Jeder stellt sich etwas anderes unter einer Beziehung vor, und wenn es um die Definition einer "glücklichen" Beziehung geht, dann dürfte es so viele Definitionen wie Menschen geben.
Für mich bedeutet eine Beziehung, dass ich meinen Partner bejahe und ihm bzw. ihr zugewandt bin; und umgekehrt. Intimität gehört für mich zu einer Liebesbeziehung, aber ich differenziere Intimität von Sexualität. Ich muss nicht alles an meinem Beziehungspartner mögen, aber ich muss meinen Partner mit allem Mögen. Gegenseitiger Respekt gehört auch dazu, auch das Respektieren der Eigenständigkeit und der Privatsphäre. Ohne Vertrauen geht es nicht. Mich gut mit dem Partner fühlen ist wichtig, meine Partnerin kann ich nicht als auswechselbar erleben. Eine Liebesbeziehung ist für mich etwas exklusives, was aber nicht bedeutet, dass sie sexuell monogam sein muss. Meine Liebe ist exklusiv. Meinem Partner wohlgesonnen sein gehört für mich zu einer Beziehung, ihn loszulassen und gehen zu lassen, wenn ich bemerke, dass es meinem Partner ohne mich besser als mit mir geht, ist auch wichtig. Meinen Partner nicht als selbstverständlich voraussetzen, ihn nicht als Besitz anzusehen, ist für mich wichtig. Meinen Partner zu nehmen, wie er oder sie ist, den Partner nicht ändern zu wollen, ihn nicht für mein Glück zuständig machen gehört für mich zu einer Beziehung. Keine Rede- und Denkverbote gehören für mich zu einer Beziehung. Eine Beziehung soll bereichernd und befreiend sein, nicht beengend und beschränkend.
D.h., all das gehört für mich zu einer guten Beziehung.
Wenn du schilderst, dass die Ex-Freundin deines Partner immer gefragt hat, wo er ist und was er macht, dann mag das eine Beziehung sein, aber wohl eher keine vertrauensvolle sondern eine kontrollierende. Liebt sie ihn als Mensch oder als Besitz? Dass dein Partner so etwas nicht nochmals erleben will, versteht sich von selber. Nähe kann, aus meiner küchenpsychologischen Sicht betrachtet, nach so einer Beziehung bedrohlich wirken.
Dieses Einengen ist für mich zwar kein Widerspruch zu einer Beziehung, aber aus meiner Sicht ist es eine schlechte Beziehung und eine, die in der ich nicht sein will. Eine Beziehung soll eine Bereicherung sein. Irgendwer hat in diesem Forum mal geschrieben: In einer Beziehung hat man Probleme, die man als Single nicht hat. Wenn nur der Minimalkonsens möglich ist, die Schnittmenge, nur das, was beide bejahen können wird auch gelebt, dann mag das auch eine Beziehung sein, aber keine bereichernde und keine, in der ich leben will.
Eine Definition für einen Kompromiss ist, dass es eine Lösung ist, mit der alle Beteiligten unzufrieden sind. Das will ich nicht als Grundzustand einer Beziehung.
Eine Beziehung kann durchaus kurz und leidenschaftlich sein. So ein Gefühlsvulkan ist toll! Wenn der Vulkan erlischt, dann hat das Magma hoffentlich nichts wichtiges verbrannt und die Beziehung kann ruhiger weiter gepflegt werden.
Die Beziehung, bei der entschieden wird, wann lebenserhaltende Maschinen abgestellt werden sollen, ist sicher eine Beziehung, die mit Vertrauen zu tun hat. Das muss keine Liebesbeziehung sein. In dem Fall muss der Beziehungspartner bereit sein, den Partner gehen zu lassen. Zu sterben ist sicher die härteste Form, von einem geliebten Menschen verlassen zu werden.
Es gibt zwei nette Sprüche. Nr 1: Der Weg ist das Ziel. Nr 2: Wer sein Ziel nicht kennt, wird es nicht finden.
Ich denke, jeder sollte wissen, was er oder sie will. Das gilt auch für eine Beziehung. Es gibt Menschen, die lieber in keiner Beziehung leben als in einer schlechten. Ihnen ist der Partner wichtig und sie betreiben Selbstfürsorge. Und es gibt Menschen, die lieber in einer schlechten Beziehung leben als in gar keiner. Ihnen ist die Beziehung wichtig, dass sie in einer Beziehung sind, nicht der Partner.
Insofern reicht es erstmal zu wissen, welche Beziehungsform du nicht willst. In dem Fall ist der Weg das Ziel. Den geht man so lange, bis man weiß, was man will.
Du sagst, dass nicht wir, sondern unsere Gefühle steuern würden, ob es eine Beziehung wird. Ich bestreite das. Gefühle sind ein Teil von uns. Wir können uns von unseren Gefühlen kontrollieren lassen, die dann dafür sorgen können, dass wir in eine schlechte Beziehung einsteigen. Das wäre der Fall, wenn dein Freund sich eine neue Partnerin sucht, die genau das gleiche tut, wie die alte, und er genau unter der gleichen Beziehungsform leidet wie schon zuvor. Wir haben auch unsere Ratio. Die können wir allerdings in diesem Zusammenhang nur negativ nutzen. D.h., wir können nicht rational und willentlich eine gute Beziehung herbei führen, wir können aber trotz allem Gefühlschaos eine schlechte oder gar toxische Beziehung willentlich beenden und aus unseren Fehlern lernen.
Für den Moment gibt es keinen Grund, dass sich dein Freund festlegen muss, ob bzw. welche Beziehungsform er will. Du übst ja keinen Druck aus und verlangst von ihm nicht, dass er sich festlegen muss. Festlegen: auf was überhaupt? Vielleicht kannst du ihm die Angst nehmen, sich festlegen zu müssen. Überlegt euch, was ihr nicht wollt, wo eure Grenzen sind, trefft Vereinbarungen, wie mit Konflikten umgegangen werden soll, stellt keine Rede- und Denkverbote auf und alles andere lasst ihr offen.