Morgenröte
Wärme.Das ist das erste, was sie spürt.
Wärme von unten, Wärme von oben. Wärme rings um sie.
Weicher Stoff umgibt ihre nackte Haut.
Sie dreht sich auf die Seite, die Augen noch geschlossen. Die Arme wie die Beine um die Bettdecke geschlungen, als wäre diese der Körper des Geliebten.
Leichte Kühle knabbert an ihrem Rücken. Sie lässt es zu. Will sich noch nicht aus der innigen Umarmung lösen. Genießt die selbstzugefügte Qual. Fühlt die winzigen Zähnchen, erschauert. Schließlich wird es ihr zu bissig. Sie entlässt die warme Wolke der Decke aus der Umklammerung, um sich wieder einzuwickeln.
Dabei werden die Füße freigelegt.
Genussvoll wackelt sie mit dem großen Zeh an der frischen Luft. Frisch? Nein. Die Luft ist geschwängert vom Duft der Nacht und längst vergessenen Träumen. Das kümmert den Zeh wenig. Fröhlich schließen sich seine Artgenossen an.
Sie streckt sich lang - langsam. Genießt, wie die Stoffe der Liegesstatt ihre Haut scheinbar liebkosen. Zärtliche Handflächen, die nur in der Einbildung existieren. Dennoch - wer oder was ist der Epidermis am nächsten in den schutzlosesten Stunden tiefen Schlafs?
Sie drückt den Rücken nach oben durch. Sanft reibt die Bettdecke über ihre Brüste, neckt die kleinen Knospen zu erwachen.
„Mmmmh", macht sie verschlafen. Ein kleines Lächeln umspielt die kussbereiten Lippen. Mit den Händen umschließt sie die weichen Hügel, die Finger finden die erhartenden Himbeeren und drücken sie mit erwartungsvollem Feingefühl.
Sich räkelnd lässt sie die Hände über den Körper herabwandern. Die eine streichelt den runden Po, die andere fährt langsam über das weiche Fleisch des Bauches.
Die Unschuld eines Körpers, der aus dem unbekannten Reich des Morpheus zurückkehrt.
Sie schiebt die Decke beiseite, reckt die langen Beine in der Dunkelheit zur unsichtbaren Decke. Umgreift die Oberschenkel und fährt die Muskeln nach. Gedankenlos zerteilt sie die Kerze, indem sie die Beine spreizt, so weit sie kann. Ein zorniger Schmerz in der Leiste lässt sie einknicken und die Füße abstellen. Eine Hand findet den Weg über den Hügel, der der Liebesgöttin gewidmet ist. Tastet nach der feuchten Hitze, die die Sehnsucht nach Liebe gebiert.
Sie starrt in die Finsternis. Nichtssehend und doch so viele Bilder vor Augen. Die Schwärze ist die Leinwand. Ob es nun der eine, einzige Geliebte ist, die vielen Liebhaber oder die unzähligen, gierigen Unbekannten, die ihren Leib anbeten - in diesem Moment ist sie allein mit sich und den unbegrenzten Möglichkeiten der Fantasie. Szenen manifestieren sich auf den Bühnenbrettern des Kopfkinos. Signale vom Gehirn lassen die Brüste empfindlicher werden und die weichen Genitalbereiche schwellen. Sie windet sich in den Laken, suhlt sich in der Wollust. Die Tentakel der Vorstellung sind überall. Es gibt kein Richtig und kein Falsch.
Morgenröte überzieht ihre Wangen, als sie die schweren Vorhänge am Fenster beiseite schiebt.
Die Welt ist die Bühne und erwartet ihren Auftritt.
Frohgemut startet sie in den aufziehenden Tag.
Copyright by Regina_clara, Oktober 2023