Die für mich/uns perfekte Affaire über viele Jahre sah so aus:
Wir kannten uns schon jahrelang aus gemeinsamen politischen Zusammenhängen und trafen uns innerhalb des gemeinsamen Themas ca. drei bis vier Mal im Jahr auf überregionalen Tagungen.
Irgendwann hatten wir für eine bestimmte Sache viele Monate auf der selben Seite erfolgreich gekämpft, unterlagen aber schließlich bei der Abstimmung darüber, weil die Gegenseite plötzlich "Stimmvieh" aufbot, zusätzliche stimmberechtigte Mitglieder, die eigens zu diesem Zweck kurz vor der wichtigen Abstimmung in die Organisation eingetreten waren. Aus Wut und Enttäuschung über diesen unfairen Coup landeten wir an jenem Abend schließlich gemeinsam im Bett der Tagungsstätte, wo die Treffen jeweils stattfanden.
In dem Moment war es ganz einfach das Bedürfnis nach Trost und Aufgefangen Werden, das uns zusammenführte, kein plötzlicher Hormonstoß oder reine sexuelle Gier, aber die körperliche Nähe tat uns beiden unendlich gut und wir hatten beide keine Sekunde ein schlechtes Gewissen dabei. Keiner dachte daran, das ganze weiter auszubauen, wir waren schließlich beide gebunden und es ging uns gut in diesen Partnerschaften.
Aber von da an schliefen wir bei allen weiteren Treffen in dieser Struktur im selben Zimmer und der Sex war jeweils wunderschön. Gleichzeitig war es für beide von allem Anfang an klar, dass aus dieser Konstellation niemals mehr werden würde, das hätten wir beide auch tatsächlich nicht gewollt. Da wir teilweise im selben Freundeskreis verkehrten, gab es im Alltag durchaus auch Situationen, wo unsere Partner mit dabei waren und da gab es nie irgendwelche Zärtlichkeiten oder verfänglichen Situationen, das wäre uns auch überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Auch bei allen Kommunikationsformen, schriftlich oder telefonisch (Internet gab es damals noch nicht!) zwischen den Treffen war dies rein sachbezogen und ohne zu Flirten. Dennoch hatten wir eine tiefe Verbundenheit miteinander, jedoch ohne dass das je explizit verbalisiert wurde, war immer glasklar, dass die Belange beider Partner und Familien für uns immer und in jeder Situation Priorität haben, und wir haben beide sehr bewußt darauf geachtet, die entsprechende Diskretion zu wahren und niemanden zu verletzen oder zu desavouieren.
Als seine Frau erkrankte und an einem inoperablen Gehirntumor starb, zog er sich unmittelbar nach der Diagnose aus der politischen Arbeit zurück, um ihr beistehen zu können. Damit fanden unsere regelmäßigen erotischen Treffen ein natürliches Ende, ohne Vorwürfe oder Bitterkeit. Befreundet blieben wir und unsere Partner jedoch weiterhin miteinander, und als später auch er schwer erkrankte und schließlich starb, habe ich mich mit allen anderen Menschen aus dem gemeinsamen Freundeskreis an seiner Betreuung aktiv beteiligt.
Bis heute ahnt niemand aus unserem näheren Umfeld von unserer Affaire, und das ist gut so und soll auch so bleiben.