat. Die Torte ist gegessen...

Der Eingangstext hier ist Teil einer mail an einen Mann, der hier ein Profil hat, in dem aber keine Statusangabe zur Beziehung stand. Auf Nachfrage: Feste Beziehung, es kriselt, es gibt Beratungsgespräche, er wünscht sich mehr Offenheit, kann sie aber in der Beziehung nicht leben...

Ok, sein Gefühl des "Ich kann nicht offen sein, habe Angst vor den Konsequenzen" in der Beziehung kann ich nachvollziehen. Aber warum ist er hier im JC nicht offen? Warum versucht er nicht, wo immer es im möglich scheint, Offenheit und Ehrlichkeit in sein Leben zu bringen, wo er es doch vermisst?

Mit diesen Fragen von mir kam es zum mail-Austausch, der dann zu den "Sumpf-Bildern" führte.

Mittlerweile hat "er" die Angabe zur Beziehung in seinem Profil aufgenommen...
lebenstoll - er
Das Modell kann dem Quasimodo nicht die Würde nehmen - wie auch - die ist unantastbar und das nicht nur auf dem Papier *g*

Imho kann nur jeder Mensch selbst durch würdeloses Verhalten seine Würde antasten...

Aber ich denke, wir empfinden da beide einen ähnlichen Respekt, wie ihn auch JCS beschreibt: Auf das Interesse des anderen für die Ehrlichkeit und die Verträglichkeit achten.

Nur mein Weg dabei, wenn ich merke, diese Rücksichtnahme auf Interessen und Verträglichkeiten *zwinker* würde bei mir zum "Wegstecken" einer für mich wichtigen Ehrlichkeit führen, dann entscheide ich mich lieber für die Offenheit. Wobei ich in den Ausführungen von JCS eine grosse innere Ruhe und Gelassenheit spüre, die mein Interesse weckt, ihre Ansichten weiter auf mich wirken zu lassen.

Ok - es hat gewirkt *lach* - ich möchte beides in meinem Leben haben (und erkenne, ich habe bereits beides in meinem Leben): Gelassenheit und Lassen-Können (manchmal auch der Offenheit) und Engagement und Einmischung (manchmal auch ungefragt).
Auch der Ehrlichste und Aufrichtigste Mensch muß manchmal Lügen. Egal wie das Gewissen anklopft. Ich spreche aber von Ausnahmen.

Ein Spruch der mir sehr half:

Entweder man ist konsequent, oder man lebt.

ich denke, er paßt auch hier etwas.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
Menschlichkeit
Das Modell kann dem Quasimodo nicht die Würde nehmen - wie auch - die ist unantastbar und das nicht nur auf dem Papier :).

Hmm. Nach meinen Beobachtungen wird diese Würde tagtäglich de facto mit Füßen getreten: auf dem Arbeitsamt, bei "Bauer sucht Frau" oder bei "Germany's next Top Model." Bin ich wirklich der Einzige der das "sieht"? Wo bleiben die Strafverfahren bzgl Art 1 GG?

Vielleicht wäre es besser gewesen, man hätte ihr die Wahrheit gesagt - nämlich dass sie nun mal wirklich auf die meisten Menschen eklig wirkt durch ihr Äußeres?

Peter Sloterdijk hat genau dafür (für das die-Wahrheit-sagen, für einen Vortrag der später in Buchform unter dem Titel "Regeln für den Menschenpark" veröffentlicht wurde) mächtig Haue bekommen.

OK, es ging dort nicht um Schönheit, sondern um Bildung:

Er wagte die Frage zu stellen, ob nicht das Bildungsgefälle in unserer Gesellschaft mittlerweile das Ausmaß einer "Speziesdifferenz" angenommen habe. Und wo, wenn man diese Frage denn bejahe, noch der Humanismus, also die Menschlichkeit bleibe.

Ich lese in diesem Forum sehr viele Beiträge von Menschen, die sich damit brüsten, die Techniken des Flirts und des "Ins-Bett-kriegens" genauso perfekt zu beherrschen, wie Bauer-sucht-Frau seine Kuh von der Weide in den Stall treibt.

Egal ob mit oder ohne Peitsche:
Wo bleibt da die Menschlichkeit?
Müssen wir uns von diesem Konzept nicht doch langsam verabschieden?
Tolle
Beiträge hier!


Danke,

war Gestern Abend nicht am PC, muss noch mal alles in Ruhe lesen.

Wirklich gute und interessante Beiträge.


lg Ralf
@er707
Auch der Ehrlichste und Aufrichtigste Mensch muß manchmal Lügen.


Es ist Deine Entscheidung, für Dich ein solches Weltbild zu haben. Ich habe ein anderes *g*

In meiner Welt gibt es kein "Muss". Ich weiss, ich habe immer die Wahl, ich kann Entscheidungen treffen und diese werden Konsequenzen haben.

Mal ein Extrembeispiel:
Ich "muss" nicht essen, werde dann aber schwach werden und irgendwann verhungern, ich muss nicht mal atmen, werde dann aber kurzfristig sterben (wenn ich weiter atme, sterbe ich halt längerfristig *zwinker* ).


Manche Konsequenzen möchte ich nicht haben. Dann treffe ich meine Entscheidung entsprechend, empfinde das aber nicht als "Ich muss", sondern als "Ich will".

Und da gibt es bei mir ein "Ich will meinen Partner nicht verarschen.", entsprechend fallen meine Entscheidungen aus und Ehrlichkeit hat da eine hohe Priorität.

Aber das sehe ich als meine persönliche Entscheidung, mein persönliches Ziel. Und ich habe auch die Freiheit, spontan zu Handeln, ohne die Konsequenzen zu bedenken, kann auch mal Spass machen - zeigen werden sie sich aber letztlich trotzdem...
Lieber Jincandenza,
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Für mich ein unergiebiges Thema - ich bin jederzeit menschlich, kann ja nichts anderes sein. Genauso wie ich jederzeit die Würde habe, die meinem eigenen Verhalten entspricht...
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