Ich habe zu der Fragestellung zwei ineinander greifende Gedanken:
Never change a running system!
Ich für mich habe festgestellt, dass mir Gefühle herzlich egal sein können (sowohl die auf meiner Seite, als auch die auf der gegenüberliegenden Seite) solange es sich für mich nichts ändert. Wenn unsere Vereinbarung darin besteht, dass wir uns im Rahmen X für eine Anzahl an Treffen Y verabreden, und mir das reicht, dann ist es mir schlicht und ergreifend egal ob nun ich mich verliebe, oder die andere Person das tut. Gefühle ändern ja an dem 'Außen' nichts, sondern erst einmal nur im 'Innen'.
Kompliziert wird es nur, wenn das 'Innen' das 'Außen' beeinflussen möchte, bzw. das 'Außen' dem 'Innen' nicht mehr genügt. Dann entsteht Leidensdruck, was mich zu meinem zweiten Punkt bringt.
Des einen Leid...?
In dem Moment, in dem eine Partei etwas verändert haben möchte, leidet sie unter dem derzeitigen Zustand des 'Außen'. (Für viele ist Leid ein sehr extremer Begriff, ich benutze ihn der Einfachheit halber im weitern Kontext für jegliche Art des Unwohlseins.) Und da wir Menschen Leid um jeden Preis verhindern möchten, beginnt entweder eine Verhandlung mit der anderen Partei, oder eben ein Abbruch der Beziehung.
Wenn Partei 1 verhandeln möchte ("Hey, ich merke ich ich bin verliebt und möchte dich öfter als Y sehen, ist das für dich eine Option?"). kann sich Partei 2 überlegen ob das in Ordnung für sie ist ("Ach, die Zeit die wir zusammen haben ist schön, darauf kann ich mich einlassen.") oder es entsteht Leidensdruck ("Ohje, eigentlich möchte ich die Zeit, die wir uns sehen nicht erhöhen, weil xyz.").
Heißt also, entweder man verhandelt so lange, bis beide Bedürfnisse gegeneinander abgewägt wurden und es zu einer Übereinkunft kommt;
Oder aber für eine Partei wird der Leidensdruck so hoch, dass sie Bruch erzeugt.
Das klingt jetzt alles sehr nüchtern und so überhaupt nicht emotional, wenn man es allerdings auf einer Metaebene betrachtet ist es genau das, was passiert. Ebenso habe ich versucht es so zu formulieren, dass es für beide Seiten gleichermaßen anwendbar ist.
Da das Leid / die Bereitschaft für Kompromisse des Individuums nun mal nicht mit dem Leid / der Bereitschaft für Kompromise anderer Individuen vergleichbar ist, passiert immer eine der zwei genannten Optionen. Mal früher, mal später.
Daher finde ich es auch immer schwer Leuten einen Rat mit auf den Weg zu geben, weil ich nicht weiß wie Leidensfähig sie sind, bis sie sich für den Bruch entscheiden, oder zu welchen Kompromissen sie bereit sind um die Verbindung aufrechtzuerhalten.