„„Fremdgehen geht mit Lügen, Heimlichkeiten, Betrug, Verletzungen, etc. einher. Der Partner wird bewusst angelogen, hintergangen, verletzt, um seine Selbstbestimmung gebracht. Das ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten und wer da meint, einen Menschen als Partner behalten zu wollen, der einem mit Respektlosigkeit begegnet, soll das gerne machen.
Das so zu sehen ist völlig verständlich. Es kommt ja auch einiges zusammen, was die Wut auf den Partner speist: zerstörtes Vertrauen, gekränktes Ego, das Gefühl nicht zu genügen, ...
Die daraus resultierende Schuldzuweisung, hier weiß, da schwarz, ist sehr einfach. Aber wenn man ehrlich zu sich selbst ist, dann sollte man sich doch fragen, warum das passiert ist, und was man selbst dazu beigetragen hat, dass die Beziehung so in Schieflage kam. Wenn man dazu fähig ist (und der Partner auch!), dann muss das nicht das Ende der Beziehung sein.
In einer Beziehung muss überhaupt keine Schieflage bestehen, damit eine Person fremdgeht.
Die Argumentation, dass der betrogene Partner die eigentlich verantwortliche Person für das Fremdgehen ist erinnert an eine dezent Schuldumgeht (Schuld bedeutet in dem Falle für mich "Verantwortung für die eigene destruktive Handlungsweise"), ober besser eine Verkehrung der Handlungsverantwortlichkeit.
Gerade in Bezug zu Männern, die betrogen wurden, hört man dann gerne die typisch toxisch maskuline Sichtweise:
"Wenn ein Kerl betrogen wurde, dann ist er selbst Schuld. Er hat es wohl nicht gebracht. Soll er mal überlegen, warum seine Freundin sich einen anderen suchte."
Gru-se-lig!
Und wenn Mann fremdgeht, dann hat Frau wohl Defizite. Es wird ja wohl einen Grund gehabt haben warum ihr Mann / Freund / whatever ihr fremd ging. Da soll sie mal an sich arbeiten.
Ebenfalls: Gru-se-lig.
Verantwortung für das letztendliche Fremdgehen hat, im Sinne der Eigenverantwortung eines jeden Menschen, immer die fremdgehende Person selbst. Die Umstände, die dazu geführt haben, mögen sogar nachvollziehbar sein, aber letztendlich gehandelt hat genau eine Person.
Ich trenne an dieser Stelle Verständnis für eine Handlung von der Abschreibung der Verantwortung für diese, bzw. einem Entschulden einer destruktiven Handlung.
Selbst wenn eine Beziehung total kacke ist geht die fremdgehende Person noch immer fremd.
Beispiel:
Person A und Person B haben absoluten Probleme mit ihrem gemeinsamen Sexleben haben, weshalb Person A total frustriert, weil Sex für sie wichtig ist. Die beiden können darüber nicht reden. Person B blockiert das komplett. Nun wird Person A immer frustrierter, weil das Sexleben eben nicht nur nicht besser wird, sondern die Aussicht auf Besserung ebenfalls nicht besteht.
Am Ende geht Person A fremd.
Die Handlung ist für mich völlig verständlich und nachvollziehbar. Das macht einen Vertrauensbruch aber nicht besser. Es macht die Handlung hinter dem Rücken des Partners nicht besser.
Wenn diese Person B so stur ist, dass sie den Konflikt mit Person A nicht nur nicht lösen möchte, sondern ihr auch keine Freiheiten geben möchte, dann sollte Person A ernsthaft über die Beziehung nachdenken. Das jedoch nicht, weil es Probleme im Sexleben gibt, sondern generell in der Kommunikation und dem gegenseitigen zugestehen von Kernbedürfnissen.
Anderes Beispiel:
Person A stellt fest, dass sie auf BDSM steht. Person B tut das nicht. Person B kann da nun nicht mitgehen und möchte das auch nicht. Person A möchte sich in dem Bereich aber ausprobieren. Sie weiß aber nicht, ob es für Person B okay wäre, wenn sie das mit jemand anderem tut. Sie spricht es erst gar nicht an, sondern geht fremd und sucht sich eine:n Dom hinter dem Rücken von Person B, mit dem oder der sie das heimlich auslebt.
Bei dem Beispiel hätte vielleicht schon Kommunikation geholfen. Vielleicht hätte Person B dem zugestimmt. Wenn sie das nicht getan hätte, dann hätte das erste Beispiel gezogen: Das hätte zu dauerhaften Zerwürfnissen in der Beziehung geführt, weil Kernbedürfnisse indiskutabel würden.
Letztes Beispiel:
Person A und Person B streiten sich. Die beiden haben eine harte Zeit. In der Zeit geht Person A fremd, weil sie nicht auf Sex verzichten möchte, während der Streit, anderen Lösung beide noch glauben, anhält.
Da kann nun Person B nichts für. Ihr daraus einen Strick alá "ja, wenn deine Beziehung besser laufen würde, dann wäre deine Partnerperson ja nicht fremdgegangen" zu drehen kehrt die Handlungsverantwortung um.
Will meinen:
Jeder Mensch ist verantwortlich für die eigenen Grenzen, die eigene Kommunikation, welche die Kommunikation über die eigenen Bedürfnisse und Grenzen immanent inkludiert, sowie für die eigenen Handlungen.
Wenn man sich am Ende für das Fremdgehen entscheidet, dann findet das, sofern man dabei nicht berauscht war (Alkohol oder Alternativen), im Bereich der Eigenverantwortung statt. Zu dieser Eigenverantwortung gehört auch die Verantwortung für alle Konsequenzen, die mit dem Vertrauensbruch einhergehen.