Wenn man jemanden "da draußen" kennenlernt, z.B. durch ein zufälliges Gespräch, will man dann erst einmal schnell den "Beipackzettel" desjenigen checken, ob die Vorlieben, die Wünsche und Sehnsüchte, die No-Gos, die Hobbys, Leibgerichte, Urlaubsziele, Sammelleidenschaft und bevorzugte Musik passen, bevor man weiterreden will?
Und wenn angesichts der Summe der möglichen Eigenschaften eines dieser völlig unwichtigen Details nicht passt, verabschiedet man sich dann mit der Floskel "Ich glaube, das passt nicht zwischen uns"?
Wer glaubt denn, dass nach einer solchen Katalogauswahl hätte man jemals einen Traumpartner gefunden? Tatsächlich ist es so, dass man mit unterschiedlichen Eigenschaften zusammengefunden hat. Bei manchen Punkten hat es gleich gepasst, bei manchen ist man aufeinander zugegangen, bei anderen ist man heute noch unterschiedlich. Na, und? Ist doch prima so.
Natürlich, je früher man zusammenkommt, desto leichter wird man eins. Einfach, weil man noch nicht so in seiner Meinung bezüglich Vorlieben gefestigt ist. Das Erwachsensein und Zusammenleben entdeckt man gemeinsam und gestaltet es entsprechend. Das später zu ändern mag am "Altersstarrsinn" liegen oder einfach zu starke Gewöhnung sein, wenn es nicht wirklich klappen will. Dazu muss man bei späterer Neuorientierung nach Trennung unter Umständen gelassener sein und die Unterschiede auch einfach mal akzeptieren.
Wir beide haben z.B. nicht den gleichen Musikgeschmack, völlig konträre Getränkewünsche, weit auseinander liegende Berufe, unterschiedliche Hobbys und es klappt trotzdem prima. Andere würden sich vielleicht darüber so aufregen, dass es nicht ginge. Wir sind einfach gelassen genug, jedem seinen Freiraum zu lassen, wo man das machen kann, was der andere nicht mitmachen will. Andere Aktivitäten machen wir dafür wieder gemeinsam.
Wenn du den Anspruch hast, dass alles zu 100% passen muss, dann musst du die x Mrd. Frauen checken, die da draußen sind. Vielleicht findest du die, wo alles passt, mit einem Dolmetscher in einem fernen Land, nur um dann festzustellen, dass die dich nicht will. Schließlich bist du mittlerweile schon scheintot, weil die Suche echt lange gedauert hat.
Die Tatsache, dass wir meinen, das Internet auf der einen Seite mit der unendlichen Fülle an Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und Flugreisen zur schnellstmöglichen Mobilität auf der anderen Seite würde uns ALLES zur Verfügung stellen, führt manchmal dazu, dass wir mit nicht weniger als 100% zufrieden wären. Der Effekt ist pure Überforderung. Der Mensch kann aus einem Überangebot keine Entscheidung treffen, die Situation lähmt ihn. Insbesondere, wenn es eine Entscheidung mit großer Tragweite ist.
Wenn man rote Farbe kaufen will und steht plötzlich vor dem Angebot von scheinbar hunderttausenden Rottönen, die sich nur in Nuancen unterscheiden, ist das auch schwerer als wenn es wesentlich größere Unterschiede gäbe und dafür nur 10 Rottöne (und das in allen Läden gleichermaßen).