Als ich siebzehn war, verließ mich mein erster Freund, weil er sich in eine andere Frau verliebt hatte und feststellte, dass er mich nicht mehr liebte. Das teilte er mir dann auch sehr liebevoll, aber klar und ehrlich mit, sobald er es selbst begriffen hatte. Es tat zwar wahnsinnig weh, war aber fair und wir sind heute noch Freunde.
Bei der zweiten Trennung frage ich mich rückblickend, warum es passierte. Er war und ist ein toller Mann. Aber auch da begriff ich irgendwann: Ich liebe ihn nicht mehr. Und dann tat ich dasselbe, was mein erster Freund seinerzeit getan hatte, ich teilte ihm das so liebevoll und klar mit, wie ich konnte, und litt sehr darunter, dass ich wusste, dass es ihm jetzt schlecht geht.
Meine Ehe ging auseinander, weil ... Da waren es verschiedene Gründe. Wir haben sexuell nicht zusammengepasst, aber ich denke, das hätte man tatsächlich in den Griff bekommen können, das hatten wir auch über viele Jahre, mit genug Achtsamkeit und Ähnlichem. Ich bin poly und er nicht, und auch damit haben wir uns mehr als einmal wehgetan, ohne es zu wollen, in beiden Richtungen. Aber auch da hatten wir immer wieder nach Austausch und Kompromissen und Lösungen gesucht.
Der wichtigste und schlimmste Grund für die Trennung war tatsächlich, dass ich drei Fehlgeburten hatte. Die dritte war sehr schlimm, und er war gerade im Ausland. Wir waren beide sprachlos vor Trauer, und auch, wenn wir am Anfang noch versuchten, uns da gegenseitig Halt zu geben ... Ich habe einfach sehr oft geweint und mich nach Trost gesehnt (und das wurde nicht besser dadurch, dass meine beste Freundin in dieser Zeit einen heimtückischen Krebs bekam und binnen weniger Monate starb). Er dagegen ging mit der Trauer um, indem er sich zurückzog. Irgendwann meinte er, er sei bereit für einen neuen Versuch und ein neues Baby, während ich total fassungslos war, weil ich immer noch darauf wartete, dass er mich endlich so fest und sicher in den Arm nahm, dass ich mir für viele Stunden alle Tränen um mein Baby aus mir herausweinen könnte, die ich im Alltag immer wieder unterdrückte. Dieser Wunsch ließ bei ihm jedoch die fröhliche, zukunftsgewandte Stimmung zerplatzen: Keine Tränen mehr, irgendwann muss es doch auch mal gut sein, er erträgt es nicht länger!
Wir haben dann versucht, mittels einer Paarberatung wieder zusammenzufinden, aber irgendwie haben wir keinen Weg mehr durch dieses Schweigen gefunden, was sich zwischen uns immer stärker aufgebaut hatte.
Es war eine sehr liebevolle Trennung, bei der wir uns zum "Schlussmachen" verabredet haben. Es war unser letzter gemeinsamer Tag, und er hatte alles, was ein wunderschöner Pärchentag hätte haben müssen, auch wenn er sich zutiefst traurig angefühlt hat. Wir sind ein letztes Mal gemeinsam frühstücken gegangen, waren endlich im Zoo, was wir schon so lange geplant haben, haben uns noch einmal das geliebte Sushi-Buffet gegönnt und schließlich an einem stillen Ort noch einmal alles zueinander gesagt, was gesagt werden musste. Unerledigtes, Trauer, aber auch Dankbarkeit und gute Wünsche für die Zukunft.
Und dann hat jeder von uns den Ehering abgenommen und wir sind trotzdem gemeinsam nach Hause gefahren, um von da an in getrennten Zimmern zu schlafen, bis er zu seiner neuen Freundin gezogen ist.