Also.
Vereinfacht:
wie Arev87 schon mehr als hat anklingen lassen, ist eine Sucht physiologisch (und auch das Hirn ist Teil des physischen Körpers und besteht aus Zellen) erstmal ein Problem der Hirnchemie.
Egal ob Heroin oder Sportsucht - nennen wir es einfach "den Kick brauchen".
Botenstoffe wurden substituiert oder Stimuli ergänzt, gestacked ... hier irrelevant.
Das Beenden einer Sucht führt zu einem plötzlichen Missverständnis.
Der Körper lernt (wenn nicht irreversibel geschädigt) im idealen Regelfall wieder diese Botenstoffe, Hormone whatever zu produzieren und in dieser Zeit ist man kein anderer Mensch, aber in Dysbalance.
Das kann man medikametüs unterstützen, substituieren whatever, aber in jedem Fall dauert es.
Das geht von Nervosität und Unkonzentriertheit bs hin zu Muskelkrämpfen und wirklich hässlichen Schmerzzuständen, Wahnzuständen, Herz- Kreislaufproblemen, Delirium etc.
Je nach Sucht. Das kann beim Rauchen schon anfangen, auch wenn es immer Menschen gab, die einfach aufhören konnten und das problemlos. Andere schaffen das nicht so einfach und haben deutliche Entzugserscheinungen. Man sagt nicht umsonst, dass man erst nach einem Jahr Enthaltsamkeit von "Nichtraucher" reden kann und viele bleiben dennoch ein Leben lang gedanklich immer wieder mal beim Jieper nach Kippe und müssen das bewältigen. Alkoholiker bleiben in der Regel ihr Leben lang Alkoholiker.
Hier reden wir nicht mehr von "ich entscheide mich mal", sondern von Herausforderungen.
Ausmaß unterschiedich, aber von "dann hör doch auf" ... na ja ...
Manche Menschen verfallen in tiefe Depressionen, nach dem körperlichen Entzug (der IMMER stattfindet, auch wenn er manchmal nur Tage dauern mag). Ich kenne Menschen, die Sport süchtig waren, den Sport nicht mehr ausüben können und lange damit zu kämpfen hatten. Ist Hirnchemie.
Entscheidungen und Kampfgeist können das ändern, sind aber erstmal Vorraussetzung es zu schaffen, aber nicht Heilung.
Das mit "Hör halt auf" ab zu tun erscheint mir respektlos gegenüber den Betroffenen. "Hättest Du nicht anfangen sollen", allerdings auch.
Menschen nehmen schon seit (Wortwitz) "Menschengedenken" Drogen und werden immer Drogen nehmen. Selbst Tiere tun das, weil ein Kick geil ist.
Und wenn jemand in die Sucht rutscht, ist er nicht "schuldig", sondern "erkrankt".
Auch eine Pornosucht heilt man nicht mit "Lass es halt" einfach so, denn auch hier werden bestimmte Vorgänge im Hirn beim Suchtkonsum angestoßen / befriedigt.
Und wie Arev87 auch schon ausführte, ist die Verhaltensänderung auch eine teils extreme Herausforderung, die auch Hilfe und Verständnis des Umfeldes durchaus angewiesen sein kann. Nicht jeder Pronosuchtentzugspatient kündigt den Job und zieht in die Antarktis, wo es kein Netz gibt.
Und wenn, hat er/sie/es womöglich nach drei Wochen ein Satellitentelefon und streamt so.
Und auch Pornosucht hat schon Familien, Partnerschaften und "Leben zerstört". Dieses Potential hat JEDE Sucht, auch wenn Rauchen womöglich in der Tat noch die harmloseste davon ist.
Sucht ist eine Krankheit. Es hat lange gedauert, bis das große Teile der Gesellschaft akzeptieren konnten.
Es wäre schade, wenn wir wieder in diese "Selbst schuld / Eigenverantwortungszeiten" zurück fielen.
Denn gerade in unserer Gesellschaft und was hier tatäglich so abgeht, steigen die Zahlen mentaler Krankheiten unaufhörlich. Mir ist lieber, Menschen stürzen sich in eine Sucht, als von der Brücke.
Aber und das kommt mir zu kurz: Sucht ist an sich schon ein Aufschrei in jedem Süchtigen. Man muss einem Süchtigen nicht immer helfen die Sucht zu beenden. Manchmal reicht Verständnis und ein Ohr, um dabei zu helfen, die Sucht im Griff zu haben.
NIEMAND, ich betone, NIEMAND wird süchtig, weil alles perfekt ist und er/sie/es nur mal aus Langeweile beschließt sich eine Sucht anzulachen, nur weil er/sie/es gelesen hat, dass man länger lebt, wenn man die Sucht aufgibt (ja, der letzte Halbsatz war ein Scherz).