„Zitat von **********lerin:
„Ich würde bei einem solchen Altersunterschied nicht mal im Traum an eine Beziehung denken. Mit sechzig bereitet man sich innerlich bereits auf die Rente vor, wo es ruhiger wird. Mit vierzig ist man an einem Punkt, wo man die Weichen für die Zukunft so stellt, dass das Leben endlich anfängt, sich auch wie ein solches anzufühlen. Und vermutlich verwendet man mit 60 ganz ähnliche Worte und sie stimmen dann sogar, aber sie beschreiben trotzdem etwas anderes.
Nichts gegen die Rente oder das baldige Bevorstehen selbiger! Versteht mich nicht falsch, ich liebe meinen Vater. Sogar sehr. Aber wenn ich mit ihm und jemandem annähernd in seinem Alter an einem Tisch sitze, dann ist für mich innerlich irgendwie völlig klar, dass die beiden lebensabschnittmäßig in einer völlig anderen Phase stecken als ich. Da ist Sympathie möglich, Respekt, Gespräche, Nähe, Verstehen ... ganz viele gute Dinge.
Aber Sex?
Oder eine gemeinsame Zukunft als Beziehungspartner?
Nope. Fühlt sich falsch an.
Was mir aber bei deiner Überlegung fehlt, ist die spirituelle Dimension.
Ich z. B. glaube an eine Seele und daran, dass sich Seelen hier auf der Erde verabredet haben, um gemeinsame Erfahrungen zu sammeln.
Für mich hat die zwischenmenschliche Begegnung zwar mit dem Thema Lebensabschnitte zu tun, aber darauf würde ich nie einen Menschen reduzieren wollen.
Es gibt für mich einen tieferen Sinn dahinter, warum ich bestimmte Menschen zu einer bestimmten Zeit treffe.
Diese Dimension ist in dem, was ich schreibe, m. E. durchaus enthalten:
Da ist Sympathie möglich, Respekt, Gespräche, Nähe, Verstehen ... ganz viele gute Dinge.
Diese "vielen guten Dinge" ... Es gibt tatsächlich verdammt viele gute Dinge, die zwischen zwei Menschen möglich sind.
Ein Beispiel dafür:
Es gibt in meinem Leben einen Menschen, den sehe ich nur einmal im Jahr. Dann umarmen wir uns. Es ist eine lange, tiefe und wunderschöne Umarmung, die ganz viel heil macht. Worte brauchen wir dafür nicht, denn das, was gesagt werden muss, passiert in der Umarmung. Es geht wahnsinnig tief, auch wenn es weder Beziehung noch Sex ist. Aber danach gehen wir weiter und bleiben verbunden, schreiben uns zwischendurch mal liebe Grüße, aber viel zu sagen ist einfach nie. Außer eben dieser Umarmung. Aber ohne diese innige und wunderschöne Umarmung wäre mein Leben viel, viel leerer und kälter.
Ein gutes Band zwischen zwei Menschen kann unendlich viele Formen haben. Weisheit liegt darin, zu erkennen und zu akzeptieren, was es ist und was es eben auch nicht ist. Wenn ich versucht hätte, aus dem eben beschriebenen Band eine Beziehung oder Sex zu machen ... Das hätte eine Zeitlang geklappt, aber früher oder später hätte es Schmerz gebracht. Und dann wäre ich nicht schon jetzt ein wenig glücklich beim Gedanken daran, dass es im Frühling wieder so weit ist und ich mich erneut in diese Umarmung fallen lassen kann ...
Resonanz zwischen zwei Menschen entsteht nie ohne Grund. Wenn man sich auf einer tiefen Ebene verbunden fühlt, dann hat das nichts mit Lebensabschnitten zu tun. Mein jüngstes Exemplar für ein derartiges Band ist 22, mein ältestes ist 67.
Der Punkt ist nur: Ein solches Band kann einfach ganz viele "Farben" haben. Geistige Verbindung, kreativer Schaffensflow, Unterstützung beim Wachstum, Wiederaufflammen von Lebendigkeit, Nähe, Herzwärme, gemeinsame Projektentwicklung, Reisen, wilde Eskalationen auf der Tanzfläche, Seele-zu-Seele-Umarmung, Sonnenaufgang-in-den-Bergen-betrachten ...
Nichts davon ist Sex oder Partnerschaft. Alles davon ist gut, und es gibt garantiert noch viel mehr, was möglich ist.
Ich habe schon häufiger beobachtet, dass Menschen in einem Fall von einem solchen "magischen" oder "spirituellen" Band (Resonanz auf irgendeiner Ebene, wo sie gut tut und wo man vorher gehungert hat, ohne es zu wissen) zu schnell glauben, dass die Natur des Bandes dann sexuell oder partnerschaftlich sein muss. Das führt schnell zu Verwirrung und zu Schmerz.
Reife liegt dann m. E. auch darin, zu sagen: Ich weiß nicht genau, was es ist, was mich zu dir zieht, aber ich glaube, es ist etwas, was weder mit Sex noch mit Partnerschaft zu tun hat. Es ist etwas anderes, was ich auch sehr schön finde. Aber mir ist wichtig, an dieser Stelle ehrlich zu sein und keine Hoffnungen an Stellen zu wecken, wo ich sie nicht erfüllen kann. Stattdessen bin ich bereit, herauszufinden, an welchen Stellen die Resonanz zwischen uns sich stimmig anfühlt und was für eine Art von Band daraus werden kann. Wie siehst du das, wie geht es dir damit?