Bevor der Thread zuende ist möchte ich einen Punkt zu meinen jüngsten und längeren Postings zwingend ergänzen, da ich selbst bemerkte, dass eine Sache missverstanden werden kann:
Nur weil man seine eigenen Trigger, basierend auf negativen Erfahrungen, bearbeitet bedeutet das nicht, dass jedes Gefühl von persönlichen Grenzen darauf beruht.
Damit meine ich, dass man dennoch persönliche Grenzen haben und von Ängsten und Triggern losgelöst artikulieren können sollte.
Das bedingt, dass man für sich trennen kann ob man nun gerade ein ungutes Gefühl hat, weil sich die Verlustangst, bzw. ein Trigger, meldet oder ob man gerade wirklich an den Bereich einer nüchternen persönlichen Grenze gerät.
Mir selbst fällt das manchmal schwer, weshalb ich immer wieder reflektiere woher ein Gefühl nun gerade kommt. Aber auch das hat eine Geschichte:
Ich war einmal in einer offenen Beziehung, die D/s-Elemente enthielt, mit jemandem zusammen. Es ergab sich, dass eine Person aus einem gemeinsamen Hobbybereich einen Kink von ihr hätte bedienen können. Die beiden haben sich aber eigentlich im zwischenmenschlichen Bereich dauernd überworfen, waren dauernd in Meinungsverschiedenheiten, in denen ich mitunter schlichtend eingreifen musste. Es ging meistens um Sachthemen, bezogen auf das gemeinsame Hobby, mitunter driftete das aber auch in der menschliche, also ad hominem, ab, auch wenn sich nie wirklich beleidigt wurde. Die beiden haben sich auch nicht nur gestritten, aber man bemerkte leicht, dass sie nicht "dieselbe Sprache" sprachen. Nun sprach man über Kinks und Neigungen, weil dieser Mensch ebenfalls BDSMler war. Weil er einen Kink bedienen konnte der für mich damals eher nicht so realisierbar war, war er auf einmal in dem Kontext interessant.
Ich habe damals kein Veto ausgesprochen, weil ich von Vetos soviel halte wie von "Dont ask, dont tell"-Konstrukturen. Jedoch habe ich meinen klaren Missmut ausgedrückt. Es war für mich absehbar, dass das knallen würde. Die beiden hatten keine menschliche Wellenlänge, was immer wieder zu Konflikten führte, zudem teilte man ein nonsexuelles Hobby, in dem sich die ganze Dynamik verändert hätte und das umso mehr, wenn es (erneut) zu Meinungsverschiedenheiten, dann im Worst-Case mit BDSM-Dynamiken, gekommen wäre.
Das alles stieß an eine meiner Grenzen:
Es war kompliziert, ich hätte am Ende Dinge klären müssen, denn in dem gemeinsamen Hobby war ich organisierend tätig, und es hätte Einfluss auf die zwischenmenschlichen Dynamiken gehabt, die auch Dritte hätten spüren können.
Am Ende wurde mir vorgeworfen, dass ich lediglich Eifersüchtig sei, Verlustangst hätte und ihr Dinge verbieten würde. Generell wurde meine Fähigkeit in Frage gestellt offene Beziehungen führen zu können.
Tatsächlich war ich damals so dumm mich in dem Moment tatsächlich selbst in Frage zu stellen, weil ich überlegte ob meine Abneigung gegen Aussicht auf das was hätte passieren können nicht wirklich nur verlustangstbasiert sei. War es nicht. Es war meine Grenze, basierend auf ganz nüchternen Überlegungen, orientiert an meiner Natur und meinem Wesen.
Das zu trennen ist aber manchmal, gerade wenn zwischenmenschliche Konflikte und unterschiedliche Bedürfnisse in emotionalen Situationen dazu kommen, möglicherweise nicht ganz einfach.
Meine Grenzen versuche ich nüchtern und fern einer akuten Situation zu kommunizeren. Das klappt natürlich absolut nicht immer, denn an manche Grenzen stößt man erst, wenn es eine konkrete Situation gibt.
Beispielsweise sprach ich mit einem Freund vor zwei Tagen über Beziehungsabsprachen und Kommunikation. Seine Partnerin traf sich zu einem Wellnesswochenende. Mich interessierte wie die beiden es handhaben, wenn so ein "Date" mit einer dritten Person sich anbahnt und dann abläuft.
Für mich gilt dabei stets, dass ich im Vorfeld informiert werden möchte. Dazu gehört auch die Dynamik mit der dritten Person. Darin waren wir uns beide einig. Es hat nichts mit Verlustangst zutun, dass dieser Wunsch da ist, auch wenn es vielleicht am Rande an alten Triggern schrammen mag, sondern mit einem partnerschaftlichen Einbeziehen. Beide möchten nicht erst über Joyclub-Eventanmeldungen von Dates der anderen Person erfahren oder über Postings, dass dort eventuell noch weitere Personen im Wirkungskreis anwesend sind. Und bei Dates ist klar, dass, wenn von "Wellnessdate" gesprochen wird auch genau das gemeint ist und niemand einen Tag später sagt, dass man doch die ganze Nacht Sex hatte. Das wäre okay, wenn man von vornherein genau das als Möglichkeit oder gar als Wunsch im Sinne von "könnte ich mir vorstellen, hätte ich mit der Person Lust drauf, auch wenn es gerade noch nicht ausgemacht ist", besteht. Wenn aber wirklich von "Wellness-" oder "Kino-" oder "Musical"-Date die Rede ist, besonders wenn alles andere bisher ausgeschlossen wurde, dann möchte man keinen Tag später hören, dass man dann doch viel weiter ging. Ich möchte nicht mit vollendeten Tatsachen umgehen müssen, außer es lässt sich in besonderen Situationen gar nicht vermeiden, bzw. auch keine Pistolen auf die Brust gesetzt bekommen.
Das hat dann nichts mit "Triggern" oder "Verlustangst" zutun, sondern damit den Partner wissen zu lassen wo man gerade in den ganzen Dynamiken steht.
Für mich vergleiche ich das sehr abstrakt und vereinfacht mit der Partnerin, die mir auf einmal sagt, dass sie gestern Abend mit jemandem, den ich gar nicht kenne, im Kino war. Oder dem besten Freund, der eigentlich gemeinsame Hobbys auf einmal mit anderen unternimmt, was man dann nur passiv über social media Posts im Nachhinien mitbekommt. Das wäre einfach enttäuschend, außer es wäre in der zwischenmenschlichen Beziehung so "normal", was bei einigen Menschen ja durchaus so ist. Bei mir nicht.
Hier kommt es dann auf die Absprachen an.
Um Absprachen konstruktiv führen zu können muss man natürlich zuerst seine eigenen Grenzen, aber auch Trigger und dergleichen kennen und trennen können, sowie die eigenen Bedürfnisse eruiert haben, sonst kann man all dies nicht kommunizieren.