Ich trage Anzüge, ich trage Zuhause eine Jogginghose, ich trage Metalklamotten, ich trage Anarchoklamotten, ich trage Goth-Klamotten und manchmal locker alternative Freizeitkleidung.
Alles davon drückt irgendeinen Aspekt meiner Person aus, dennoch entscheidet der Anlaß wann ich was trage.
Bestimmte Kleidungsstücke können ein Stilmittel sein um eine bestimmte Stimmung zu unterstreichen.
In einer BDSM-Atmosphäre mit brennenden Kerzen, dezent atmosphärischer Musik und bei einem seichten Wein auf dem Tisch käme eine Joggingpeitsche und ein Tanktop halt weniger dolle rüber und würde mit eben jener Atmosphäre brechen.
Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass ich über die Kleidung den Charakter eines Menschen definieren kann. Jeder Hannes kann einen Anzug anziehen. Das bedeutet an und für sich noch nichts, außer dass die Person für sich beschloss einen Anzug zu tragen und sich selbigen scheinbar leisten kann.
Kleidung kann auch einfach nur eine Verkleidung sein.
Vor vielen Jahren hat mich eine Geschäftsführung im Zuge eines Vorstellungsgespräches gefragt wie ich erschienen wäre, wenn ich nicht dem Stereotyp der Erwartung an einem Anzug gefolgt wäre. Im weiteren Verlauf hat man mir dann locker erzählt, dass man in dem Unternehmen überhaupt nicht auf irgendeine Form an Kleidung besteht. Jeder Mensch soll so kommen wie er oder sie sich wohl fühlt. Würden Geschäftskund:innen damit nicht klar kommen wäre das deren Problem, da man mit Qualität und nicht mit "Style over substance" auf dem Markt punkten wollte (und das bis heute tut). Das empfand ich damals als erfrischend, auch wenn ich ob des Arbeitsweges am Ende selbst absagte.
In meiner Freizeit entscheidet meine subjektive Lust zusammen mit dem Anlaß darüber was ich trage.
Anhand meiner Kleidung auf meinen Charakter schließen zu wollen wäre genauso wild wie zu versuchen dies über meinen Musikgeschmack zu tun.
Zudem ich mir ungern sagen lasse was ich zu tragen hätte, wenn ich "ein echter Dom sein will". Mich langweilen eher die Menschen, die sich durch ihre Kleidung definieren und ihren Selbstwert generieren müssen wie etwa jene, die zu offenen Stammtischen in Vollornat kommen weil "man das so macht" und nicht weil sie es von sich aus wollen.