„Ich will und brauche (sexuelle) Ausgeglichenheit. … Manchmal scheint das fast schon ein seltener, schmaler Grat, …
Das klingt tatsächlich wie ein sehr schmaler Grad. Um zu verstehen, was Du genau empfindest, müsstest Du vielleicht etwas genauer werden.
Du schreibst von sexueller Ausgeglichenheit und setzt das "sexuell" in Klammern. Es scheint, als ob es in erster Linie (aber nicht nur) um den Ausgleich beim Sex geht und nicht so zwingend um die Beziehung selbst.
Ist denn mit "Ausgeglichenheit" gemeint, dass der Akt selbst ausgeglichen sein sollte oder sollte der Sex abwechselnd heute so und morgen so sein? Sprich: wenn Du heute eher unterwerfend warst, willst Du morgen eher dominant sein? Oder meinst Du gemeinsamen Sex ganz ohne Machtgefälle?
Und kannst Du ein Beispiel nennen, wie der ideale Sex dann aussehen müsste?
Ich glaube, dass das ein sehr schwieriger Anspruch ist. Kann es sein, dass Sex ohne Dominanz/Unterwerfung überhaupt möglich ist?
Schon anatomisch gesehen, gibt es beim Heterosex einen "gebenden" und "penetrierenden" Part, sowie einen "nehmenden" und "empfangenden" Part. Auch beim Homosex wird oft zwischen "Top" und "Bottom" unterschieden.
"Aktiv" und "passiv" sind meist zwei Seiten der gleichen Medaille. Die Ausgestaltung des sexuellen Aktes macht daraus erst ein "dominant" oder "submissiv".
Als Beispiel: wenn ich als Mann oral befriedigt werde, kann das vom gebenden Partner als aktive, gebende, dominante Variante durchgeführt werden, bei der ich ausschließlich empfange oder es kann von mir so gestaltet werden, dass der Partner der passive, empfangende und submissive Teil ist.
Der von Dir gewünschte Ausgleich findet nicht gleichzeitig, sondern nacheinander statt: der Mann balzt (bittet um Sex), die Frau selektiert (und gewährt oder lehnt ab). Anschließend öffnet sich die Frau für den Mann und nimmt die passive Rolle ein (ganz platt gesagt und sehr vereinfacht).
Der gleichberechtigten Sex ohne Machtgefälle ist ein Ideal, eine Utopie. Etwas, das zu erreichen lohnend erscheint, aber vielleicht nie erreicht werden kann. Der Weg dahin ist es wert gegangen zu werden, aber es kann sein, dass das Ziel immer einen Horizont weit weg ist.