Ich hatte am Wochenende wunderbaren Sex, bzw. eine wunderbare Sexualität ohne einen eigenen Orgasmus gehabt zu haben.
Mir als Mann passiert es selten, aber es kommt vor, dass ich ewig ficken kann, auch Spaß daran habe, aber ich komme nicht.
Nein, das ist nicht unbedingt etwas schönes, gerade wenn die Partnerin potentiell fürchtet, dass es an ihr liegen könnte, bzw. man selbst denkt, dass man gerade nicht "funktioniert".
Zum Glück legt meine Partnerin darauf keinen Wert und nahm es absolut nicht persönlich. Im Gegenteil. Sie teilte mir im Nachhinein mit, dass ihr weniger Penetration besser gefallen hätte. Ich dachte nur "das gibts doch jetzt nicht, wie lange willst du das noch machen?", weil ich typischerweise damit aufgewachsen bin, dass Mann gefälligst "funktioniert".
Das ist unsäglich dumm, gerade da ich es eigentlich besser weiß.
Später hatten wir eine wunderbare Mischung aus SM und Sex mit Spielzeug, bei dem mein Schwanz gar nicht involviert war.
Zwei Tage später hatten wir eine Situation, bei der ich mich ebenso dämlich - ich sage dämlich im Kontext zu meiner Person, es muss sich also niemand angegriffen fühlen
- in Irrungen verlor, die ich gedachte überwunden zu haben:
Wir kamen sehr spät noch in Vorspiel. Das war alles nicht geplant, weil wir eigentlich recht früh wieder aufstehen mussten. Es steigerte sich bis ich Gummis holte.
Dann gab es zwei unglückliche Umstände (Matratze Mist, Kondom Mist - was kein Ausspruch gegen Gummis ist) die dazu führten, dass mein Schwanz nicht mehr stand.
Normalerweise wurmt mich das nicht. Es passiert. Es passierte mir im müden Geist nur zu einem unglücklichen Zeitpunkt, gerade mit dem Erlebnis zwei Tage vorher im Kopf.
Meine Freundin masturbierte schlussendlich in Absprache mit mir (Hinweis: Ich sehe ihr total gerne dabei zu und unterstütze sie dabei, es ist für sie nur so deutlich leichter zu kommen, entsprechend ist der Gedanke jemanden "zum kommen zu bringen" hier eine ganz eigene Diskussion, denn auch das hat Abhängigkeiten). Das war total okay! Bei mir löste die Gesamtsituation jedoch typisch toxische Gedanken aus, die da waren:
"Jetzt konntest du zweimal nicht kommen. Was stimmt nicht mit dir? Du wirst deine Freundin doch wohl gescheit ficken können?! Und wenn nicht, was dann?"
Die Gedanken sind schon deshalb irrational, weil zu Sex weit mehr gehört als die Penetration und all das läuft zwischen uns wunderbar. Ebenso funktioniert der Sex ansonsten an anderen Tagen wunderbar.
Mir zeigte dies, dass es leicht ist in das typisch toxisch maskuline Denken vom "Typ, der immer richtig ficken können und seine Freundin aktiv durch Penetration kommen lassen muss, sonst stimmt was nicht" kommen kann, gerade wenn man in einem Polykonstrukt lebt.
Für mich war das neu, weil mich das normalerweise nicht juckt, wenn es mal nicht fluppt. Das ließ mich darüber nachdenken, warum ich in diese temporäre Gedankenspirale geriet, über die ich auch mit ihr redete. Zum einen war es einfach die Häufung von "müde, weil spät", dem Umstand, dass in den letzten Tagen echt viel los war und, dass es am Freitag schon mit meinem Orgasmus nicht klappte.
Wie wichtig ist mir also der Orgasmus?
Mir ist erfüllender Sex wichtig.
Dazu kann ein Orgasmus gehören, muss es aber nicht. Am Freitag war ich super befriedigt, kam nur nicht. Was wir gemeinsam erlebten hat einfach Spaß gemacht und mich auf emotionaler Ebene mehr als erfüllt. Der Orgasmus wäre nur die physische Spitze des Eisberges gewesen, aber um reine körperliche Befriedigung geht es mir nicht.
Dazu kann Penetration gehören, muss es aber nicht. Meine Freundin war auch ohne meinen Schwanz in sich befriedigt, weil wir uns anders zu behelfen wissen. Dennoch möchte ich natürlich in ihr sein, aber eine Existenz- oder Sinnkrise ergibt sich nicht allein auf Basis eines Abends, bei dem das nicht klappte.
Ich würde mir Gedanken machen, wenn sie beim Sex mit mir nie einen Orgasmus hätte oder wenn ich im Sex mit ihr nie einen Orgasmus hätte. Dann müssten wir mal schauen woher das kommt.
Solange wir beide nicht nur körperlich, sondern geistig befriedigt und innig verbunden unseren Spaß haben, uns nah sind und diese Innigkeit zu teilen vermögen, ist das erreicht, was einen Orgasmus beinhalten kann, aber eben nicht muss.
Das zu klären, etwa dadurch, dass wir uns dem noch einmal verbal versichern, half mich wieder zu erden und die dämlichen Gedanken zu vertreiben, die ich jahrelang nicht hatte, weil ich vermutlich jahrelang keine so innige Partnerschaft mehr hatte.