Was ist denn Richtigstellung?
Jeder, wirklich jeder hier hat seine eigene Wahrheit und die wird vehement vertreten.
Egal, ob wissenschaftlich belegt (aber nie am eigenen Leib erfahren) oder selbst betroffen (und nur von seiner eigenen Geschichte erzählend).
Ich bin froh, mich bei diesem Thema echt zurückgehalten zu haben, aber es juckte ungemein in den Fingern.
Das, was mir bei diesem Thread in Erinnerung bleiben wird, ist für mich als Betroffene (mit medizinischem Halbwissen aber vollster Erfahrung als jahrzehntelange Co-Abhängige) teilweise nur schwer auszuhalten gewesen.
Meine Geschichte hätte hier ihren Platz gehabt, ich habe es mir verkniffen, denn der Thread rutschte schnell in Selbstdarstellung, Parolen und Theorien ab. Nur wenige User haben bei mir den Eindruck erweckt, dass sie wirklich aus eigener Erfahrung sprechen können. Komischer Weise waren es genau die, die sich dezent zurückgehalten haben. Warum wohl?
Dieses Thema wird mich immer mal wieder triggern und innehalten lassen. Gut so....denn heute weiß ich, dass ich der einzige Mensch bin, der an meiner Lage etwas ändern kann. Und nur ich! Ich habe die Verantwortung für mich alleine. Egal, ob ich süchtig oder co-abhängig bin. Egal, ob meine Misere durch Eltern, Freunde, Bekannte usw. erzeugt wurde (die es auch nicht mit Absicht gemacht haben und ihre eigene Geschichte haben). Mit der Erkenntnis, was alles im Leben schiefgelaufen ist, war ich die Einzige, die sich daraus befreien konnte. Niemand ist diesen Weg für mich gegangen. Ich habe um Hilfe gebeten und sie bekommen, von einigen ganz wenige Menschen und das waren genau die, die von Süchten betroffen waren und deren Leben komplett zu kippen drohte, nachdem ihnen die Familien, Freunde, Bekannte, Arbeitgeber etc. die "Freundschaft" kündigten. Da merkten sie, es muss sich was ändern.
Und sie erkannten, dass es an ihnen lag, dies zu tun. Niemand anders.
Ich bin in Therapie gegangen, freiwillig und ambulant, und es war hart...aber es war gut. Denn ich wurde das erste Mal wahrgenommen in meinen Gefühlen. Durfte mein Schamgefühl offen aussprechen, durfte weinen. Ich bekam Mitgefühl und Hilfe. Was ich aber nie bekam, war der Titel "Opfer", obwohl ich mich so fühlte. Heute weiß ich, warum und ich bin zutiefst dankbar darüber.
Nächste Woche, zum zehnten Todestag meiner Mum, werde ich wieder an ihrem Grab stehen und innerlich lächelnd sagen "Danke, Mama, dass es Dich für mich gab."
Ich bin zutiefst mit ihr im Reinen, denn ich habe nicht nur meine Geschichte aufgearbeitet sondern parallel dazu auch ihre und ich habe im Laufe sehr viel Verständnis für ihre Situation aufgebracht. Nicht aber für ihre Haltung, nichts dagegen zu tun. Da war ich ihr sehr schnell voraus.
Sucht: dieses Thema packt mich wirklich, weil ich mich solange schon damit auseinander setze...als Betroffene, die es 1:1 durchlebt hat und den liebsten Menschen auf Erden an sie verloren hat.
Das, was hier abging, hat -gefühlt für mich- nichts oder nur wenig mit dem realen Leben zu tun.
Das wahre Leben ist das, was Menschen erleben, nicht, was sie nur an Theorie und durch Profilierung glauben, zu erreichen...geschweige denn, bewirken zu können.
Wäre ich süchtig...über die meisten Beiträge hier hätte ich den Kopf geschüttelt und wahrscheinlich jetzt ein diagnostiziertes Schleudertrauma.
Ich überlege gerade, ob ich das alles hätte freundlicher formulieren können, aber ich lasse es dabei, denn es spiegelt gerade meinen Zustand wieder. Traurig, enttäuscht und irgendwie auch mächtig sauer.
Dabei belasse ich es und gebe mich zum Steinigen frei.
Ein Dank aber geht echt mal an die Mods, die in dieses Thema mal nicht vorzeitig eingegriffen, gelöscht oder gesperrt haben, sondern dem Austausch ihren Lauf gelassen haben.