Meine Antwort bezieht sich nur auf die Eingangsfrage, da es für mich etwas anderes ist ob sich im Kennenlernprozess die Kommunikation schlicht ausschleicht oder ob sich ein Mensch im Zuge einer gefestigten Beziehung immer weiter zurückzieht.
Beziehungsweise stelle ich schon beim Schreiben des ersten Satzes fest, dass es darauf ankommt wie weit der Kennenlernprozess gediegen ist und inwiefern eine Person die andere "an der ausgestreckten Hand verhungern lässt".
Wenn eine Person im Kennenlernprozess bereits so agiert, dann führt dies bei mir, basierend auf Vorerfahrungen, dazu, dass ich sehr schnell die Reissleine ziehe. Bevor ich das tue teile ich meiner Gegenüber jedoch mit was für mich gerade nicht passt, da ich die Erfahrung machte, dass es nicht immer ein gewolltes Verhalten sein muss.
Was meine ich damit?
Es gibt Menschen, die ihren persönlichen Stress in der Kennenlernphase ausklammern und vom potentiellen neuen Kontakt verbergen, weil sie Probleme damit haben diesen Aspekt ihres Selbst zu exponieren. Das kann Bindungsangst sein, das können unglückliche sonstige Lebensumstände sein oder etwas familiäres. Vor Jahren habe ich eine Person gedatet, die bereits Kinder hatte und mit ihrem Leben ziemlich haderte. Sie hat ihre Kinder total geliebt, aber bemerkte, dass sie zeitlich und räumlich schlicht massiv eingeschränkt war. Mich störte das nicht. Ihr dies zu sagen half jedoch nicht. Sie hat sich permanent gefühlt als würde sie nicht nur mich einschränken, sondern als wäre sie in einer Zwickmühle zwischen einem Frust über ihre Gebundenheit und gleichzeitig der Liebe zu ihren Kindern. Sie wollte sich jedoch nicht gefrustet fühlen, weshalb sie sich nicht gänzlich auf unsere zwischenmenschliche Beziehung (eine romantische war dies noch bei weitem nicht) einlassen konnte. Am Ende suchte sie Distanz, damit sie diesen Frust nicht verspürte. Sie verzichtete lieber als sich damit zu konfrontieren. Alle Versuche meinerseits ihr zu kommunizieren und anders zu zeigen, dass mich ihr Lebensumstände gar nicht stören scheiterten, weil nicht meine Empfindung das Problem war, sondern ihre.
Ich sagte ihr irgendwann, dass es für mich total okay ist wenn man mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufeinander zugeht und, dass es ebenfalls okay ist, wenn eine Person dabei auch einmal stehen bleibt. Wichtig ist mir das Wissen, dass beide trotz allem Struggle ein anhaltendes Interesse daran haben sich kennenzulernen und zu begegnen. Wenn das nicht mehr gegeben sei, dann wäre ich weg. Und genau das passierte. Sie vermied immer mehr. Ich kam mir immer öfter stehengelassen vor. Das habe ich mir, bei allem Verständnis für ihre Lebensumstände, gute zwei, drei Wochen gegeben ehe ich für mich die Reissleine zog und ging. Verständnis ist das eine, persönliche Grenzen sind das andere.
Wenn im ersten Chatkontakt, oder nach dem ersten Date, der Kontakt abflaut und ich nur spärliche Antworten bekomme, dann geht das noch viel schneller mit der Reissleine.
Das sich zwischenmenschliche Beziehungen ausschlichen erlebte ich zwei mal fast zeitglich und beide Male waren unfassbar grausam, weil es mir sehr nahe stehende Personen betraf. Gleichzeitig habe ich daraus wiederum Lehren über meine Grenzen und das Ende des Erträglichen gezogen. Beide Menschen waren irgendwie noch da, aber auch nicht. Wie Geister in der Ferne. Es wurden Themen ausgeklammert, über bestimmte Dinge wurde nicht mehr geredet und auch der einfache Kontakt wurde zunächst flacher, ging nicht mehr in die Tiefe, man hatte keine "Deep Talks" mehr, teilte bestimmte Dinge nicht mehr miteinander, bis ich gar nicht mehr wusste wo ich bei diesen Menschen stehe. Ich hatte das Gefühl, dass man mir eine leere Hülle hinterließ, gleich einem "Pappaufsteller" der Person. Es war keine irgendwie geartete persönliche Bindung mehr in unserer Beziehung spürbar. Gleichzeitig hatten wir weiterhin Kontakt und haben uns auch gesehen. Aber auch da war nichts mehr. Es war alles merkwürdig, verzerrt, fühlte sich bizarr an, so als hätte man die geistige Verbindung zu mir gekappt ohne körperlich gehen zu wollen. Am Ende habe ich die Verbindungen dann aus unterschiedlichen Gründen gekappt.
Heute bin ich, was solche "ich gehe, aber nicht wirklich"-Szenarien angeht, sehr achtsam, kommuniziere mein darüber und setze meine Grenzen sehr klar. Kann man so etwas nicht klären bin ich weg.